Die Amtszeit des Prager Kardinals Josef Beran (1888-1969) war eine höchst politische; einer, der wohl auch heute, in schwierigen politischen Zeiten, in Tschechien etwas zu sagen hätte. Selbst die Rückkehr seiner sterblichen Überreste nach fast 50 Jahren aus seinem römischen Exil bewegte die hohe tschechische Politik.
Staatsprädient Zeman sahte seine Teilnahme an Beisetzung ab
Kardinal Beran, ein Widerständler gegen das kommunistische Regime der Tschechoslowakei, wurde im April 2018 aus Rom nach Prag überführt und gemäß seinem Letzten Willen im Veitsdom neu beigesetzt. Die Kommunisten hatten seine Rückkehr stets verhindert - zu Lebzeiten und selbst nach seinem Tod.
Da war es, freundlich gesagt, heikel, dass Staatspräsident Milos Zeman seine Teilnahme an dem Festgottesdienst für Beran absagte - und es stattdessen vorzog, als erstes Staatsoberhaupt des Landes seit der Wende von 1989 bei einem Parteitag der Kommunisten zu sprechen, die just damals mit der Tolerierung einer Minderheitsregierung an die Macht zurückstrebten. Ein schwerer Schlag für den amtierenden Prager Kardinal Dominik Duka, der zuvor viel für ein gutes Verhältnis zwischen Staat und Kirche getan hatte.
Duka nannte die Überführung seines Vorgängers Beran in den Veitsdom eine mahnende Erinnerung daran, "was Freiheit und Demokratie bedeuten" - und äußerte sich offen enttäuscht über die Prioritäten des Staatspräsidenten. Doch Zeman konterte kühl. Sein Terminkalender gehe den Prager Kardinal nichts an; er selbst ziehe die Lebenden einem Toten vor.
Von Nazis verschleppt, von Kommunisten interniert
Beran, im Dezember 1888 in Pilsen geboren und 1911 in Rom zum Priester geweiht, war während der Nazi-Herrschaft in NS-Konzentrationslager verschleppt und unter der kommunistischen Diktatur in verschiedenen Internierungslagern eingesperrt worden.
1946 zum Prager Erzbischof ernannt, war er nach der Machtergreifung der Kommunisten 1948 praktisch amtsbehindert. Bei der Verlesung von Berans Hirtenbrief gegen die Unterordnung der Kirche unter die Staatsmacht inszenierte die Staatssicherheit einen "Aufruhr der Bürger". Beran wurde verhaftet - "zu seinem eigenen Schutz", wie es boshaft hieß. Damit begann eine mehrjährige Internierung.
Von 1950 bis 1963 lebte Beran unter Arrest an wechselnden, geheim gehaltenen Orten. Auch er selbst wusste nie, wo er sich befand. Seine Fenster waren bis zur Undurchsichtigkeit bemalt. Er durfte nicht mal die kommunistische Presse lesen. Rund um die Uhr wurde der Kardinal abgehört, beobachtet und fotografiert. Auch nach seiner offiziellen Freilassung 1963 durfte er nicht nach Prag zurückkehren, stand stets unter Beobachtung der Staatssicherheit.
Beran durfte nie wieder nach Prag zurückkehren
Erst 1965 gelang es dem vatikanischen Spitzendiplomaten und späteren Außenminister Agostino Casaroli, Berans Ausreise nach Rom zu erwirken. Die Führung in Prag nutzte dies, um ihn des Landes zu verweisen; damit wurde eine Rückkehr unmöglich. Seine Hoffnung darauf erfüllte sich auch im "Prager Frühling" 1968 nicht. Am 17. Mai 1969, vor 50 Jahren, starb Beran in Rom.
Da die Kommunisten auch seinen Leichnam nicht in die Heimat ließen, erwies ihm Papst Paul VI. (1963-1978) eine besondere Ehre: Beran wurde im Petersdom bestattet, was sonst den Päpsten vorbehalten ist. In seinem später aufgefundenen "Letzten Willen" hatte Beran gebeten, seine letzte Ruhe in der Heimat finden zu dürfen - entweder in seiner Geburtsstadt Pilsen oder in Prag.
Die "Heimkehr des vertriebenen Kardinals" gab 2018 auch einen neuen Ansatz für die Aussöhnung mit den nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen deutschen Katholiken. Über lange Zeit hat sich dort eine Abneigung gegen Beran gehalten - der angeblich die Vertreibung der Deutschen aus ihrer böhmisch-mährisch-schlesischen Heimat unterstützt haben soll.
Bei einem Kolloquium mit Vertretern der Ackermann-Gemeinde wurde nun auf Grundlage neuester Forschungen sogar eine Nähe Berans zu den Vertriebenen offenbar. Mehrfach, so hieß es da, habe man Belege dafür gefunden, dass Beran "täglich für seine tschechischen und deutschen Landsleute" bete. Er teile mit den Deutschen das "Schicksal der Heimatlosigkeit".
Von Hans-Jörg Schmidt und Alexander Brüggemann