Eindrücke von der einst blühenden syrischen Stadt Zabadani

Zerstörte Existenzen

Einst ein Refugium im syrischen Ausflugsort Zabadani, ist das im Krieg schwer beschädigte Marien-Kloster heute verlassen. Die Stadt ist inzwischen befreit. Aber die Rückkehr ist für die Menschen noch immer schwierig.

Unbekannte zerstörte Kirche in der Altstadt von Zabadani / © Karin Leukefeld (KNA)
Unbekannte zerstörte Kirche in der Altstadt von Zabadani / © Karin Leukefeld ( KNA )

Sausan Issa war vor dem Krieg aus dem Irak geflohen. Mit ihren zwei Kindern hatte sie sich - vermutlich 2006 - dem Zug von mehr als einer Million Irakern nach Syrien angeschlossen. Möglicherweise war die 38-jährige verwitwet - was das Leben für sie und die beiden Jungen im kriegszerrissenen Irak besonders schwer machte.

Das Schlimmste schien überstanden

In Damaskus hatte sie Glück und wurde durch eine Hilfsorganisation in das Kloster der Heiligen Jungfrau Maria in Zabadani vermittelt. Dort wurden alleinstehende irakische Mütter mit ihren Kindern aufgenommen. In einem fruchtbaren Tal mit guter Luft im Gebirge Anti-Libanon gelegen, war Zabadani ein beliebter Ausflugsort. Für Sausan Issa und die Kinder schien das Schlimmste überstanden.

Ob es sich tatsächlich so zugetragen hat, ist unklar. Eine Sausan Issa gibt es in dem Kloster nicht mehr.

Im Krieg wurde das Kloster komplett zerstört

Bis Anfang 2011 war das große Gebäude ein Refugium, heute liegt es verlassen und weist schwere Kriegsschäden auf. Die umliegenden Gärten sind verwildert, der Spielplatz vor dem Kloster, der Parkplatz dahinter sind zerstört. Die Nebengebäude, das Hausmeisterhaus, Terrassen und Wege sind verwüstet.

Joseph Baschura, ein früherer Touristenführer, geht stumm durch die Trümmer und fotografiert. Hier hat er als Kind mit den Pfadfindern die Sommerferien verbracht. Hier lernte er Hala, seine Frau kennen.

Damals waren sie noch Kinder, später kamen ihre eigenen Kinder mit den Pfadfindern in das Kloster. "Hier haben wir uns immer aufgestellt und Trompete geübt", erinnert er sich und blickt auf den mit Trümmern übersäten Parkplatz. "Dort war ein Kräutergarten, da drüben hat der Hausmeister gewohnt. Dort in der Küche haben wir zusammen gekocht."

Ausweise auf dem Boden des zerstörten Klosters

Die große Eingangstür steht offen, in den Büroräumen liegen Akten und Büromaterial, Kopien sind auf dem Boden verstreut. Alles ist schmutzig und verstaubt. Drei zusammengeheftete Kopien zeigen den Pass von Sausan Issa und den Ausweis ihrer beiden Söhne. Weitere Blätter dokumentieren Abrechnungen eines Projekts mit der Nummer 0709091 der Caritas Österreich, finanziert vom UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR.

Adnan Al Habaiti arbeitete vor dem Krieg als Fahrer des Syrischen Arabischen Roten Halbmondes (SARC) auch für das Kloster, wie er erzählt. Häufig habe er die Irakerinnen und ihre Kinder nach Damaskus gebracht. Al Habaiti kann noch immer nicht fassen, was in den letzten Jahren geschehen ist.

Mit Joseph geht er durch die Räume, zeigt die zerstörte Küche, den Speise- und Versammlungssaal und steigt über die verwüstete Treppe in die oberen Stockwerke. Die Kämpfer haben das Kloster besetzt, nachdem die Flüchtlinge und die Nonnen es verlassen haben, erinnert er sich. Durch die erhöhte Lage sei das Gebäude zu einem Wachturm geworden.

"Wie viele zerstörte Kirchen und Klöster haben wir schon gesehen?"

Er selber floh mit seiner Familie nach Bludan, erzählt Al Habaiti weiter. Verhandlungen über den Abzug der Kämpfer seien gescheitert, die Armee habe Zabadani belagert und dann versucht, sie mit Artillerie zu vertreiben. Joseph hört zu, fragt nach und drängt schließlich zum Aufbruch.

"Wie soll ich das Hala erklären", murmelt er. Der Ort ihrer Jugenderinnerungen ist zerstört. "Wie viele zerstörte Kirchen und Klöster haben wir schon gesehen in den letzten Jahren?", fragt er bitter. "Maalula, Qaryatayn, Tadmor, Homs, Aleppo und jetzt auch hier. Warum muss das alles in meiner Heimat geschehen?"

Einst blühende Stadt, heute gespentisch

Die Fahrt durch die Altstadt von Zabadani ist gespenstisch. Die Straßen sind leer, jedes einzelne Haus weist Kampfspuren auf. Auch die beiden Kirchen des Ortes wurden nicht verschont. Zerschossene Wände, Brandspuren, Trümmer. Wie durch ein Wunder sind in einer der Kirchen die Wandbilder im Altarraum erhalten.

Erst im April 2017 stimmten die letzten verbliebenen 2.000 Kämpfer ihrer Evakuierung nach Idlib zu. Die Armee hob den Belagerungsring auf, in die Oberstadt von Zabadani kehrten die ersten 300 Familien zurück.

Nur Häuser mit stabiler Substanz können wieder aufgebaut werden, sagt Mouaffak Attal, der als Bezirksbürgermeister die Altstadt von Zabadani betreut. Der Staat übernehme 30 Prozent der Wiederaufbaukosten. Häuser die komplett zerstört seien, müssten abgerissen werden. Für die geflohenen Familien sei dies schwer. Wohin sollen sie dann zurückkehren?


Blick auf Zabadani / © Karin Leukefeld (KNA)
Blick auf Zabadani / © Karin Leukefeld ( KNA )

Zerstörter Altarraum der Griechisch-Orthodoxen Kirche in Zabadani / © Karin Leukefeld (KNA)
Zerstörter Altarraum der Griechisch-Orthodoxen Kirche in Zabadani / © Karin Leukefeld ( KNA )

Teilweise zerstörte Büste auf einem Altar / © Karin Leukefeld (KNA)
Teilweise zerstörte Büste auf einem Altar / © Karin Leukefeld ( KNA )

Adnan Al Habaiti inmitten von Klostertrümmern / © Karin Leukefeld (KNA)
Adnan Al Habaiti inmitten von Klostertrümmern / © Karin Leukefeld ( KNA )
Quelle:
KNA
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