Bischof Grigorije leitet Serbische Orthodoxe Diözese

"Jetzt ist Zeit für einen Papstbesuch in Serbien"

in Deutschland. Der 51-jährige Grigorije Duric ist seit September 2018 Bischof der Serbischen Orthodoxen Diözese in Deutschland. Nach einer schwierigen Phase in der serbisch-orthodoxen Kirche hat er zur Beruhigung der Lage beigetragen.

Autor/in:
Von Oliver Hinz
Im Innern einer serbisch-orthodoxen Kirche / © Tijana photography (shutterstock)
Im Innern einer serbisch-orthodoxen Kirche / © Tijana photography ( shutterstock )

Katholische Nachrichten-Agentur (KNA): Bischof Grigorije, vor welchen Herausforderungen stehen Sie in Ihrer deutschen Diözese?

Grigorije: Wir stehen vor vielen Herausforderungen. Die wichtigste: Landsleute, die orthodox sind, zu jener Gemeinschaft zu führen, in deren Mittelpunkt die Eucharistie steht. Sie sollen in der Gemeinschaft mit Gott und dem Nächsten leben. Jeder Mensch ist unser Nächster. Ich habe den Eindruck, die orthodoxen Serben in Deutschland brauchen den Katechismus, suchen das Gespräch, verlangen nach einer Predigt, die sie miteinander in christlicher Liebe verbindet. Überall ist das Land des Herrn.

Das Leben in der Kirche hat viele Vorteile. Einer davon ist, dass wir lernen, auf andere zu achten, für sie zu sorgen, bereit zu sein, für andere Opfer zu bringen. Die Serbische Orthodoxe Kirche in Deutschland steht auch vor organisatorischen Herausforderungen. Wir haben alle Gesetze zu beachten, alle Verpflichtungen gegenüber dem Staat zu erfüllen. Wir möchten dazu beitragen, unsere Gemeinschaft erfolgreich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren.

KNA: Bisher predigten die serbischen Geistlichen in Deutschland fast immer in ihrer Landessprache. Bleibt das so?

Grigorije: Wir haben angefangen, Teile der Liturgie auch in Deutsch zu beten: etwa die Lesung aus dem Evangelium oder das Vaterunser. Außerdem feiern wir zum Beispiel in unserer Kathedrale in Düsseldorf jeden Samstag die Liturgie ausschließlich auf Deutsch. Leider verfügen nicht alle unsere Priester über ausreichende Deutschkenntnisse. Das wollen wir ändern. Wir erwarten von unseren Priestern, ständig und fleißig Deutsch zu lernen.

KNA: Im Unterschied etwa zur russischen und griechischen Kirche in Deutschland ist die serbische Diözese keine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Ist da eine gute Lösung in Sicht?

Grigorije: Seit meiner Ankunft in Deutschland tun wir alles Nötige, um so bald wie möglich den Status Körperschaft des öffentlichen Rechts zu bekommen. Ich bin optimistisch, dass dies 2020 gelingt.

KNA: Wie stehen Sie zur Ökumene?

Grigorije: Über die Ökumene habe ich viel geschrieben. Ich habe darüber gesprochen beim Großen, panorthodoxen Konzil auf Kreta in 2016. Stets habe ich mich klar für die Notwendigkeit des ökumenischen Dialogs eingesetzt. Bevor ich nach Deutschland kam, war ich Bischof in Bosnien und Herzegowina. Dort habe ich mit den Vertretern anderer Religionsgemeinschaften eng und vor allem gerne zusammengearbeitet. Am Ende war ich sogar der Vorsitzende des Interreligiösen Rats. Meine Entscheidung für die Ökumene ist konsistent. Ich berufe mich dabei auf die Bibel.

KNA: Sind Sie dafür, dass Papst Franziskus Serbien besucht?

Grigorije: Natürlich soll der Papst Serbien besuchen! Wenn sich Menschen begegnen, ist das grundsätzlich etwas Positives. Ich kann mir zudem kaum eine andere Person vorstellen, die besser geeignet wäre für einen solchen Besuch als Franziskus. Jetzt ist die richtige Zeit dafür.

KNA: Sie haben sich im September 2018 vermutlich eine harmonischere Inthronisierung als serbisch-orthodoxer Bischof von Deutschland gewünscht. Wie ging es Ihnen damit, dass beim Festgottesdienst die Bischöfe der Patriarchate Moskau und Konstantinopel wegen des Streits um die Ukraine nicht gemeinsam konzelebrierten?

Grigorije: Natürlich war ich deswegen traurig. Wenn Christen miteinander nicht klarkommen, quält das immer unser Herz. Es betrübt mich, wenn das Verständnis füreinander so gering ist, dass Christen nicht gemeinsam die Liturgie feiern können; jenen Gottesdienst, bei dem wir Christus feiern, sein Sterben und seine Auferstehung.

KNA: Welche praktischen Folgen hat der Rückzug der russischen Bischöfe aus der Orthodoxen Bischofskonferenz in Deutschland?

Grigorije: Die praktischen Folgen sind offensichtlich: Die Russen nehmen nicht teil an den Sitzungen der OBKD. Wir hören dort nicht mehr ihre Meinung bei wichtigen Fragen. Ich bedauere das. Ich glaube, alle Bischöfe hoffen, dass sich das neu entstandene Problem bald lösen lässt. Es ist wichtig, dass die OBKD im vollen Umfang und zum Nutzen aller orthodoxen Christen in Deutschland funktioniert.

KNA: Wie wahrscheinlich ist ein orthodoxes Schisma?

Grigorije: Viele stellen diese Frage. Trotz der Turbulenzen in der Orthodoxie bin ich für die Zukunft zuversichtlich. Vielleicht ist das der Anfang eines Prozesses, bei dem wir viele Probleme beginnen anzusprechen, die sich lange aufgestaut haben. Und die Probleme dann auch hoffentlich lösen. Wir brauchen einen Dialog. Unsere Tradition soll dabei als Grundlage dienen. Wir müssen um die Einheit ringen, um sie kämpfen. Es geht um jene Einheit, auf die wir Orthodoxen uns so oft berufen.

KNA: Moskau warnt Serbien vor einem Beitritt zur EU. Was halten Sie davon?

Grigorije: Serbien kann viel von der EU lernen. Auch wir brauchen funktionierende Institutionen, ein stabiles Rechtssystem, die Achtung von Presse- und Meinungsfreiheit, die Einhaltung der Menschenrechte. Wir benötigen all die Werte, die letztlich auf das Christentum zurück gehen. Serbien ist ein europäischer Staat. Wir Serben leben in Europa. Schauen Sie: Ich bin kein Politiker. Meine Aufgabe ist es nicht, über den EU-Beitritt zu befinden. Als Mensch und Priester suche ich vertrauensvolle Beziehungen zu allen Menschen, ganz gleich ob sie im Osten leben, im Norden, Süden oder im Westen.

Nur so viel weiß ich: Serbien darf auf Dauer keine isolierte Gesellschaft bleiben. Das hat Serbien nicht verdient. Ganz gleich, wer in Belgrad regiert: Wir sind ein Teil Europas. Das gilt übrigens auch für alle anderen ex-jugoslawischen Gesellschaften. Die Integration Serbiens in die europäischen Strukturen liegt, meine ich, im europäischen Interesse.

 

Quelle:
KNA