DOMRADIO.DE: Sie sind seit vielen Jahren Mitglied in der Stadionverbotskommission in Köln. Es geht dabei um das Gespräch zwischen Ultras und anderen aus der Kurve und aus dem Verein. Also, wer sich nicht benimmt, der wird zu Ihnen und Ihren Kollegen gebeten. Um welche Dinge geht es da?
Pfarrer Wolfgang Fey (Mitglied der Stadionverbotskommission des 1. FC und Pfarrer von Sankt Pankratius in Köln-Junkersdorf) : Das können kleine Situationen sein, dass es Streit gab im Block. Das können große Dinge sein wie Pyrotechnik oder Platzsturm.
Alles, was aus der Reihe schlägt und tanzt, sitzt dann irgendwann bei uns. Wir versuchen in einem Gespräch miteinander auszuloten: Was sind die Motive? Was ist da wirklich geschehen? Wie weit ist derjenige einsichtig? War er schonmal da oder ist er zum ersten Mal im Gespräch? Das versuchen wir zunächst einmal zu klären.
DOMRADIO.DE: Sie machen diese Tätigkeit seit gut sieben Jahren. Können Sie eine Veränderung ausmachen? Nehmen Beleidigungen und Schmähungen im Stadion zu?
Fey: Ja, sie nehmen tatsächlich zu, in der Weise, wie wir sie jetzt erlebt haben. Es gibt die große Angst: Der Fußball wird manipuliert, wird durch Geld sozusagen in den Griff genommen und die Freiheit des Vereins beschränkt. Dagegen geht man vor. Sowas sucht sich natürlich auch immer Symbole oder fokussiert sich dann auf eine Person wie bei Dietmar Hopp.
DOMRADIO.DE: Kommt das auch immer darauf an, wie der Verein gerade spielt? Je nach Spielstand sinkt die Frustrationstoleranz?
Fey: Die Frustration ist immer auch ein Stück damit verbunden, wo wir stehen und wie wir spielen. Und: Natürlich hat sich die Szene auch verändert. Der klassische Hooligan, den vielleicht viele jetzt vor Augen haben, verschwindet langsam. Dafür wird die Szene durchlässiger, verändert sich, wird auch lauter, macht mehr auf sich aufmerksam und polemisiert auch mehr.
DOMRADIO.DE: Rassistische Äußerungen - etwa als Reaktion auf farbige Spieler - gibt es ja schon lange und auch einen eigentlich vorhandenen Drei-Stufenplan des DFB. Wieso greift man jetzt bei diesen Hopp-Beleidigungen so hart durch und sonst nicht so?
Fey: Weil da, denke ich, eine Grenze überschritten ist: Wenn es persönlich wird, wenn Namen genannt werden, Personen herausgegriffen werden, wenn das familiäre Umfeld plakatiert und damit ein Stück ans Licht gezerrt und bedroht wird, dann ist einfach eine Linie überschritten. Das ist etwas, was man dann auch eindämmen muss. Das darf nicht sein, das soll nicht sein.
DOMRADIO.DE: Aber wo beginnt das genau, dass man wirklich massiv eingreifen muss?
Fey: Ich denke genau da, wo es persönlich wird, wo man auch einzelne Spieler beleidigt, wo man sich etwa über die Absperrung hängt und einen Torwart übelst beschimpft. Dann ist die Grenze überschritten.
Das darf nie in die Würde eingreifen. Natürlich hat der Fußball ein anderes Sprachniveau. Das gehört zum Fußball dazu und ist auch derbe. Aber wenn das tatsächlich in die Würdelosigkeit geht, ist wirklich kein Toleranzpunkt mehr möglich.
DOMRADIO.DE: Jetzt wird ja viel über die Kollektivstrafe diskutiert. Also, wenn fünf Leute in einem Block solche verletzenden Plakate raushängen, ob man dann sagt: Alle Fans aus der Ecke dürfen nicht mehr kommen. Wie sehen Sie das?
Fey: Das ist natürlich auch ein bisschen Druck auf die Vereine. Denn sie sollen sich ja darum kümmern, dass in ihrem Stadion und auch mit ihren Fans im Auswärtsspiel ein Spiel stattfinden kann, ohne dass jemand in dieser Weise ans Licht gezerrt wird.
Mein Eindruck ist, dass immer der latente Verdacht besteht, dass die Vereine mit den eigenen Fans etwas väterlich-gutmütiger umgehen als mit anderen. Deshalb ist so eine Kollektivstrafe natürlich auch ein Droh- und Druckmittel auf die Vereine. Um zu sagen: Passt auf, wenn ihr eure Leute nicht im Griff habt, hat das für euch auch Konsequenzen.
DOMRADIO.DE: Und darum sitzen die, die man nicht im Griff hat, dann bei Ihnen.
Fey: Darum sitzen sie bei uns im Gespräch, und gelegentlich gibt es auch Bekehrungen.
Das Interview führte Uta Vorbrodt.