Der nächste Bundespräsident heißt Frank-Walter Steinmeier. Der ehemalige Außenminister und SPD-Abgeordnete erhielt am Sonntag von der Bundesversammlung im Reichstag 931 der 1.239 gültigen Stimmen. Kirchenvertreter gratulierten dem überzeugten Christen zur Wahl. Die Amtszeit des noch amtierenden Bundespräsidenten Joachim Gauck endet nach fünf Jahren am 18. März. Steinmeier tritt sein Amt am 19. März an.
In seinen ersten Worten nach der Wahl warb Steinmeier um Vertrauen. Mit gleichem Respekt vor dem Vielklang der Stimmen werde er auch daran arbeiten, das Vertrauen der Misstrauischen zu gewinnen. Zugleich rief Steinmeier zu mehr Mut auf. Mut, "das zu bewahren, das wir haben: Freiheit und Demokratie in einem vereinten Europa". Es seien unruhige Zeiten in einer Welt voller Risiken. "Aber wer, wenn nicht wir, kann da eigentlich guten Mutes sein."
Marx: Überzeugter Europäer
Der Jurist Steinmeier hatte 2009 gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für das Kanzleramt kandidiert. Er war Vorsitzender der SPD und Kanzleramtschef unter Gerhard Schröder (SPD). Zuletzt hatte er das Amt des Außenministers inne. Steinmeier ist aktiv in der evangelischen Kirche und Mitglied im Präsidium des Deutschen Evangelischen Kirchentags.
Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, würdigte den bisherigen öffentlichen Einsatz Steinmeiers als Christ. Als überzeugter Europäer trete dieser "für die Überwindung von Grenzen und Mauern ebenso ein wie für die freiheitliche Ordnung, die Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenlebens ist". Freiheit und Verantwortung seien für Steinmeier "keine bloßen Worte", so Marx.
Sternberg: Ausdauer bei Lösung von Konflikten
Auch der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, der selbst mitgewählt hatte, lobte Steinmeiers Haltung. Der "überzeugte und überzeugende Christ" habe als Politiker Beharrlichkeit und Ausdauer für die friedliche und rationale Lösung von Konflikten bewiesen. "Ich denke, dass der neue Präsident das Christliche in Europa wirklich wahrnimmt und ernst nimmt", sagte Sternberg domradio.de. "Er ist jemand, der aus seinem Glauben weder ein Aufsehen macht, noch einen Hehl. Er versteckt es nicht, aber er hängt es auch nicht an die große Glocke." Er habe als jemand sich bewährt, der Dialoge führe, auch wenn scheinbar keine Gesprächsmöglichkeiten mehr bestünden.
Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge bekundete große Dankbarkeit dafür, dass Steinmeier sich in der Vergangenheit in der Kirche engagiert habe, etwa für den Brandenburger Dom. "In alledem wird deutlich, dass Ihnen neben Ihrem politischen Amt auch das Leben als Christenmensch vor Ort wichtig ist", schreibt er an den künftigen Bundespräsidenten. Er hoffe, dass Steinmeier den "Geist des Dialog und der Versöhnung" auch in diesem Amt einbringen werde. Manfred Rekowski, Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, sagte domradio.de: "Er ist ein Mensch, der zuhören kann, ein Mensch, der einen differenzierten Blick auf die Situation hat, der diplomatisches Geschick hat und der gerade im außenpolitischen Bereich, wo vieles im Umbruch ist, über viel Erfahrung verfügt. Uns freut natürlich sehr, dass er auch gute Beziehungen zur Kirche hat."
Mazyek: Brauchen Präsidenten, der versöhnt
Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, nannte Steinmeier "einen Mann des Dialogs, der seinen Gesprächspartnern mit Empathie und Offenheit gegenübertrete". Er habe zudem stets betont, dass das Existenzrecht Israels und seine Sicherheit nicht verhandelbar seien, so Schuster.
Der Vorsitzende des Zentralrats der Muslime in Deutschland, Aiman Mazyek, erklärte, Deutschland brauche einen Präsidenten, "der versöhnt, zusammenhält und gestaltet statt spaltet". Steinmeier verfüge über diese Qualitäten. Insgesamt waren in der Bundesversammlung 1.253 Stimmen abgegeben worden, darunter 103 Enthaltungen. 14 Stimmen waren ungültig.