Die Laudatio bei der im ARD-Fernsehen übertragenen Feier in der Paulskirche wollte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier halten. Seine Rede wurde von dem Schauspieler Burghart Klaußner verlesen, da sich das Staatsoberhaupt wegen der Corona-Infektion eines seiner Personenschützer am Samstag in Quarantäne begeben musste. Der Preisträger war zu der Veranstaltung, die wegen der Corona-Pandemie weitgehend ohne Publikum ablief, per Video zugeschaltet.
In seiner Rede hob der Bundespräsident hervor, Amartya Sen sei "wie kein anderer verbunden mit der Idee der globalen Gerechtigkeit". Er sei zwar "durch und durch Akademiker", aber sein Werk bleibe nicht akademisch. Er wolle verstanden werden, und er wolle die Welt nicht nur begreifen, er wolle sie verändern. "Amartya Sen hat sie verändert!, lobte Steinmeier. "Amartya Sen schreibt an gegen die Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten dieser Welt."
Der Verantwortung stellen
Unter Berufung auf Sen forderte Steinmeier "Regeln für die Globalisierung". Wenn diese sich als ungerecht erwiesen, "müssen wir dann nicht die Regeln ändern?", fragte der Bundespräsident. Die Demokratie müsse auf solche Fragen Antworten finden. Dazu zähle auch der Kampf gegen Diskriminierung und die "lebensbedrohliche Klimakrise".
Die Demokratie sei zugleich die bestmögliche Staatsform, die erforderlichen Entscheidungen herbeizuführen und gegebenenfalls zu korrigieren. "Stellen wir uns dieser Verantwortung!", verlangte der Bundespräsident.
Über Preis und Preisträger
Amartya Sen wurde 1933 in der indischen Region Westbengalen geboren. Er forscht seit Jahrzehnten an weltweit führenden Hochschulen über die Folgen der Globalisierung und die Ursachen von Armut und Hunger. Seine Überlegungen liegen dem von den Vereinten Nationen verwendeten Index der menschlichen Entwicklung (Human Development Index) zugrunde. Für seine Theorien zur Wohlfahrtsökonomik in Entwicklungsländern erhielt er 1998 den Wirtschaftsnobelpreis.
Die Verleihung des Friedenspreises findet traditionell zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse statt. Die Auszeichnung wird seit 1950 vergeben und ist mit 25.000 Euro dotiert. Sie soll laut Statut eine Persönlichkeit auszeichnen, "die in hervorragendem Maße vornehmlich durch ihre Tätigkeit auf den Gebieten der Literatur, Wissenschaft und Kunst zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat". Zu den Trägern des Preises gehören der DDR-Bürgerrechtler Friedrich Schorlemmer, der Schriftsteller Martin Walser und der Philosoph Jürgen Habermas. Im vergangenen Jahr erhielt der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado den Preis.