Der Islam bestehe aus verschiedenen Richtungen. "Außerdem sind bei Weitem nicht alle Islamisten, wie immer wieder getan wird", betonte Wolf am Donnerstag im Deutschlandfunk.
Er selbst habe beispielsweise guten Kontakt zu Schiiten im Iran, so Wolf der von 2000 bis 2016 Abtprimas und damit Sprecher von rund 20.000 Ordensleuten weltweit war. "Das sind hochgelehrte Leute. Die haben in ihrer Bibliothek zum Beispiel die ganzen Mystiker unseres Mittelalters auf Farsi übersetzt. Die kennen unsere Mystiker zum Teil besser, als wir sie kennen."
Islam – Glaube "der den ganzen Menschen erfasst"
Allerdings müssten sich die nach Deutschland kommenden Muslime integrieren und das Grundgesetz bejahen. "Sie müssen lernen, tolerant zu sein, auch die Gepflogenheiten unserer Gesellschaft anzunehmen", so Wolf.
Der 78 Jahre alte Ordensmann fügte hinzu: "Der Islam ist nicht eine Religion im Sinne von Gotthold Ephraim Lessing, der gemeint hat, man könne einfach drei Religionen nebeneinandersetzen, Christentum, Judentum und Islam." Der Islam sei ein Glaube, "der den ganzen Menschen erfasst, auch das ganze Staatswesen".
Im "Abendland" wurden zwei Weltkriege angezettelt
Weiterhin sagte der Buchautor, er halte wenig von der Floskel "christliches Abendland". "Ich benutze diesen Ausdruck sehr ungerne, weil ich weiß, wie viel Unheil das Christentum im Abendland oder auch das sogenannte christliche Abendland politisch über unsere Welt gebracht hat", sagte Wolf. "Die beiden Weltkriege wurden doch im Abendland angezettelt. So christlich ist das meines Erachtens nicht."
Populisten warf Wolf vor, in einer "brutalen Weise" zu vereinfachen. "Es ist immer bequem, sich auf eine Seite zu schlagen, Schwarz-Weiß-Denken zu produzieren." Dieses Vorgehen entspreche jedoch nicht den Realitäten. "Die Wirklichkeit ist komplex und damit muss ich mich nun einmal auseinandersetzen."
Gastfreundschaft gehöre zum Christentum
Zur Debatte über den Umgang mit Flüchtlingen sagte Wolf, eine Abschottung Europas komme nicht infrage. "Wir sind nun einmal global eingebettet in das Schicksal unserer Welt, unserer heutigen Menschheit und können nicht so tun, als ob wir hier in einer Wagenburg uns abschließen könnten."
Zum Christentum gehöre "auch die Gastfreundschaft, die Offenheit für die Notleidenden", fügte der Ordensmann hinzu. "Jesus hat nun einmal gesagt, 'wer einem Armen einen Becher Wasser gibt, etwas zu essen, wer ihn kleidet, wer einen Kranken und Gefangenen besucht, der hat es mir getan, der hat mich besucht'."
Notker Wolf war von 2000 bis 2016 Abtprimas und damit Sprecher der rund 20.000 Ordensleute weltweit. Im vergangenen Jahr erschien sein Buch "Schluss mit der – Deutschland schafft sich nicht ab!"