DOMRADIO.DE: Wie ist die Corona-Lage bei Ihnen aktuell? Schweden ist ja da immer einen Sonderweg gegangen.
Anders Kardinal Arborelius (Bischof von Stockholm): Das ist wahr. Jetzt gibt es schon wieder viele Fälle, besonders in den größeren Städten und in den ärmeren Teilen der Hauptstadt, wo viele Einwanderer leben. Wir hatten ziemlich viele Todesfälle in diesen Gruppen.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet diese Krise in diesem Jahr für Ihre Arbeit als Bischof in der kleinen katholischen Gemeinschaft in Schweden?
Arborelius: Die größte Schwierigkeit ist, dass ich nicht so viel die Gemeinden besuchen kann, wie früher – zum Beispiel für Firmungen. In den Frühlingsmonaten konnte ich gar nicht reisen. Jetzt habe ich einige Gemeinden besuchen können für Firmungen und ich konnte auch einige Kirchen einweihen, weil wir die Möglichkeit hatten, Kirchen zu erwerben von den protestantischen Gemeinden.
DOMRADIO.DE: Wie haben Sie denn diese Zeit überbrückt, wo sie eben nicht in die Kirchen gehen konnten und zu den Menschen?
Arborelius: Man versucht ja via E-Mail und Telefon, den Kontakt aufrecht zu erhalten. Wir hatten auch einige Begegnungen mit Zoom. Natürlich hat man dann auch viel Zeit, um zu schreiben. Ich versuche jeden Sonntag eine Predigt für das Internet zu schreiben. Also man muss versuchen, neue Wege zu finden, aber es ist nicht immer so einfach.
DOMRADIO.DE: "Werde Hoffnungsträger!", das ist die diesjährige Diaspora-Aktion des Bonifatiuswerks. Was macht Ihnen persönlich Hoffnung in diesen schweren Zeiten in diesem Jahr?
Arborelius: Also ich sehe, dass viele Menschen ihren Glauben mehr schätzen. Wir sehen, dass es mehr Interesse gibt, auch in der Öffentlichkeit für die Kirchen und ihre Arbeit. Es scheint, dass es für einige eine Möglichkeit ist, um den Glauben zu verstärken.
Aber man sieht natürlich auch, dass andere Menschen nicht mehr zur Kirche kommen können. Und vielleicht werden sie sich daran gewöhnen, nicht mehr zur Kirche zu kommen. Die Menschen reagieren immer sehr verschieden. Aber ich sehe, dass sich bei einer großen Gruppe auch der Glauben verstärkt. Zudem haben viele Menschen entdeckt, dass man auch zu Hause eine Hauskirche haben kann, alleine oder in der Familie.
DOMRADIO.DE: Woran machen Sie das konkret fest, dass viele Menschen jetzt gerade ihren Glauben verstärken?
Arborelius: Wir hatten hier zum Beispiel die Möglichkeit, ökumenische Exerzitien über das Internet zu verbreiten. Wir waren erstaunt, dass so viele Menschen sich dafür interessieren. Wir sehen auch, dass die Behörden offener sind für die Glaubensgemeinschaften.
Man merkt überall, dass die Leute ein bisschen offener sind für die großen Lebensfragen nach Leben und Tod – auch im Blick auf die ethischen Herausforderungen, zum Beispiel im Zusammenhang mit der Krankheit und mit alten Leuten. Es gibt also viele Zeichen, aber man sieht natürlich auch, dass andere umgekehrt reagieren. Es ist ja so in einer Krise: Sowohl das Beste als auch das Schlimmste bei den Menschen kommt zum Vorschein.
DOMRADIO.DE: Was meinen Sie, wie wichtig ist gerade jetzt die Solidarität der deutschen Katholiken mit ihren Glaubensgeschwistern in Diaspora-Situationen?
Arborelius: Ja, also wir sind ja immer noch sehr dankbar für alle Hilfe, für alle Gebetshilfe, für alle persönliche und finanzielle Hilfe für unsere Kirchen in Nordeuropa. Unsere Kirchen sind ja wachsende Kirchen und das bringt große Aufgaben mit sich, zum Beispiel neue Kirchen, neue Klöster und so weiter.
Wir fühlen, dass man in der Kirche in Deutschland sehr offen ist und sich sehr für uns interessiert. Wir haben ja auch Praktikanten, die hier großartige Leistungen für uns tun, in verschiedenen Feldern.
Das Interview führte Carsten Döpp.