Protestierende Frauen gehören seit zwei Jahren zum inoffiziellen Beiprogramm aller Bischofstreffen in Deutschland. So wie schon etwas länger die Missbrauchsopfer und ihre Interessengruppen und seit über 20 Jahren die Radikal-Reformer von "Wir sind Kirche".
Doch etwas unterscheidet die lautstark für "Geschlechtergerechtigkeit in der Kirche" eintretenden Frauen von den anderen Protestgruppen.
Bischöfe suchen das Gespräch
Selten treten sie als kleine Grüppchen auf, selbst in Corona-Zeiten sind es immer Demonstrationen von sicht- und hörbarer Größe - wenn auch keine Menschenmassen. Und oft versuchen Bischöfe, mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Nicht alle tun das, einige ziehen grußlos vorbei.
Aber manche suchen den Austausch - auch weil sie fürchten, dass ihnen ein Teil der treusten Anhänger der Kirche verloren gehen könnten.
Dieser Austausch hält an, obwohl die Forderungen einiger Sprecherinnen inzwischen weit über das hinausgehen, was kurz- und mittelfristig in der römisch-katholischen Kirche realisierbar ist.
Der Zugang von Frauen zu allen kirchlichen Weiheämtern und der Abschied von der bisherigen Sexualmoral gehören zu den unverhandelbaren Forderungen von Maria 2.0., wie den Vertreterinnen am Ende der Herbstvollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz betonten. Wenn dieses "Gelobte Land der Geschlechtergerechtigkeit und Freiheit von Bevormundung durch Kleriker" nicht bald erreicht werde, komme ein anderer, schweigender Exodus. Denn dann würden viele Frauen die katholische Kirche verlassen.
Bode und Gerber hören geduldig zu
Der stellvertretende Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Franz-Josef Bode, der Fuldaer Ortsbischof Michael Gerber und der Münchner Weihbischof Wolfgang Bischof hörten sich diese Forderungen und Drohungen geduldig an. Dann sprach Bode, der bei den Aktivistinnen offenbar Vertrauen genießt, weil er zu den Bischöfen gehört, die öffentlich Veränderungen fordern.
Bode versichert den Frauen, dass es voran gehe, warb aber um Geduld. Auch der Weg der Israeliten ins Gelobte Land "war lang und mühsam", gab er zu bedenken. Hinzu komme, dass wegen der Corona-Pandemie alle Debatten derzeit erschwert sind, auch im Synodalen Weg. Dort aber gebe es weiterhin "starken Rückenwind" für die Forderung nach Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche, sagte er unter dem Applaus der Menge.
Da die großen katholischen Frauenverbände KFD und KDFB mit vielen Forderungen von Maria 2.0 übereinstimmen und mit ihnen gemeinsam protestieren, ahnen die Bischöfe, dass sie es nicht mehr mit einer unbedeutenden Randgruppe zu tun haben, sondern mit einer kritischen Masse, die Kirchenpolitik beeinflussen kann. Dies wurde auch in Fulda deutlich, wo Rednerinnen von Maria 2.0 und der KFD gemeinsam auftraten - wenn auch unterschiedlich radikal.
Wie sich die KFD-Frauen heute verstehen, kam vergangene Woche zum Ausdruck, als die traditionsreiche Zeitschrift des größten kirchlichen Frauenverbandes auf Beschluss seiner Bundesversammlung umbenannt wurde. Statt "Frau und Mutter" heißt das Blatt nun "Junia" - und dieser Name ist Programm.
Denn Junia war die einzige im Neuen Testament namentlich erwähnte Apostelin. Mit der exotisch anmutenden Namensgebung manifestieren die KFD-Frauen ihre neue Ausrichtung: Ihr Anspruch ist die Durchsetzung der schon in der Bibel begründeten Gleichberechtigung der Frauen in der Kirche, und das letztlich bis hin zum Bischofsamt, das nach katholischer Lehre als Nachfolgeamt der Apostel in der Urkirche gilt.
Das einzige, was die reformwillige Mehrheit der deutschen Bischöfe derzeit realistisch in Aussicht stellen könne, ist ein Schritt in Richtung auf ein weibliches Diakonat. Dessen historische Grundlagen zu klären, hat Papst Franziskus bereits zweimal bei Experten in Auftrag gegeben. Es ist - anders als die Unmöglichkeit der Zulassung von Frauen zum Priesteramt - bislang von den Päpsten nicht lehramtlich als endgültig entschiedene Frage definiert worden. Wohl aus dem Grund wird auch der Bischofskonferenz-Vorsitzende Georg Bätzing nicht müde, für diesen Reform-Schritt zu werben.