Institut für Theologische Zoologie feiert 10-jähriges Bestehen

Vorreiter für eine ökologische Spiritualität

Die Einrichtung sucht ihresgleichen: Das Institut für Theologische Zoologie in Münster rückt Gott, Mensch und Natur in den Fokus - auch in einem Eselstall.

Autor/in:
Jonas Mieves
Wald und Natur (Schöpfung) / © Dzmitrock  (shutterstock)
Wald und Natur (Schöpfung) / © Dzmitrock ( shutterstock )

Wer das Haus Mariengrund im Münsteraner Stadtteil Gievenbeck besucht, findet sich in einer Welt fernab des Stadtlebens wieder. Eine Oase mit freiem Blick auf Wald und Wiesen, Idylle pur. Rainer Hagencord führt durch den Gemüse- und Kräutergarten hinter dem Bildungshaus. Er deutet auf einen Stall mit großem Auslauf. "Jesus hätte seine Freude", sagt der Theologe.

Hagencord ist nicht nur katholischer Priester, sondern auch Biologe. Er leitet das Institut für Theologische Zoologie in Münster, das am Sonntag sein zehnjähriges Bestehen feiert. Die Einrichtung an der Philosophisch-Theologischen Hochschule (PTH) der Kapuziner betreibt eine Theologie, welche die ganze Schöpfung Gottes in den Blick nimmt: Mensch, Tier und Natur. Das Tagungs- und Bildungshaus Mariengrund ist seit zweieinhalb Jahren Sitz des Instituts – und bietet ganz praktische Zugänge zum Thema.

Ökologische Spiritualität und Erziehung

Denn zu dem Areal gehört ein Stall, der Heimat für zwei Poitou-Esel bietet. Mit etwa 3.000 verbliebenen Tieren handelt es sich um eine seltene Art. Die Esel stehen beispielhaft für das Projekt von Pfarrer Hagencord, der mit seinem Haus das schwierige Mensch-Tier-Verhältnis thematisiert. Seine Frage lautet: "Wie können wir gemäß dem Appell von Papst Franziskus zu einem nachhaltigen und achtsamen Umgang mit der Umwelt und den Geschöpfen beitragen?"

Hagencord sieht sich in seiner Arbeit durch Franziskus und sein Schreiben "Laudato si" (2015) legitimiert. Zugleich kritisiert er, dass die Enzyklika in der Kirche ignoriert und die ökologische Katastrophe nicht ernstgenommen wird. Dabei rufe der Papst doch zu nichts Geringerem als einem fundamentalen Paradigmenwechsel auf: zu einer ökologischen Spiritualität und Erziehung.

"Ich frage mich, warum wir noch immer dem Anthropozentrismus verhaftet sind", so Hagencord. "Wir reden von einem Gott, der ausschließlich den Menschen liebt, ihn mit einer unsterblichen Seele ausgestattet hat und in den Himmel kommen lässt. Diese Theologie ist für mich hoch fragwürdig, letztlich sogar wissenschaftsfeindlich und blasphemisch." Die Evolutionsgeschichte lehre, dass der Mensch ein Geschöpf wie jedes andere ist. "Wie kann die Theologie das leugnen und den Schöpfer allen Lebens verzwergen?", sagt der Institutsleiter.

Verantwortungsvoller Umgang mit der Umwelt

Der Theologe weiß, dass aus der Bibel oft ein anderes Verständnis hergeleitet wird - etwa aus der Aufforderung Gottes im Buch Genesis: "Bevölkert die Erde, unterwerft sie euch, und herrscht über die Fische des Meeres, über die Vögel des Himmels und über alle Tiere, die sich auf dem Land regen." Doch für Hagencord ist das kein Freibrief für den Menschen, die Erde nach Gutdünken auszunutzen, sondern ein Plädoyer für einen verantwortlichen Umgang mit der Umwelt.

Seit Gründung des Instituts für Theologische Zoologie im Jahr 2009 hat Hagencord dessen Aktivität stets erweitert. So veranstaltete er ein Seminar "Vom Projekt der Theologischen Zoologie" an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, mit der das Institut kooperiert. Im Vorlesungsverzeichnis hieß es dazu provokant: "In unserer Gesellschaft gibt es nur noch zwei Kategorien von Tieren: Die einen verwöhnen wir mit Haustierfutter, und die anderen werden dazu verarbeitet."

"Heilsame Begegnung" mit Natur und Tieren

Wer sich heute für eine größere Würdigung der Tiere stark macht, der betritt nach Darstellung von Hagencord sehr schnell das heikle Feld von industrieller Landwirtschaft, Tierhaltung und den dort vorhandenen Lobbies und Machthabern. "Das Anliegen der theologischen Zoologie stößt Landwirte vor den Kopf", betont Hagencord. Zudem stünden sie unter einem enormen wirtschaftlichen Druck - "und dann kommt noch die Kirche daher, die ihnen in ihre Arbeit reinreden will".

Das Haus Mariengrund mit dem Eselstall, mehreren Bienenstöcken und einem Kräutergarten stellt eine Gegenwelt dar. Dort hat nicht nur die theologische Zoologie Platz. Hagencord bietet an dem Standort auch geistliche Übungen und Workshops an, um für sein Thema zu sensibilisieren. Er ist sich sicher: "Die Begegnung mit Natur und Tieren ist heilsam, weil sie uns hilft, im Hier und Jetzt zu leben."


Rainer Hagencord, Leiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster / © Elisabeth Schomaker (KNA)
Rainer Hagencord, Leiter des Instituts für Theologische Zoologie in Münster / © Elisabeth Schomaker ( KNA )
Quelle:
KNA