Experte: Trans- und Intersexualität wirkt sich auf Gottesbild aus

"Eine Plattform zur gegenseitigen Wahrnehmung"

Der Deutsche Evangelische Kirchentag in Dortmund will auch inter- und transsexuellen Menschen eine Plattform bieten. "Sie werden insgesamt oftmals mit ihren Problemen nicht wahrgenommen", sagt der Programm-Referent für den Kirchentag, Mario Zeißig.

Dortmunder U-Turm zeigt Clip zum Kirchentag / ©  Friedrich Stark (epd)
Dortmunder U-Turm zeigt Clip zum Kirchentag / © Friedrich Stark ( epd )

Der Kirchentag wolle deswegen, auch im Hinblick auf das geänderte Personenstandsgesetz, an dieser Stelle einen Schwerpunkt setzen. "Uns ist es wichtig, Menschen eine Plattform zur gegenseitigen Wahrnehmung, für Austausch und Begegnung zu geben", unterstrich das Kollegiumsmitglied des Kirchentags.

Bei dem Protestantentreffen vom 19. bis 23. Juni bietet das "Zentrum Regenbogen" zum Thema Inter- und Transsexualität täglich Diskussionsveranstaltungen an. Zudem gibt es Workshops und spezielle Gottesdienste. Als intersexuell werden Menschen bezeichnet, die sich nicht eindeutig dem männlichen oder weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Oktober 2017 musste der Gesetzgeber für Intersexuelle eine dritte Eintragsmöglichkeit im Personenstandsregister neben "weiblich" und "männlich" schaffen. Seit Januar dieses Jahres können sich intersexuelle Menschen als "divers" eintragen lassen.

"Geschlechtersensible Sprache"

Der Kirchentag achte in seinen Veröffentlichungen auf "geschlechtersensible Sprache", erläuterte Zeißig. "Damit sich gerade auch intersexuelle Menschen angesprochen und eingeladen fühlen, wird weitgehend auf eine klare Zuordnung Mann und Frau verzichtet." Wo sich das Genus – das grammatische Geschlecht – sprachlich nicht vermeiden lasse, werde das sogenannte Gender-Sternchen verwendet.

Regenbogen-Communities nutzen nach Zeißigs Worten den Kirchentag zur Vernetzung und zu gegenseitigem Empowerment. In ihrem Gemeinschaftsquartier wird auf eine Toilettenausschilderung mit klarer Einordnung in männlich und weiblich verzichtet. Außerdem gibt es eigene Duschzeiten für Intersexuelle und Menschen, die sich aus anderen Gründen nicht eindeutig als Mann oder Frau fühlen. Wenn baulich und organisatorisch möglich, werde auch an anderen Orten des Kirchentages auf eine geschlechtersensible Toilettenausschilderung geachtet, sagte Zeißig.

"Wir laden sie herzlich ein"

Das Thema Trans- und Intersexualität hat nach den Worten des Religionspädagogen auch Auswirkungen auf das Gottesbild. Häufig entstehe in Auslegung des Bibelverses 1. Mose 1,27 "...als Gottesebenbild schuf er sie und schuf sie als Mann und Frau" ein entweder männliches oder ein weibliches Bild von Gott. "Wenn ich die Geschlechtlichkeiten in der ganzen Bandbreite, wie wir sie auch in der Wirklichkeit bei den Menschen wahrnehmen, auf die Gottesebenbildlichkeit übertrage, entsteht ein anderes, sehr diverses Gottesbild", erklärte Zeißig.

Trans- und intersexuelle Menschen dürften nicht von vornherein als ohnmächtig und hilfsbedürftig angesehen werden, betonte der Experte: "Die Schlussfolgerung, dass wir diesen Menschen ihr Recht verschaffen müssen, tut ihnen Unrecht." Sie machten ihre Wünsche und ihre Kritik im Dialog mit allen anderen deutlich. "Wir laden sie dazu herzlich ein und bieten ihnen unsere bestmögliche Unterstützung an", sagte Zeißig.


Quelle:
epd
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