Diese seien auch nach dem Urteil von Gutachten für die Vereinten Nationen die Haupthürden im Kampf gegen Hunger und Migration, sagte er am Montag am Hauptsitz der UN-Ernährungsorganisation FAO in Rom. Auf dem Spiel stehe die Glaubwürdigkeit des gesamten internationalen Systems. Es gelte das Recht jedes Menschen zu garantieren, sich nach seinen Bedürfnissen zu ernähren.
Nachdrücklich verwies der Papst auf die Folgen des Klimawandels. Wissenschaftliche Erkenntnisse über mögliche Gegenmaßnahmen stünden ebenso bereit wie die nötigen rechtlichen Instrumente. Dabei nannte Franziskus das Pariser Klimaabkommen; von diesem würden sich jedoch "leider einige verabschieden". In dem Zusammenhang forderte der Papst auch einen Wandel im Lebensstil sowie im Ressourcengebrauch, Produktion und Konsum.
Nahrungsmittelspekulation angeprangert
Die Frage der Ernährungssicherheit sei verknüpft mit der Migration. Nahrungsmittelspekulation sei mitverantwortlich für Konflikte und Lebensmittelverschwendung und erhöhe "die Zahl der Letzten der Erde, die eine Zukunft fern ihrer Heimatländer suchen", so der Papst. Erneut erinnerte er an die "Opfer von Unterernährung, Kriegen und Klimawandel". Diese sähen sich genötigt, ihr Land zu verlassen, und seien "vielfachen und schrecklichen Formen der Ausbeutung" ausgesetzt.
Weiter forderte der Papst eine "umfassende Verpflichtung zu einer schrittweisen und systematischen Abrüstung". Konflikte seien ein Faktor für das Entstehen oder die Verlängerung von Notlagen und zerstörten das soziale Gefüge, sagte er zur Begründung. Für den Schutz von Bedürftigen nahm er auch die Diplomatie in die Pflicht. Diese müsse die "Kunst des Möglichen" sein und dürfe nicht darauf reduziert werden, Egoismus und Gleichgültigkeit zu rechtfertigen.
Für eine legale Migration
In dem Zusammenhang bekannte Franziskus sich zu einem weltweiten Pakt für sichere, legale und geordnete Migration, der 2018 von den Vereinten Nationen verabschiedet werden soll. Menschen, die eine Hoffnung für ihr Leben suchten, ließen sich "von physischen, wirtschaftlichen, rechtlichen oder ideologischen Grenzen nicht aufhalten". Dabei wandte er sich gegen Kürzungen öffentlicher Mittel für Entwicklung und eine Einschränkung multilateraler Zusammenarbeit. Er kritisierte auch bilaterale Bündnisse zur Wahrung von Sonderinteressen "oder einfach für eine momenthafte Beruhigung".
Armut und Flucht ließen sich durch Entwicklung verhindern, so der Papst. Prävention verursache weitaus weniger Kosten als die Folgen verunreinigter Erde oder kontaminierten Wassers. Weiter verlangte er Maßnahmen gegen eine "strukturelle Armut". So sei es "nicht legitim, der Bevölkerung Kulturland zu entziehen". Es dürfe keinen Landraub geben, schon gar nicht "mit der Komplizenschaft derer, die die Interessen des Volkes verteidigen sollten".
"Kategorie der Liebe" einführen
Ausdrücklich warb der Papst auch dafür, "die Kategorie der Liebe in die Sprache der internationalen Zusammenarbeit einzuführen, gemeinsam mit Unentgeltlichkeit, Gleichbehandlung, Solidarität, Kultur des Gebens, Brüderlichkeit und Mitleid". Diese Worte drückten den praktischen Gehalt des Begriffs "humanitär" aus, so Franziskus.
Über ein Mitleid hinaus, das nur Notlagen lindere, sei Liebe für eine gerechte Sozialordnung unerlässlich. "Liebe bedeutet, die Menschheitsfamilie nicht weiterhin zu unterteilen in die, die im Überfluss schwelgen und die, die nicht einmal das Nötigste haben", sagte er.
Ertrunkener syrischer Junge als Statue
Zur Erinnerung an Flüchtlingstragödien im Mittelmeer schenkte Papst Franziskus der UN-Organisation FAO eine Statue des dreijährigen Syrers Aylan Kurdi geschenkt, der 2015 vor der türkischen Küste ertrank. Anlässlich der Feiern des Welternährungstags enthüllte das Kirchenoberhaupt am Montag am Sitz der FAO in Rom das überlebensgroße Werk des italienischen Bildhauers Luigi Prevedel aus weißem Carrara-Marmor.
Der Leichnam des Jungen wurde am 2. September 2015 in Bodrum an der türkischen Mittelmeerküste an Land geschwemmt. Aufnahmen der Leiche des Dreijährigen sorgten auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise weltweit für Aufsehen. Seine Familie hatte sich auf der Flucht vor dem Bürgerkrieg in Syrien Schleppern anvertraut, nachdem Bemühungen, legal zu einer Tante des Jungen nach Kanada zu fliehen, gescheitert waren. Beim Versuch, von der Türkei aus die griechische Insel Kos zu erreichen, kamen auch der fünfjährige Bruder des Jungen und seine Mutter ums Leben. Allein der Vater Abdullah überlebte die Fahrt in einem Boot ohne Schwimmwesten.
Bei der Flucht über das Mittelmeer kamen 2015 Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) zufolge etwa 3.600 Menschen ums Leben, 2016 stieg die Zahl auf 5.000. IOM und das Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) schätzen die Zahl der Todesopfer in diesem Jahr bis zum 1. September auf 2.400. Papst Franziskus forderte vor diesem Hintergrund wiederholt legale Einreisemöglichkeiten für Flüchtlinge.
Mahnendes Bibelzitat im Gästebuch
Am Ende seines Besuchs verewigte sich der Papst im Gästebuch – mit einem ernsten mahnenden Bibelzitat. "'Ich war hungrig und ihr habt mir zu essen gegeben' - Danach werden wir gerichtet", schrieb der Heilige Vater der UN-Organisation am Montag auf Spanisch ins Gästebuch. Das Zitat gibt ein Wort Jesu aus einer Rede über das Jüngste Gericht wieder (Matthäusevangelium 25,35). Das vatikanische Presseamt verbreitete ein Foto des handschriftlichen Eintrags.