Ethikrat-Mitglied: Fußballdebatte zeigt geschickte Lobbyarbeit

"Für die Gesamtbevölkerung nicht sonderlich relevant"

Steffen Augsberg, Mitglied des Deutschen Ethikrats, hält die Debatte um die Fortführung der Bundesliga für übertrieben. Der Fußball werde in Deutschland "sehr gehätschelt". Andere Bereiche seien stärker von der Corona-Krise betroffen.

Ist die Debatte um die Wiederaufnahme der Bundesliga übertrieben? / © A_Lesik (shutterstock)
Ist die Debatte um die Wiederaufnahme der Bundesliga übertrieben? / © A_Lesik ( shutterstock )

Im Deutschen Ethikrat gibt es Skepsis hinsichtlich einer schnellen Wiederaufnahme der Fußballbundesliga. "Mich wundert, dass wir auf die Bundesliga-Debatte so viel Energie verwenden. Sie ist ein Beispiel für geschicktes Lobbying.

Geisterspiele gaukeln nicht einmal Normalität vor, sondern verdeutlichen vor allem, wie unnormal die Zustände sind", sagte Ethikrat-Mitglied Steffen Augsberg im Interview mit der "Neuen Osnabrücker Zeitung". "So gern wir ihn haben: Der Fußball wird an dieser Stelle doch sehr gehätschelt."  

Andere Teile der Bevölkerung stärker betroffen

Für die Gesamtbevölkerung sei es nicht sonderlich relevant, ob Bundesligaspiele stattfinden oder nicht, sagte der Rechtsprofessor und betonte: "Selbst wenn man alle Jobs miteinbezieht, die an der Branche hängen, hat der Fußball doch eine überschaubare wirtschaftliche Bedeutung.

Andere Teile der Bevölkerung sind viel erheblicher und existenzieller von der Corona-Krise betroffen. Es wäre wohl sinnvoller, darauf hinzuarbeiten, dass Kinder wieder gemeinsam draußen spielen können und etwa die Gastronomiebranche schnellstmöglich wieder in die Gänge kommt." 

Regional unterschiedlich

In der aktuellen Debatte um Lockerungen in der Corona-Krise zeigt Augsberg, der als Mitglied im Ethikrat auch die Bundesregierung berät, Verständnis für regionale Sonderwege. "Ständig auf bundesweit einheitliche Vorgaben zu drängen halte ich für wenig plausibel.

Die föderale Option beinhaltet doch gerade, dass wir regionale sozioökonomische Gegebenheiten, unterschiedliche Infektionszahlen etc. berücksichtigen können", sagte Augsberg. "Warum sollen auf dem Land in Mecklenburg-Vorpommern die Schulen nicht früher öffnen können als in Hamburg, wo die Infektionsbelastung eine ganz andere ist"?


Quelle:
KNA