DOMRADIO.DE: Herr Pfarrer Meiering, Sie wünschen sich neben Bewährtem in den Innenstadtpfarreien neue Aufbrüche. Der erste Konvent, zu dem Sie eingeladen haben, hat viele Menschen mobilisiert, die ganz offenbar an Mitgestaltung interessiert sind. Doch mit dem ganztägigen Treffen an diesem Samstag haben Sie nicht bei Null angefangen. Seit dem vergangenen Juli wurde von einem Vorbereitungsteam unter Ihrer Leitung auf diesen Tag hingearbeitet. Was hatten Sie sich angesichts dieser fleißigen Vorarbeit im Vorfeld von dieser Zusammenkunft versprochen?
Pfarrer Dr. Dominik Meiering: Es war uns wichtig, möglichst viele Menschen mit ins Boot zu holen. Alle, die Freude daran haben, einen Prozess anzustoßen, Ideen einzubringen, sollten ein Forum bekommen, Kirche neu zu denken. Es gibt ja unendlich viel Kostbares in Köln-Mitte, aber hier und da auch Niedergang und Suche nach einer Zukunft. Hier gibt es viele Ideen. Die wollten wir einmal vorstellen und dazu ein Feedback einholen. Bei dem Konvent handelte es sich um einen ersten Schritt auf einem längeren Weg, der miteinander zu gehen ist. Inhaltlich haben wir uns sehr verschiedene Bereiche vorgenommen. Nicht zuletzt haben wir uns von den Begegnungen auf dem Konvent erhofft, eine Aufbruchsstimmung zu vermitteln. Jedenfalls ist das meine Hoffnung, dass es für unsere Kirche in Köln-Mitte ein konstruktives gemeinsames Nachdenken geben kann, an dem möglichst viele beteiligt sind.
DOMRADIO.DE: Sehen Sie Ihre Erwartungen nach diesem Tag erfüllt?
Meiering: Ja, ich bin froh über die große Teilnehmerzahl. 250 Frauen und Männer, Hauptamtliche und Laien, Junge und Alte haben sich angesprochen gefühlt und sind unserer Einladung gefolgt. Da kamen PGR- oder KV-Mitglieder, Vertreter der Caritas, von Jugendverbänden oder von Ordensgemeinschaften, aber auch einzelne Interessierte, die nicht einmal in unserem Sendungsraum zuhause sind. Trotzdem hat sie der Prozess interessiert. Auch von den engagierten und qualifizierten Beiträgen war ich angetan. Sie zeigen: Es gibt den Wunsch, Themen miteinander anzuschauen, weil es gemeinsame Themen sind, die für alle gleichermaßen von Relevanz sind. Und es freut mich, dass das Ganze in einem guten Geist stattgefunden hat. Alle haben verstanden: Es geht nicht um Gleichmacherei bei diesen so unterschiedlich profilierten Gemeinden, sondern um den Reichtum und die Vielfalt unserer Kirche.
DOMRADIO.DE: Die Teilnehmer haben sich am Vormittag in Arbeitsgruppen zu einzelnen Projekten aufgeteilt. Konnte jeder das Thema wählen, das ihm am meisten auf der Seele brannte?
Meiering: Die Themen haben wir im letzten Dreivierteljahr bei Pfarrversammlungen, PGR-Wochenenden und Pastoralklausuren zusammengetragen. Aber auch in Einzelgesprächen oder durch schriftliche Eingaben bildete sich mancher Schwerpunkt heraus, der den Menschen für unsere Kirche in Köln-Mitte wichtig erschien. Viele Projektthemen gehen außerdem auf die Gruppenarbeit beim sogenannten Preview, einem Vortreffen zu diesem Konvent im Februar, zurück. Letztlich ergaben sich 16 Projekte, die einen Großteil der vorgetragenen Themen abbilden. Wir haben dann am Samstag nach demokratischem Prinzip – nämlich durch Wahl – vier Projekte ausgewählt, an denen in nächster Zukunft vorrangig weitergearbeitet werden soll. Natürlich konnten sich alle Teilnehmer jeweils die Gruppe bzw. das Projekt aussuchen, in dem sie sich am liebsten engagieren wollen. Für manche war das die "liturgische Vielfalt" oder die "Trauerbegleitung", für andere die "Offene Kirche", das Thema "Missionarisch unterwegs sein" oder die "Willkommenskultur" und wieder für andere das "Spirituelle Netzwerk", die "Ausbildung von Ehrenamtlichen" oder die Frage nach der "nächsten Generation", um nur einige zu nennen. Leiten sollten dabei Fragestellungen wie "Wo wird Kirche erfahrbar?", "Was können wir sein für die Menschen?" oder "Wer wird morgen von Gott sprechen?" und "Wie sind wir up to date?". Am Ende hatte jeder drei Stimmen, um die für ihn persönlich wichtigsten Themen nach vorne zu bringen.
DOMRADIO.DE: Welches Thema bekam denn nun die größte Mehrheit?
