Paderborner Erzbischof Becker wird 70 Jahre alt

"Das Leben macht mehr als Broterwerb aus"

Hans-Josef Becker leitet eine der größten Diözesen Deutschlands. Auf den Priestermangel antwortet der Paderborner Erzbischof, der 70 Jahre alt wird, mit einem bundesweit einzigartigen Modell.

Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker (KNA)
Paderborns Erzbischof Hans-Josef Becker / ( KNA )

Der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker hat gleich mehrere Gründe zu feiern: Ende Juli steht das 950-Jahr-Jubiläum des sogenannten Imad-Doms an, des bei einem Brand zerstörten Vorgängerbaus der heutigen Kathedrale. Vor 15 Jahren - am 3. Juli 2003 - ernannte Papst Johannes Paul II. den Geistlichen zum Erzbischof von Paderborn; das Amt übernahm er drei Monate danach. Und am kommenden Freitag begeht der gebürtige Westfale seinen 70. Geburtstag.

Becker kommt am 8. Juni 1948 im sauerländischen Belecke als Sohn eines Eisenbahners zur Welt. Als Kind träumt er davon, Lokführer zu werden. Seine Eltern beschreibt der Geistliche als "einfache, ehrliche Menschen", die ihm eine geborgene Kindheit in einem katholischen Milieu ermöglichen. Dazu gehören selbstverständlich der Kirchgang am Sonntag, das Tischgebet, Messdienerdienste oder die jährliche Wallfahrt zur Werler Madonna.

Wunsch nach Priesteramt erst während des Studiums

Der Ortspfarrer sieht in ihm schon einen angehenden Geistlichen. Doch der Abiturient Becker legt zunächst ein Studium zum Grund- und Hauptschullehrer hin, was ihn für seine Zusatz-Aufgabe als Schulbischof prädestiniert. Erst während des Pädagogikstudiums freundet sich der Viola-Spieler mit dem Gedanken an, Priester zu werden - nicht zuletzt durch die Beschäftigung mit der Musik Anton Bruckners und den Schriften Martin Bubers.

Nach seiner Priesterweihe 1977 und Kaplansjahren arbeitet Becker gut 15 Jahre lang als Pfarrer und Dechant in Lippstadt. Der Geistliche, der zu der von Charles de Foucauld geprägten Priestergemeinschaft Jesus Caritas gehört, spricht von einer erfüllten Zeit. Nicht jedes Mitglied im Episkopat kann eine solch lange Arbeit an der Seelsorgebasis vorweisen.

Die Nähe zum Volk hat sich Becker auch als Erzbischof bewahrt. Gelegenheit dazu bietet etwa Paderborns fünfte Jahreszeit: das traditionelle Liborifest, eine Mischung aus Kirche, Kirmes, Kultur. Für die gute Zusammenarbeit ehren die Schausteller Becker im vergangenen Jahr mit dem "Goldenen Karussellpferd".

2003 zum Erzbischof ernannt

Das Gemeindeleben lässt der Geistliche hinter sich, als ihn der frühere Paderborner Erzbischof Johannes Joachim Degenhardt 1995 zum Personalchef macht. Fünf Jahre später wird er Weihbischof in Paderborn. 2003 folgt er dem ein Jahr zuvor verstorbenen Kardinal Degenhardt an die Spitze des Erzbistums.

Wie viele andere Bischöfe in Deutschland hat auch Becker aus den bekannten demografischen, finanziellen und personellen Gründen einen massiven Umstrukturierungsprozess eingeleitet: Nach einem mehrjährigen diözesanen Beratungsprozess wurde ein Pastoralplan entwickelt, der die aktuell 666 Gemeinden in 111 Pastorale Räume oder Gesamtpfarreien zusammenschließt. Ziel sind 87 solcher Seelsorgeeinheiten. Zudem strebt die Erzdiözese weniger Immobilien an. Die Pfarreien wurden aufgefordert zu überlegen, welche der rund 3.000 Gebäude behalten oder aufgegeben werden können.

Diesen Umbau der rund 1,55 Millionen Katholiken zählenden Erzdiözese versteht Becker aber nicht als Abbau. Der Glaube sei kein "Auslaufmodell", bleibt er Optimist. Die Chance der Kirche sieht er vor allem in einer stärkeren Zusammenarbeit mit den Laien. Beispielhaft dafür ist ein von Becker zum 1. Advent 2017 erlassenes Diözesangesetz:

Um die örtlichen Kirchenstrukturen zu erhalten, können Gemeinden seitdem sonntags zu "Wort-Gottes-Feiern" ohne Priester einladen. Dabei bringen Kommunionhelfer geweihte Hostien aus einer Messfeier, die ein Geistlicher zeitnah in der Umgebung feiert - ein bundesweit einzigartiges Modell nach philippinischem Vorbild.

Einmischung in gesellschaftliche Debatten

Immer wieder mischt sich Becker auch in die gesellschaftliche Debatte ein. Angesichts zunehmender populistischer Parolen warnt er davor, dass Behauptungen statt Fakten dominieren und Wahrheit zur "gefühlten" Angelegenheit werde.

Auch verwahrt er sich dagegen, dass ausgerechnet Fremdenfeinde ein "christliches Abendland" beschwören, was doch der Kernbotschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen widerspreche. Kritisch sieht er auch ein überzogenes Leistungsdenken. Becker: "Das Leben macht mehr als Broterwerb und Lebensunterhalt aus."


Quelle:
KNA
Mehr zum Thema