"Aus rechtlicher Sicht sehen weder die Gesetzgebung der Europäischen Union noch die Europäische Menschenrechtskonvention ein Recht auf Abtreibung vor", heißt es in einem veröffentlichten Schreiben der COMECE an David Sassoli. "Diese Angelegenheit ist den Rechtssystemen der Mitgliedstaaten überlassen."
Vertraglich geregelte Zuständigkeiten
Die Bischöfe verwiesen auf die gesetzgeberische Hoheit der einzelnen EU-Mitgliedstaaten und vertraglich geregelte Zuständigkeiten. "Die strikte Einhaltung dieses Grundsatzes ist ein Gebot der Rechtsstaatlichkeit, einer der Grundwerte der Union". In ihrem Brief äußern sich die Bischöfe der EU besorgt und kritisieren eine "Infragestellung des Grundrechts auf Verweigerung aus Gewissensgründen", das eine "Ausprägung der Gewissensfreiheit" sei.
"Dies ist besonders besorgniserregend, wenn man bedenkt, dass Verweigerer aus Gewissensgründen im Gesundheitssektor in vielen Fällen diskriminiert werden."
Ende November hatte das EU-Parlament in einem Beschluss ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung für polnische Frauen eingefordert. Die Initiative war eine Antwort auf die landesweiten Proteste, die Tausende Bürger im Land auf die Straßen brachte.
De facto ein Abtreibungsverbot ausgesprochen
Das weitgehend von der Regierung kontrollierte polnische Verfassungsgericht hatte im Oktober de facto ein Abtreibungsverbot ausgesprochen, als es die letzte legitime Begründung für den legalen Schwangerschaftsabbruch für verfassungswidrig erklärte.
In der COMECE sind die Bischofskonferenzen der 27 EU-Mitgliedstaaten vertreten. Sitz des Sekretariats ist Brüssel. Die Kirchenvertreter dort halten Kontakt zu Parlamenten und Regierungen, um Politik im Sinne der kirchlichen Soziallehre mitzugestalten.