DOMRADIO.DE: Warum glauben Sie, dass so eine Trauerstunde sinnvoll ist?
Dr. Antonius Hamers (Leiter des katholischen Büros NRW): Insbesondere aus zwei Aspekten: Einmal geht es darum, den Hinterbliebenen die Möglichkeit zu eröffnen, noch einmal gemeinsam zu trauern. Viele mussten ja in sehr kleinem Kreis Abschied nehmen von ihren Lieben. Ich glaube, dass es gut sein kann, jetzt noch einmal in einer größeren Runde Abschied zu nehmen und dem Ganzen einen größeren Rahmen zu geben.
Das Zweite ist, weil ich es für sinnvoll erachte, dass eine Gesellschaft auch innehält. Der Tod lädt dazu ein, innezuhalten und nachzudenken und sich vielleicht auch noch einmal der Gefahr bewusst zu werden, die diese derzeitige Situation vor allem in den früheren Wochen und Monaten beinhaltet hat.
DOMRADIO.DE: Wir stecken noch immer mittendrin in der Corona-Pandemie. Wann wäre in Ihren Augen ein guter Zeitpunkt für so eine Trauerstunde?
Hamers: In der katholischen Kirche und auch in der evangelischen Kirche ist der November normalerweise der Monat des Totengedenkens. Aber nicht nur in den beiden Kirchen, sondern auch darüber hinaus. Wir beginnen mit dem Allerseelentag, dann gibt es den Ewigkeitssonntag in der evangelischen Kirche, und es gibt zum Beispiel auch den Volkstrauertag.
Ich glaube, dass der November grundsätzlich ein guter Zeitpunkt wäre. Es ist teilweise angefragt worden, warum jetzt überhaupt noch nach einer so langen Zeit, nachdem viele schon die Beerdigung hinter sich haben, so eine Trauerfeier veranstaltet werden soll. Was bringt das jetzt noch? Da finde ich, dass es mal ganz gut ist, darauf hinzuweisen, dass es Trauerprozesse gibt. Im Trauerprozess selber ist es immer wieder wichtig, sich auch noch mal wieder zu erinnern und innezuhalten.
Wir haben in der katholischen Kirche ja zum Beispiel die Tradition der Sechswochenämter oder auch der Jahresämter. Da wird ganz bewusst angesichts der Trauerphasen, in der Menschen sich befinden, noch mal nach einer gewissen Zeit innegehalten, des Toten gedacht und sich gegenseitig getröstet.
DOMRADIO.DE: Bietet sich die katholische Kirche als Partnerin für eine solche Gedenkveranstaltung an?
Hamers: Wenn es um solche Riten geht, ist es immer wichtig, auch religiöse Gemeinschaften und uns als Kirche mit einzubeziehen, weil wir ja über eine gewisse Kompetenz verfügen. Gerade wenn es um den Bereich des Abschiednehmens, des Beerdigens, des Sterbens geht, glaube ich, dass wir als Kirche viel Wissen und viel Erfahrung angesammelt haben im Laufe der Jahrhunderte. Insofern glaube ich, dass wir auch in diesem Zusammenhang ein guter Partner wären.
DOMRADIO.DE: Was könnte denn ein guter Ort für eine solche Veranstaltung sein? Der Kölner Dom vielleicht?
Hamers: Der Kölner Dom war ja sozusagen die Pfarrkirche der alten Bundesrepublik. Aber jetzt, wo die politische Spitze in Berlin ist, wird wahrscheinlich eine solche Gedenkveranstaltung eher in Berlin sein. In Berlin gibt es auch große Kirchen. Dann allerdings der Berliner Dom als evangelische Kirche. Aber wahrscheinlich wird es so sein, dass man unter den Bedingungen, unter denen eine solche Gedenkveranstaltung stattfinden könnte, im Zweifelsfall nach draußen gehen müsste.
Da muss man dann gucken, ob man im Außenbereich einen geeigneten Ort findet. Ganz eindrucksvolle Bilder gab es aus Spanien. Die Spanier haben ja ein solches Totengedenken gemacht. Da war es draußen.
DOMRADIO.DE: Sie haben jetzt die Corona-Sicherheitsvorkehrungen schon angesprochen. Was bedeutet das für die Angehörigen, wenn die wieder so eine wichtige Rolle spielen?
Hamers: Das ist natürlich insofern schwierig, als dass angesichts der vielen Toten nicht alle eingeladen werden können. Das wird wahrscheinlich schwierig.
Ich glaube aber, dass es nichtsdestotrotz möglich sein muss, möglichst vielen Hinterbliebenen die Möglichkeit zu geben, daran teilzunehmen. Dann muss man gucken, in welchen großen Räumlichkeiten – in einem Stadion, oder wo auch immer – man den Menschen die Möglichkeit eröffnet, daran teilzunehmen.
Das Interview führte Hilde Regeniter.