Sind es die Bilder vom brennenden Regenwald oder Sibiriens abgelegenen Wäldern? Ist es die Erfahrung eines weiteren Hitzesommers in Deutschland? Oder auch der Anblick der vielen, aufgrund der erneuten Dürre vertrockneten und abgestorbenen Bäume? Der Klimawandel scheint im Bewusstsein der Menschen schmerzhaft angekommen. Das Thema Klima- und Umweltschutz nimmt Fahrt auf - auch in der Kirche.
Bereits 2015 rief Papst Franziskus in der Umweltenzyklika "Laudato si" eindringlich zur Bewahrung der Schöpfung und zu entsprechendem Handeln auf. Nun legte er am 1. September zum "Weltgebetstag für die Bewahrung der Schöpfung" noch einmal nach. Schmelzende Gletscher, Wasserknappheit und vermüllte Ozeane bekräftigten "die Dringlichkeit eines nicht weiter aufzuschiebenden Einschreitens". Der Mensch habe "eine klimatische Notlage geschaffen", die die Existenz aller bedrohe. Die Menschen müssten nun ihre Rolle als "Hüter der Schöpfung" wiederentdecken. Es sei an der Zeit, den eigenen Lebensstil zu ändern und "prophetische Handlungen" vorzunehmen.
Zeichen des Bistums Speyer
Ein kleines Zeichen setzt am 20. September das Bistum Speyer. Es tritt dann als erste deutsche Diözese dem Unterstützerkreis für den Klimaprotesttag der "Fridays for Future"-Bewegung bei. Generalvikar Andreas Sturm ermutigt Pfarreien, Einrichtungen, Verbände und Beschäftigte ausdrücklich zur Teilnahme an den Demonstrationen. Der Auftrag zur Bewahrung der Schöpfung gehört für Sturm zum Kern der christlichen Botschaft. Glockenläuten könne an dem Tag zu einem öffentlichen Zeichen für den Klimaschutz werden.
Auch der Diözesanrat der Katholiken im Bistum Aachen möchte Impulse setzen. Während vom 6. bis 27. Oktober die Amazonas-Synode im Vatikan unter anderem über ganzheitliche Ökologie berät, veranstaltet er mit Kooperationspartnern im Rheinischen Braunkohlerevier eine "Klimasynode von unten". Das dreitägige Treffen soll vom 18. bis 20. Oktober in Düren, dem Umsiedlungsdorf Merzenich-Morschenich und dem Hambacher Forst stattfinden. Dabei sollen die inhaltlichen Anliegen der Amazonas-Synode regionalisiert werden. Denn soweit das Braunkohlerevier und der tropische Regenwald auch voneinander entfernt sind - hier wie dort spitzen sich die Zerstörung von Lebensräumen und deren soziale Folgen dramatisch zu.
Manch einem geht die Kirche beim Thema Tier- und Naturschutz noch nicht entschieden genug vor. So beklagt der Münsteraner Theologe Rainer Hagencord im Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA), dass die Kirche die "ökologische Katastrophe nicht wahr- oder ernst genug nimmt".
Umweltenzyklika des Papstes
Mit seiner Umweltenzyklika habe der Papst zu einem "fundamentalen Paradigmenwechsel" hin zu einer ökologischen Spiritualität aufgerufen, die die gesamte Theologie beeinflussen würde. Diese Botschaft sei in der Kirche noch nicht angekommen, so Hagencord, der vor zehn Jahren das Institut für Theologische Zoologie gegründet hat.
Statt über die Zulassung evangelischer Christen zur Kommunion zu ringen, sollten sich die Vorsitzenden der beiden großen Kirchen gemeinsam mit dem Papst überlegen, "was die reichste Kirche der Welt tun kann, um der ökologischen Katastrophe zu begegnen".
Auch Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU) rief die Kirchen kürzlich dazu auf, sich stärker für den Klimaschutz zu engagieren. "Das Thema Umweltschutz ist ein zutiefst christliches, bei dem es auch auf die Stimmen der Kirchen ankommt", sagte der Katholik beim Sommerfest des Hamburger Erzbischofs Stefan Heße. Zugleich forderte der amtierende Bundesratspräsident auch größere Anstrengungen von der Politik auf diesem Feld.
Der katholische Umweltbischof Rolf Lohmann erklärte unlängst im KNA-Interview, dass sich die Kirche bereits auf der gesellschaftlichen und politischen Ebene für eine wirksame Umweltpolitik einsetze - "in Deutschland, Europa und weltweit". Papst Franziskus habe mit "Laudato si" dafür gesorgt, dass das Thema Schöpfungsverantwortung weltweit auf der Agenda stehe. Auch außerhalb der Kirche werde die Enzyklika stark beachtet - etwa bei den Verhandlungen zum Pariser Klimaschutzabkommen. Durch ihre weltweite Vernetzung, über die konkrete Arbeit der Hilfswerke vor Ort und weltkirchliche Partnerschaften trage die Kirche so "zu einem globalen Umwelt- und Problembewusstsein" bei, sagte der Münsteraner Weihbischof.
Lohmann warb dafür, die Opfer von Klimawandels und Ressourcenausbeutung anzuhören, aus deren Erfahrungen zu lernen und so Fehlentwicklungen zu korrigieren. Um einen solchen Austausch wird es nun auch bei der Amazonas-Synode gehen.