Gefängnispfarrer zur Corona-Pandemie in Haftanstalten

"Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera"

Die Gefängnisseelsorge kämpft wegen der Corona-Pandemie mit Einschränkungen in den Haftanstalten. Gruppenangebote fänden derzeit kaum mehr statt, Einzelangebote schon. Trotzdem sei die Situation für die Gefangenen frustrierend.

Autor/in:
Lukas Philippi
Evangelischer Gefängnisseelsorger / © Juergen Blume (epd)
Evangelischer Gefängnisseelsorger / © Juergen Blume ( epd )

"Das Angebot, das wir den Gefangenen machen können, hängt sehr von den Räumen vor Ort und der Kooperation der Anstaltsleitungen ab", sagte der Berliner evangelische Landespfarrer für Gefängnisseelsorge, Uwe Breithor, dem Evangelischen Pressedienst (epd). Dies sei über die Weihnachtsfeiertage besonders deutlich geworden.

Insbesondere Gruppenangebote wie etwa Bibelkreise, Gesprächs- oder Spielegruppen fänden derzeit - wenn überhaupt - nur noch sehr eingeschränkt statt. Einzelgespräche zwischen Seelsorgern und Gefangenen gebe es aber weiterhin. In der Justizvollzugsanstalt (JVA) Heidering im brandenburgischen Großbeeren (Kreis Teltow-Fläming) etwa, wo Breithor arbeitet, wurde unter anderem auch der Gefangenenchor bis auf weiteres eingestellt.

Restriktionen für Besuche

"Diese Entwicklung ist für viele Gefangene sehr frustrierend", sagte der Theologe: "Denn auch die Besuche durch Angehörige und Freunde finden derzeit unter neuen Bedingungen statt." Hierzu gehörten Maskenpflicht, Abstandsgebot und Trennscheibe sowie das Verbot von körperlichen Kontakten, "was vor allem für die Kinder von Inhaftierten schwer zu verstehen ist". Zusätzlich gebe es die Möglichkeit, dass Inhaftierte via Skype mit ihren Angehörigen kommunizieren können.

Grund dieser Maßnahmen sei die Furcht der Anstaltsleitungen vor einer Verbreitung des Coronavirus unter Häftlingen und Personal. "Wir haben die Wahl zwischen Pest und Cholera", unterstrich Breithor mit Blick auf die coronabedingte zusätzliche Isolation der Häftlinge.

Grundsätzlich funktioniere die Kommunikation mit den meisten Anstaltsleitungen sehr gut, sagte der Gefängnisseelsorger, "aber ab und zu knirscht es im Gebälk". "Viele sind froh, dass wir da sind. Bei anderen steht die Seelsorge nicht unbedingt so weit oben auf der Agenda. Da heißt es dann eher: Hauptsache wir stören nicht."

Seelsorge in Gefängnissen unterschiedlich

Die Arbeit der Gefängnisseelsorge ist gesetzlich auf Länderebene geregelt. Allerdings haben die Seelsorger je nach JVA unterschiedliche Möglichkeiten des Zugangs zu Gefangenen. Dies hänge auch von den vorhandenen Räumen und dem Personal ab, so Breithor. So steht in der JVA Heidering etwa eine Mehrzweckhalle zur Verfügung, die an den Weihnachtsfeiertagen für abstandsgerechte Gottesdienste genutzt wurde. In Gefängnissen älterer Bauart mit verschiedenen Gebäudetrakten geht es oft beengter zu.

Die Strafvollzugsgesetze, in denen auch die Resozialisierung zur späteren Wiedereingliederung in die Gesellschaft als Strafzweck festgeschrieben ist, sichern den Gefangenen die Teilnahme an religiösen Veranstaltungen und den Zugang zu einem Seelsorger zu.

Allerdings können Gefangene von der Teilnahme am Gottesdienst oder anderen religiösen Veranstaltungen ausgeschlossen werden, "wenn dies aus überwiegenden Gründen der Sicherheit oder Ordnung geboten ist", heißt es im Gesetz.

In den 13 Justizvollzugsanstalten mit zum Teil mehreren Standorten auf dem Gebiet der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz arbeiten insgesamt 16 hauptamtliche evangelische Seelsorgerinnen und Seelsorger. Hinzu kommen noch Seelsorger der katholischen Kirche und anderer Glaubensrichtungen. Insgesamt geht es aktuell um die Betreuung von etwa 5.300 Inhaftierten, darunter etwa 250 Frauen.

 

Quelle:
epd
Mehr zum Thema