Der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, sprach von einem unruhigen Jahr 2019, in dem "Spannungen, Polarisierungen, Unsicherheiten und Ängste" gewachsen seien. "Irgendwie spüren wir, dass eine alte Welt vergeht, aber das, was kommt, wird noch nicht wirklich sichtbar und löst deshalb Sorgen und Ängste aus", sagte der Münchner Erzbischof laut Redemanuskript am Dienstagabend in der Christmette im Liebfrauendom.
Im Zentrum der Sorgen stehe bei vielen das Wohl des Planeten. Die Demonstrationen gerade junger Menschen hätten aufgerüttelt, so Marx. Aber es blieben die Fragen, was zu tun sei und wie es weitergehe. Der Kardinal erklärte, dass in der Menschwerdung Gottes dieser jeden "in den Blick und in die Arme" nehme. Christ sein heiße deshalb, "an diesem Projekt Gottes zur Erlösung der Welt teilzunehmen". Wer diese Botschaft ernst nehme, müsse sich für das Wohl der Menschen und der Umwelt einsetzen und dürfe nicht mehr nur das eigene Ich, die eigene Nation sehen und die eigenen Interessen im Sinn haben.
Liebe in menschlicher Gestalt
Des Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, bezeichnete Weihnachten als ein "Fest der grenzenlosen Hoffnung". Mit der Geburt Jesu habe die Liebe Gottes menschliche Gestalt angenommen. Diese Botschaft lasse selbst Menschen nicht kalt, "die mit Religion eigentlich gar nichts anfangen können", sagte der bayerische Landesbischof. Sie verbinde Menschen ganz unterschiedlicher Kulturen und Nationalitäten, denn Gott sei nicht zuerst Deutscher oder Chinese, Amerikaner oder Afrikaner geworden, "sondern einfach Mensch".
In Bethlehem säumten zahlreiche Besucher den Weg des feierlichen Einzugs des Jerusalemer Patriarchatsleiters Erzbischof Pierbattista Pizzaballa. In der feiernden Menge sehe er Hoffnung, sagte der Italiener bei seinem Weg durch die Altstadt: "Diese Menschen hier stehen zu sehen, ihr Engagement zu sehen, das ist Weihnachten!"
Katholiken aus fast aller Welt
Die Weihnachtsfeiern in Bethlehem werden in diesem Jahr weitgehend ohne die Christen aus dem Gazastreifen stattfinden. Nach Angaben des katholischen Pfarrers von Gaza hatte Israel bis Dienstag lediglich 306 der 950 gestellten Ausreiseanträge von im Gazastreifen lebenden Christen bewilligt. Von den insgesamt 117 Katholiken aus Gaza erhielten zwanzig eine Ausreisegenehmigung.
In Rom leitet Papst Franziskus am Abend die Christmette im Petersdom. Zu der Feier werden Katholiken aus aller Welt und Mitglieder des Diplomatischen Korps erwartet. Gemeinsam mit Franziskus zelebrieren Kardinäle und Bischöfe der römischen Kurie. Am Weihnachtstag selbst spendet der Papst den Segen "Urbi et orbi" von der Mittelloggia des Petersdoms aus. Zuvor hält er seine Weihnachtsansprache, in der er üblicherweise auf Konflikte und Notlagen in der Welt eingeht. Am Donnerstag, dem Zweiten Weihnachtstag, steht ein Mittagsgebet auf dem Petersplatz auf dem päpstlichen Programm.