Nach McCarrick-Bericht: Papst bekräftigt Kampf gegen Missbrauch

"Schmerzlicher Fall"

Einen Tag nach Veröffentlichung des Vatikan-Berichts über moralische Verfehlungen von Ex-Kardinal McCarrick und die Rolle des Vatikans hat Papst Franziskus den Willen zum Kampf gegen Missbrauch bekräftigt. Die Reaktionen fallen unterschiedlich aus.

Autor/in:
Roland Juchem
Papst Franziskus während der wöchentlichen Videobotschaft aus dem Vatikan am 11. November 2020 / © Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus während der wöchentlichen Videobotschaft aus dem Vatikan am 11. November 2020 / © Romano Siciliani ( KNA )

"Ich erneuere meine Nähe zu den Opfern jeden Missbrauchs und den Einsatz der Kirche, um dieses Übel auszurotten", sagte er am Mittwoch in seiner wöchentlichen Videobotschaft aus dem Vatikan. In Bezug auf McCarrick sprach er von einem "schmerzlichen Fall".

Katholische Bischöfe in den USA: "Weiteres tragisches Kapitel"

Die katholischen Bischöfe in den USA reagierten schockiert und verärgert auf die Veröffentlichung des Untersuchungsberichts. Dieser zeige dringlich "die Notwendigkeit, Buße zu tun", erklärte der Vorsitzende der US-Bischofskonferenz, Erzbischof Jose Gomez, am Dienstag (Ortszeit). Es sei "ein weiteres tragisches Kapitel im langen Kampf der Kirche, den Verbrechen des sexuellen Missbrauchs durch Geistliche entgegenzutreten", so der Erzbischof von Los Angeles.

Der New Yorker Kardinal Timothy Dolan sprach die "tiefe und aufrichtige Trauer" gegenüber allen aus, die sexuellen Missbrauch erleben mussten. Ausdrücklich dankte er den Opfern, die sich 2018 gemeldet und der Erzdiözese ihre Leiden angezeigt hatten.

Ist weitreichendere Aufarbeitung nötig?

Aus Sicht von Anne Barrett Doyles, Sprecherin der Organisation Bishop-Accountability, ist der Bericht "ein schlagkräftiges Argument" gegen den Papst-Erlass "Vos estis lux mundi" von 2019, der Untersuchungen zu sexuellem Missbrauch unter kirchliche Selbstkontrolle stellt. Doyle verlangt eine weitreichendere Aufarbeitung: "Ohne externe Aufsicht gibt es keine Rechenschaftspflicht." Nach Aussage von Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin, der den Bericht verantwortete, ist "Vos estis lux mundi" maßgeblich von Untersuchungen zur Causa McCarrick beeinflusst.

Am Dienstag hatte der Vatikan einen rund 450-seitigen Bericht der Kurienleitung über den Aufstieg des heute 90-jährigen McCarrick vorgelegt, der zu den einflussreichsten US-amerikanischen Geistlichen in der katholischen Kirche gehörte. Nach Vorwürfen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen wurde McCarrick 2018 aus dem Kardinalsstand und 2019 aus dem Klerikerstand entlassen.

In dem Bericht wird ein systemisches Versagen der Kirchenhierarchie deutlich, seit den 1990er-Jahren kursierende Hinweise auf moralisches Fehlverhalten des damaligen Bischofs ernstzunehmen; dazu gehörte auch ein Missbrauch seiner Machtposition für die sexuelle Ausbeutung erwachsener Priesteramtskandidaten und Geistlicher.

Ex-Nuntius Vigano weist Kritik zurück

Der frühere Päpstliche Nuntius in den USA, Carlo Maria Vigano, nannte den Bericht eine "surreale Mystifizierung der Frage, wer für die Vertuschung der Skandale" des Ex-Kardinals verantwortlich ist. Zudem wies er die enthaltene Kritik zurück, als Nuntius habe er Aufklärungsaufträge aus dem Vatikan unzureichend ausgeführt. Viganos öffentliche Kritik im Sommer 2018, in der er Papst Franziskus zum Rücktritt aufforderte, war einer der Auslöser für die Untersuchungen des vatikanischen Staatssekretariats.

Für den früheren Redaktionsleiter von Vatican News Deutsch, Bernd Hagenkord, offenbart der McCarrick-Report eine "Kleriker-unter-sich-Mentalität". "Wie unter einem Brennglas" zeige sich darin, "wie in der Kirche in den vergangenen Jahrzehnten mit dem Feld sexueller Missbrauch/sexuelle Gewalt umgegangen wurde", sagte der Jesuit im DOMRADIO.DE-Interview. Zudem sei deutlich geworden, dass in der Kirche geordnete Verfahren fehlten, um derartige Personalprobleme anzugehen.


Theodore McCarrick / © Andrew Medichini (dpa)
Theodore McCarrick / © Andrew Medichini ( dpa )
Quelle:
KNA
Mehr zum Thema