Kirche in Nicaragua will weiter vermitteln

Ortega und die Bischöfe

Seit Mitte April wird Nicaragua von heftigen Protesten gegen die Regierung erschüttert. Doch der sandinistische Staatspräsident Daniel Ortega will trotz Massenprotesten und Hunderten Toten im Amt bleiben. Die Kirche will den Dialog fortsetzen.

Autor/in:
Tobias Käufer
 (DR)

Nicht mal sein Bruder kann ihn umstimmen: Vor einigen Tagen hat Humberto Ortega Nicaraguas sandinistischen Staatspräsidenten Daniel Ortega aufgerufen, vorgezogenen Neuwahlen zuzustimmen.

Doch der lehnt ab - obwohl auch der Generalsekretär der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS), katholische Kirche, Vertreter von Zivilgesellschaft und freier Wirtschaft dies als Ausweg aus der schweren innenpolitischen Krise vorschlagen.

Präsidentschaftswahlen eigentlich erst 2021

"Alles habe seine Zeit", sagte Ortega laut einem Bericht der regierungskritischen Zeitung "La Prensa". Es habe gesetzmäßige Wahlen in Nicaragua gegeben. Zuletzt waren 2016 Präsidentschaftswahlen - die allerdings hoch umstritten waren. Damals ließ Ortega vom Obersten Gericht den Chef der stärksten Oppositionspartei PLI, Luis Roberto Callejas, absetzen und den Obersten Wahlrat fast ausschließlich mit seinen Gefolgsleuten bestücken.

Turnusmäßig stünden erst 2021 wieder Präsidentschaftswahlen an. Ortega wirft den Regierungsgegnern vor, einen Putsch vorzubereiten.

Seit Mitte April wird das mittelamerikanische Land von heftigen Protesten gegen die Regierung erschüttert. Dabei wurden nach Schätzungen von Menschenrechtsorganisationen bereits mehr als 300 Menschen getötet. Die Kirche versucht im Rahmen eines immer wieder unterbrochenen "Nationalen Dialogs", zwischen Regierung und Zivilgesellschaft zu vermitteln; bislang aber ohne durchschlagenden Erfolg.

Wiederaufnahme der Gespräche vorgesehen

Für diesen Montag ist eine Wiederaufnahme der Gespräche vorgesehen. Allerdings gab es am Wochenende erneut Berichte über massive Menschenrechtsverstöße. Managuas Weihbischof Silvio Baez berichtete unter Berufung auf den lokalen Bischof Rolando Jose Alvarez, paramilitärische Banden der Regierung gingen in Matiguas mit einer Todesliste in der Hand von Haus zu Haus und verhafteten Menschen.

Der Schriftstellerverband PEN Nicaragua berichtete über massive Einschüchterungsversuche und Drohungen gegen Journalisten und Publizisten, die über die Proteste berichten.

Vergangene Woche hatte UN-Menschenrechtshochkommissar Seid bin Ra'ad Seid Al-Hussein von der Regierung ein Ende der Gewalt gefordert. "Die Gewalt und Unterdrückung in Nicaragua seit Beginn der Demonstrationen sind das Produkt einer systematischen Erosion von Menschenrechten in den vergangenen Jahren", so der jordanische UN-Diplomat.

Die bewaffneten Pro-Regierungs-Elemente müssten aufgelöst werden; sie seien verantwortlich für Repression und Angriffe. Die Anstifter gehörten zur Rechenschaft gezogen.

Wachsende Zahl von Flüchtlingen

Die Proteste entzündeten sich Mitte April an einer inzwischen zurückgenommenen Rentenreform. Anschließend weiteten sich die Demonstrationen auch gegen die Einschränkung der Presse- und Meinungsfreiheit sowie staatlich ausgeübte Gewalt aus. Inzwischen fordern die Vertreter der Zivilgesellschaft Ortegas Rücktritt.

Mit dessen Absage an Neuwahlen wird eine politische Lösung der Krise immer schwieriger. Am Wochenende setzten sich die Proteste in vielen Städten des Landes fort. Im Nachbarland Costa Rica verzeichneten die Grenzbehörden zuletzt eine wachsende Zahl von Flüchtlingen aus Nicaragua. Sie versuchen, der Gewalt in ihrer Heimat zu entkommen.


Krise in Nicaragua / © Carlos Herrera (dpa)
Krise in Nicaragua / © Carlos Herrera ( dpa )

Daniel Ortega / © Alejandro Ernesto (dpa)
Daniel Ortega / © Alejandro Ernesto ( dpa )
Quelle:
KNA
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