"Heute sind wir Christen eine Minderheit", schreibt der Erzbischof in einem am Wochenende verlesenen und am Montag auf der Internetseite des Bistums veröffentlichten Brief an die Katholiken im Land. "Wir leben in einer Welt, die sich fundamental, rasant und zum Teil drastisch verändert, nicht zuletzt durch Pluralismus, Individualisierung und Digitalisierung." Das solle aber nicht verunsichern oder davon abhalten, den Glauben zu leben.
Die Kirche habe an der religiösen, spirituellen und kulturellen Prägung Luxemburgs großen Anteil gehabt und wolle das Land in diesem Sinne auch weiter prägen. Zugleich räumte Hollerich ein, dass es den früheren Einfluss sowie die Macht- und Monopolstellung der Kirche "künftig nicht mehr geben wird". Anstatt dem nachzutrauern, solle die Kirche die "große Liebesgeschichte von Gott zu den Menschen" heute überzeugend weiterschreiben.
Strukturwandel in der Kirche
Die Kirche müsse sich fragen, worauf sie sich konzentrieren wolle, was sie aufzugeben bereit sei, was beizubehalten sich lohne. "Die Kirche ist nicht für sich selbst da", erklärte der Erzbischof. Sie solle vielmehr Fragen der Menschen aufgreifen und ihre Freude und Hoffnung ebenso wie Trauer und Ängste teilen. Auch sehe er eine Chance, bei jungen Menschen anzuknüpfen, von denen viele nach spirituellen Werten suchten.
In den vergangenen Jahren erlebte das Erzbistum einen umfassenden Strukturwandel, bedingt durch die Trennung von Kirche und Staat. Hollerich äußerte sich mit Blick auf das 150-jährige Bestehen des Erzbistums Luxemburg, das im kommenden Jahr unter dem Leitwort "Zusammen Kirche sein" gefeiert wird. Das Motto verdeutliche, dass Kirche auch unter neuen Bedingungen gelingen könne, so Hollerich.
Die Diözese Luxemburg wurde 1870 von Papst Pius IX. gegründet, nachdem bereits 1840 als Vorstufe das Apostolische Vikariat Luxemburg errichtet wurde. 1988 wurde das Bistum zur Erzdiözese aufgewertet. Hollerich (61) steht dem Erzbistum Luxemburg seit 2011 vor. Im März 2018 wurde er zum Präsidenten der EU-Bischofskommission Comece gewählt. Papst Franziskus berief den Jesuiten im September ins Kardinalskollegium.