Meiering: Das Ergebnis wurde in der Tat mit Spannung erwartet. Die meisten Stimmen hat das Projekt "Kommunikation" gemacht. Platz zwei belegte das Projekt "Nächste Generation" mit der Fragestellung "Wie kann der Glaube an die nächste Generation weitergegeben werden?" Und auf dem dritten Rang landete das Projekt mit der Überschrift "Miteinander in Verantwortung". Es zeichnete sich bereits zuvor im Plenum ab, dass sich die Sorge, Menschen richtig anzusprechen und sie für die Angebote von Kirche zu interessieren, wie ein roter Faden durch die Veranstaltung zog. Wir müssen in der Tat überlegen, wie unsere Angebote, die ja lebensfördernd sein wollen, an die Menschen kommen. Voraussetzung dafür ist allerdings auch, dass es Angebote gibt, wohin wir die Menschen mit Überzeugung einladen können. Deshalb braucht es ein stetiges Nachdenken darüber, wie wir die Lebenswirklichkeit von Menschen in unserem Umfeld wahrnehmen – und umgekehrt. Es braucht eine Neubetrachtung der Wirklichkeit unserer Welt im Licht des Evangeliums. Und dann muss natürlich noch ganz Praktisches hinzukommen. Es wird wichtig sein, neue Verteiler aufzubauen, technisch up to date zu werden und mehr noch als bisher die sozialen Medien zu nutzen. Dazu benötigen wir sicher professionelle Hilfe. Und die muss uns dann auch etwas wert sein.
DOMRADIO.DE: Inhaltlich – das wurde immer wieder im Vorfeld des Konventes betont – hatte es keinerlei Denkvorgaben gegeben. Nun wurde nach dem Mehrheitsprinzip entschieden. Läuft eine solche Abstimmung nicht unter Umständen auch Gefahr, etwas aus dem Blick zu verlieren, was darüber hinaus noch wichtig für kirchliches Leben ist, selbst wenn es keine große Lobby hat?
Meiering: Natürlich gibt es vieles, was wichtig ist. Aber irgendwo muss man schließlich anfangen. Diese Priorisierung bedeutet ja nicht, dass wir uns von nun an nicht mehr um unsere Kitas, die Seniorenarbeit, die offenen Kirchen oder die Familienkirche kümmern. Aber sie zeigt, in welche Richtung die Menschen denken, wo sie akuten Handlungsbedarf sehen. Und die mehrheitlich gewählten Themen werden wir in unserem Sendungsraum nun mit besonderer Kraft angehen und dazu alle einladen, die mitgestalten wollen. Der Konvent war ja erst der Auftakt. Im Übrigen müssen wir nun gut überlegen, welche Projekte zentral und welche dezentral angelegt werden. Am Beispiel des Themas Kommunikation bedeutet das, sich zentral etwa mit einer entsprechenden Internetplattform gut aufzustellen, aber auch den Pfarrbrief, der zum Beispiel gerade in Gemeinden wie St. Severin oder St. Agnes schon Auszeichnungen bekommen hat, auch als dezentrales Projekt weiterhin zu fördern.
DOMRADIO.DE: Wie geht es nach dem Konvent nun weiter?
Meiering: Es werden absehbar vier Arbeitsgruppen gebildet, in denen die gewählten Themen weiterentwickelt und Zuständigkeiten verteilt werden. Auch hier lade ich wieder zur Beteiligung ein. Jeder, der Lust hat, kann sich über unsere Internetseite anmelden. Und wir müssen schauen, wem wir den Hut aufsetzen, wer jeweils für eines der vier Themen die Verantwortung übernimmt. Das, was wir hier versuchen, ist für uns alle ja ein wenig neu. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich auch für die weiteren Schritte genügend Mitstreiterinnen und Mitstreiter finden werden. Trotzdem wollen wir uns für alles die nötige Zeit nehmen und realistisch planen. Aber wenn es nach mir ginge, würden wir schon morgen durchstarten.
DOMRADIO.DE: Was hat Sie bei diesem Konvent am meisten bewegt? Wird die Kirche in Köln-Mitte schon bald ein neues Gesicht haben?
Meiering: Wir haben im Vorbereitungsteam auf diesen Augenblick lange hingearbeitet. Ich bin dankbar, dass der Konvent die Themen, die uns alle sehr grundsätzlich bewegen und zukünftig auch noch sehr viel intensiver beschäftigen werden, transparenter gemacht hat. Es sind alles Projekte, mit denen ich mich auch identifiziere und bei denen auch das Pastoralteam mit Spaß mitmachen wird. Ich bin dankbar für diesen Moment. Vieles, was ich im Herzen trage, tragen nun auch andere in ihren Herzen. Das schafft Verbundenheit. Ich bin mir sicher: An vielen Orten wird weiterhin Kostbares und Vertrautes wiederzufinden sein. Aber ich hoffe – das ist ja auch der Sinn dieses Weges – dass wir demnächst auch das eine oder andere neue Gesicht von Kirche in unseren Innenstadtpfarreien erkennen können.
Das Interview führte Beatrice Tomasetti.