Zahlungen für Missbrauchsopfer ab dem kommenden Jahr

Bischöfe einigen sich auf einheitliches Verfahren

Bei ihrer Herbstvollversammlung der Bischofskonferenz war das Thema Missbrauch eines der wichtigsten. Die Bischöfe einigten sich in Fulda darauf, dass die Zahlungen an die Opfer im kommenden Jahr beginnen sollen.

Autor/in:
Birgit Wilke
Bischof Georg Bätzing / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Georg Bätzing / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Die Bischöfe sind bei ihrer Herbstvollversammlung in Fulda mit Blick auf die Zahlungen für Missbrauchsopfer einen großen Schritt vorangekommen und haben sich bei vielen bislang noch offenen Fragen einigen können. Mehr als zehn Jahre nach Bekanntwerden des Missbrauchsskandals und zwei Jahre nach Veröffentlichung einer großen Studie (MHG-Studie) soll das System für die Zahlungen bis Jahresende stehen. Betroffene können demnach ab Januar Anträge stellen und Anerkennungsleistungen je nach Schwere des Missbrauchs von bis zu 50.000 Euro erhalten.

Bislang erhalten die Opfer von sexuellem Missbrauch eine Anerkennungszahlung von durchschnittlich 5.000 Euro. Ein Vorschlag, den eine unabhängige Arbeitsgruppe im vergangenen Jahr präsentierte und nach dem Betroffene sechsstellige Summen von bis zu 400.000 Euro erhalten sollten, war schnell vom Tisch.

Orientierung am Zivilrecht

Es hagelte Kritik daran - nicht nur aus den eigenen Reihen: Damit werde das bisherige System von Entschädigungszahlungen auch für andere Opfer völlig gesprengt, hieß es etwa. Auch die evangelische Kirche zeigte sich angesichts der genannten Summe irritiert.

Im Frühjahr einigten sich die Bischöfe schließlich auf ein anderes Modell. Danach wollen sich die Bischöfe an der zivilrechtlichen Schmerzensgeld-Tabelle orientieren und Anerkennungssummen zwischen 5.000 und 50.000 Euro pro Fall zahlen. Eine unabhängige Kommission aus Juristen, Psychologen und Medizinern soll die Schwere jedes Falls prüfen.

Nun wurde das Vorgehen konkreter: Wie der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, erklärte, soll eine Gruppe, zu der auch Betroffene gehören sollen, das Gremium zusammenstellen, das dann über die Auszahlungen entscheidet. Es gebe dann eine Plausibilitätsprüfung, so Bätzing.

Wichtig sei ihm, dass es in allen 27 Diözesen einen einheitlichen Leistungsrahmen geben solle. Dabei werde auch berücksichtigt, wenn Bistümer mit Betroffenen bereits eine Einigung erzielt hätten. Bätzing: "Alle Betroffenen von sexuellem Missbrauch sollen Zugang zu einheitlichen, unabhängig gesteuerten und transparenten Lösungen erhalten."

Die verantwortlichen Gremien jeder Diözese müssten entscheiden, woher die Mittel für die Zahlungen kommen. Auch die Orden sollten beteiligt werden, denn es habe eine "nicht unwesentliche Zahl von Missbrauchsfällen" im Rahmen von Ordensgemeinschaften gegeben.

Weiter kündigte der Limburger Bischof an, dass es einen Betroffenenrat geben solle. Zwölf Personen seien bereits von einem mehrheitlich nicht kirchlichem Gremium ausgewählt worden. Die Konstituierung ist demnach bereits für November geplant.

Bätzing: Auch geistlicher Missbrauch im Blick

Zudem hätten die Bischöfe den Begriff des sexuellen Missbrauchs "deutlich ausgeweitet". Die Bischöfe nähmen auch geistlichen Missbrauch in den Blick. Eine Veranstaltung dazu ist bereits am 12. und 13. November in Zusammenarbeit mit der Katholischen Akademie des Bistums Dresden-Meißen in Leipzig geplant. Titel "Gefährliche Seelenführer".

Zum Thema strukturelle Aufarbeitung nahm Bätzing ebenfalls Stellung. Er erinnerte daran, dass im Frühjahr mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Rörig, eine entsprechende Vereinbarung getroffen worden. Teilweise sei damit in einzelnen Bistümern schon begonnen worden. Bätzing antwortete bei der Abschluss-Pressekonferenz auch auf die Frage, warum bislang mit Blick auf Missbrauch kein Bischof zurückgetreten sei. "Darauf gibt es keine generelle Antwort, das muss der einzelne Bischof für sich einschätzen", so Bätzing. Zu dem Akt des Rücktritts gehöre es aber auch, dass es nachweisbare Fehler gebe, die mit dem amtlichen Auftrag nicht vereinbar seien.

Deutsche Bischofskonferenz

Die Deutsche Bischofskonferenz ist der Zusammenschluss der katholischen Bischöfe in Deutschland. Sie leiten als Ortsbischöfe eines der 27 Bistümer oder unterstützen als Weihbischöfe. Insgesamt gehören ihr derzeit (September 24) 61 Mitglieder an.

Ebenfalls zur Konferenz gehören - auch wenn sie nicht Bischöfe sind - Diözesanadministratoren, die ein Bistum nach Rücktritt oder Tod eines Ortsbischofs übergangsweise verwalten.

Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo der Deutschen Bischofskonferenz auf einem Schild neben dem Eingang zum Sekretariat der DBK / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA