Protestant Steinmeier möchte als Bundespräsident Mutmacher sein

Glaube als Kompass

"Mein Glaube gibt mir Zuversicht für mein Handeln", so formulierte es Außenminister Frank-Walter Steinmeier einmal. An diesem Sonntag ist der Protestant der aussichtsreichste Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten.

Autor/in:
Birgit Wilke
Frank-Walter Steinmeier / © Kay Nietfeld (dpa)
Frank-Walter Steinmeier / © Kay Nietfeld ( dpa )

Für ein Präsidentenamt war Frank-Walter Steinmeier (SPD) eigentlich schon vorgesehen. Nicht an der Spitze der Bundesrepublik, sondern für den Evangelischen Kirchentag 2019 in Dortmund. Dass der heutige Außenminister es im Falle seiner Wahl in das höchste politische Amt im Staat antritt, ist unwahrscheinlich. Aber kommen wird er zu dem kirchlichen Großereignis gewiss. Denn die Religion liegt ihm am Herzen. Wie der amtierende Bundespräsident Joachim Gauck gehört auch Steinmeier der evangelischen Kirche an.

Der 61-Jährige ist im Glauben verwurzelt. Er gebe ihn auch im Außenministerium nicht an der Garderobe ab, sagte er vor einigen Monaten bei einer Preisverleihung. Und er betonte, der Glaube sei ihm Kompass. Auch bei politischen Entscheidungen orientiere er sich daran.

Mann aus einfachen Verhältnissen

Als Protestant sieht Steinmeier sich in der Tradition seiner Eltern: Sein Vater stammt aus dem evangelisch-reformiert geprägten Lippe in Ostwestfalen, seine Mutter aus dem evangelischen Teil Schlesiens. Wie sein Freund und Parteifreund, der frühere Bundeskanzler Gerhard Schröder, kommt er aus einfachen Verhältnissen, aus einem Elternhaus "ohne Klavier und Bibliothek".

Wie Schröder arbeitete er sich hoch, machte sein Abitur, studierte Jura und promovierte. Mit Blick auf die von ihm mitentworfene Agenda 2010 und die Hartz-IV-Gesetze mag das Thema seiner Doktorarbeit Kritiker dieser Sozialreformen verwundern: Er schrieb über Obdachlosigkeit und das Recht auf Wohnraum.

Steinmeier ist Familienmensch 

Dem Engagement für Wohnungslose ist Steinmeier treu geblieben: Im vergangenen Juli besuchte er die Bahnhofsmission am Berliner Bahnhof Zoo. Ohne Krawatte und mit hochgekrempelten Ärmeln hörte er dort den Ehrenamtlichen zu, die ihn wegen seiner zupackenden Art sehr schätzen. So hat Steinmeier hier auch schon bei einer Essensausgabe geholfen.

Seine Frau Elke Büdenbender, die als Verwaltungsrichterin in Berlin arbeitet und der er vor einigen Jahren eine Niere spendete, sowie seine Tochter helfen ihm, dass er die Bodenhaftung nicht verliert: Nach einer Auslandsreise baute ihr Mann zu Hause nachts für seine inzwischen erwachsene Tochter Merit auch schon mal Ikea-Regale auf, verriet Büdenbender in einem Interview.

Seine Frau ist Katholikin

Steinmeiers Frau ist es zudem zu verdanken, dass er keine Berührungsängste mit der katholischen Kirche hat: Sie ist katholisch. Nach der Geburt der Tochter gab es lange Diskussionen, wie sie nun getauft werden solle. «Es war ein ernsthafter Entscheidungsprozess», sagte Büdenbender in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA).

Sie stritten damals über das typisch Evangelische und das typisch Katholische, so erzählte sie weiter. Den Ausschlag gab schließlich ein evangelischer Pastor, der sich nach dem Umzug nach Berlin um das Paar kümmerte. Zugleich betonen Steinmeier und seine Frau, dass sie ihre Ehe als konfessionsverbindend und nicht als konfessionsverschieden betrachten.

Ökumenischer Preis der Katholischen Akademie Bayern ging an Steinmeier

Dazu passt ein Preis, mit dem Steinmeier erst vor wenigen Wochen geehrt wurde: Als erster Politiker erhielt er den Ökumenischen Preis der Katholischen Akademie Bayern. In seiner Dankesrede hob er die Rolle der Kirchen hervor. Sie seien Vorreiter der Einheit Europas; ihre friedliche Vielfalt könne beispielhaft sein.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg, würdigte bei der Preisverleihung Steinmeiers Verdienste für den interreligiösen Dialog: Der Außenminister arbeite mit Beharrlichkeit daran, feste Verknotungen aufzulösen. Er widerspreche damit «der allzu einfachen These, Islam und Demokratie seien unvereinbar». Ein Zeichen dafür setzte Steinmeier in seinem Ministerium: Er machte eine Muslima zu seiner stellvertretenden Pressesprecherin.

Selbst seine Gegner erkennen ihn an

Auch seine politischen Gegner loben seine Besonnenheit. Für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist Steinmeier ein Mann, "dem die Bürger vertrauen". Er selbst gab sich am Tag seiner Nominierung im vergangenen November als Kandidat für das höchste Staatsamt bescheiden: Seine Freude über die Nominierung sei groß, "der Respekt vor dem Amt aber größer". Wenn er zum Bundespräsidenten gewählt wird, will er "ein Mutmacher und kein Vereinfacher sein".


Quelle:
KNA