DOMRADIO.DE: Am Wochenende haben zahlreiche Expertinnen und Experten der Caritas im Erzbistum Köln darüber beraten, wie man mit den Folgen der Corona-Pandemie für die Geflüchteten bei der Jobsuche umgehen kann. Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf die Integration am Arbeitsmarkt?
Johanna Schneider (Diözesan-Caritasverband für das Erzbistum Köln e. V. und Leiterin des Projektes "Neue Nachbarn – auch am Arbeitsplatz"): Sie sind besonders betroffen von den Folgen der Pandemie, so wie alle anderen Menschen, die im Niedriglohnsektor arbeiten. In diesem Bereich sieht es düster aus. Das war ein zentrales Thema bei unserem Fachtag und wir haben uns gefragt, wie wir langfristig die Integration in höher qualifizierte Jobs für Geflüchtete möglich machen können.
DOMRADIO.DE: Sie leiten das Projekt "Neue Nachbarn - auch am Arbeitsplatz" hier im Erzbistum Köln. Dabei geht es im Kern um Job-Patenschaften, wo Ehrenamtler Geflüchteten beim Einstieg in die neue Arbeit helfen. Wie klappt das bisher?
Schneider: Das klappt sehr gut und da sind wir sehr dankbar, dass wir auf das große Engagement der Ehrenamtlichen im Erzbistum Köln vertrauen können: Wir haben seit 2016 450 Job-Patenschaften im Erzbistum Köln, davon sind 34 so genannte "Peer-Job-Patenschaften", bei denen besonders Aspekte wie Alter, Geschlecht und Lebenssituation berücksichtigt werden. Und elf davon sind für geflüchtete Frauen, die wir seit 2019 besonders in den Fokus nehmen.
DOMRADIO.DE: Tatsächlich gelingt es immer mehr Geflüchteten, einen regulären Job zu finden, ein Praktikum oder eine Ausbildung und rund ein Viertel aller Unternehmen stellt auch mittlerweile Geflüchtete ein. Das geht aus aktuellen Studien hervor. Nur Frauen sind da unterrepräsentiert – warum?
Schneider: Das ist ein vielschichtiges Problem, das man nicht in wenigen Sätzen erklären kann, aber Frau Dr. Katrin Menke vom Institut für Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen hat das bei unserem Fachtag gut auf den Punkt gebracht: 49 Prozent der Geflüchteten, die seit 2013 nach Deutschland gekommen sind, gehen fünf Jahre nach dem Zuzug einer Erwerbstätigkeit nach und wir wissen auch: je länger sie hier sind, desto wahrscheinlicher kommen sie in Arbeit.
Aber der "klassische" Geflüchtete auf dem Arbeitsmarkt ist eben ein Mann, jung, ohne Partner, ohne Kinder, hat einen anerkannten Asylstatus, er ist gesund und verfügt über gute Sprachkenntnisse und eine berufliche Qualifikation aus seinem Herkunftsland.
Der "Gender-Gap" beträgt hier 20 Prozent und der Grund ist, dass Frauen eine geringere Teilhabe an Bildungsangeboten und Erwerbsarbeit haben. Zwei Drittel der Frauen, die zu uns kommen haben Kinder. Insbesondere die mit kleinen Kindern haben Probleme bei der Arbeitsmarktintegration. Die Verpflichtung zur "Sorge-Arbeit", bleibt ähnlich wie bei deutschen Frauen auch eher an den eingewanderten Frauen als an den Männern hängen.
DOMRADIO.DE: Was wollen Sie dagegen tun?
Schneider: Wir wollen bei dem Projekt "Neue Nachbarn - auch am Arbeitsplatz" vor allem die Patenschaften zwischen Frauen fördern. Das haben wir jetzt schon seit 2019 getan, aber es ist schwierig, die Zielgruppe zu erreichen, weil Frauen oft isoliert leben, nicht in die Beratungsstellen der Caritas und zu den Fachverbänden kommen.
Im Mentorinnen-Programm unterstützen Frauen andere Frauen beim Neu- oder Wiedereinstieg in Arbeit. Es wird vermittelt, wie man Familie und Arbeit vereint.
DOMRADIO.DE: Und wie wollen Sie in den kommenden Monaten mit den Folgen der Corona-Pandemie umgehen?
Schneider: Wir sind auf Corona so eingestellt, dass wir online Job-Tandems initiiert haben, indem wir auf Telefon und andere digitale Optionen umschwenken, damit die Beratung und die Patenschaften auch in der Zeit der Pandemie gut weitergehen können.
Das Interview führte Hilde Regeniter