Johannes-Wilhelm Rörig halte die geplante Strafverschärfung von Justizministerin Christine Lambrecht (SPD) zwar für richtig, vor allem sei sie "wichtiges Signal für Betroffene", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Montag). Aber allein "mit Strafverschärfung verhindern wir Missbrauch nicht", betonte Rörig. Die Debatte jetzt zu beenden, wäre ein "Riesenfehler".
"Täter wissen, welche Strafen drohen"
Der schnelle Ruf nach schärferen Gesetzen sei nach dem Missbrauchsfall in Münster "der typische politische Reflex", sagte Rörig. "Wir gewinnen den Kampf gegen sexuelle Gewalt an Kindern aber nicht allein durch höhere Strafandrohungen." Die hielten keinen "Sexualstraftäter, der Kinder vergewaltigt, foltert und dabei filmt", ab. Die Täter wüssten, welche hohen Strafen ihnen drohen, wenn sie erwischt würden. "Dann kriegen sie - wie die Täter in Staufen - Haftstrafen von zwölf Jahren oder wie in Lügde 13 Jahre. Plus Sicherungsverwahrung kommen die nie mehr raus", sagte der Missbrauchsbeauftragte.
"Politischer Wille noch zu schwach"
Viel entscheidender sei, dass Entdeckungsrisiko für Missbrauchstäter zu erhöhen. Diese erreiche man wie in NRW durch verbesserte Aufklärungs- und Präventionsarbeit und bessere polizeiliche Ermittlungsmöglichkeiten. Zentral sei auch eine enge Zusammenarbeit aller Behörden, die dem Kindeswohl dienen, insbesondere zwischen den Jugendämtern und den Familiengerichten.
Rörig kritisierte Parteien und Ministerpräsidenten im Kampf gegen sexuellen Missbrauch bei Kindern und Jugendlichen. "Der politische Wille, sexuelle Gewalt gegen Kinder zu bekämpfen, ist bisher viel zu schwach!", sagte er im Interview.
Jeder Ministerpräsident soll oberster Kinderschützer sein
Er forderte jeden Ministerpräsidenten auf, "sich selbst zum obersten Kinderschützer ihres Landes" zu erklären. Alle Bundesländer sollen zudem einen Landes-Missbrauchsbeauftragten im Range eines Staatsrats ernennen und einen "ressortübergreifenden Masterplan" zur Bekämpfung von sexueller Gewalt gegen Kinder erstellen und umsetzen.
In einem Brief an alle Parteien forderte demnach der Missbrauchsbeauftragte, das Thema Missbrauch stark in ihren künftigen Wahlprogrammen zu verankern. Auf seinen Brief hätten sich nur CDU, SPD und die FDP kurz gemeldet, CSU, Linke und Grüne hätten nicht reagiert.