Nur zwei Bistümer mit unabhängigen Missbrauchs-Gremien

Woran hapert es?

Die Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch ist in den meisten katholischen Bistümern laut Recherchen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" noch im Anfangsstadium. Kritik an diesem Umstand kommt von der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch".

Ballons erinnern vor dem Fuldaer Dom an die Opfer des Missbrauchs in der katholischen Kirche (Archiv) / © Ingo Brüggenjürgen (DR)
Ballons erinnern vor dem Fuldaer Dom an die Opfer des Missbrauchs in der katholischen Kirche (Archiv) / © Ingo Brüggenjürgen ( DR )

Ein Jahr nach ihrer Einigung mit dem Missbrauchsbeauftragten der Bundesregierung auf die Einrichtung unabhängiger Aufarbeitungskommissionen haben einer FAZ-Umfrage zufolge erst zwei der 27 deutschen Bistümer, nämlich Bamberg und Passau, ein solches Gremium geschaffen.

"Das zeigt wieder einmal, dass wir kein geeignetes Instrumentarium haben, um das vergangene Unrecht aufzuarbeiten", sagte der Sprecher der Betroffeneninitiative "Eckiger Tisch", Matthias Katsch, der Zeitung.

Gutachten veröffentlicht oder in Arbeit

Laut der Umfrage hätten 15 der 27 deutschen Bistümer noch keine Missbrauchsstudie in Auftrag gegeben, die auch die Verantwortlichen für rechtswidriges Verhalten namhaft machen soll, schreibt die Zeitung. Die (Erz-)Bistümer Limburg, Aachen, Köln und Berlin haben Studien über das Ausmaß sexualisierter Gewalt und den Umgang der Bistumsleitung mit Beschuldigten und Betroffenen veröffentlicht.

In Arbeit seien derzeit Gutachten für die (Erz-)Bistümer München, Münster, Essen, Mainz, Freiburg, Paderborn, Hildesheim und für den mecklenburgischen Teil des Erzbistums Hamburg.

"Aufarbeitungsprozess braucht ein gemeinsames Dach"

Allerdings wichen die Studien hinsichtlich der Verfasser und Fragestellungen erheblich voneinander ab. "Der Aufarbeitungsprozess braucht ein gemeinsames Dach", zitierte die FAZ Betroffenenvertreter Katsch.

Dem Bericht zufolge haben mehrere Bistümer argumentiert, dass die Vergabe einer Missbrauchsstudie einer unabhängigen Kommission überlassen werde solle, eine solche aber noch nicht habe eingerichtet werden können, weil man noch Interessenten für einen Betroffenenbeirat suche.

Auf "gemeinsame Erklärung" verständigt

Vor einem Jahr hatten sich die Bischöfe und der Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung, Johannes-Wilhelm Röhrig, auf eine "Gemeinsame Erklärung über verbindliche Kriterien und Standards für eine unabhängige Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs" verständigt.

Ein Punkt war die Einbindung von Betroffenen: Den Kommissionen in den Bistümern müssen jeweils zwei Opfer sexualisierter Gewalt angehören. Weitere Mitglieder sollen von den jeweiligen Landesregierungen vorgeschlagen werden. Weniger als die Hälfte der empfohlenen sieben Mitglieder dürfen Beschäftigte der katholischen Kirche sein oder einem Laiengremium des Bistums angehören. Ernannt werden alle Mitglieder durch den jeweiligen Bischof.

Wie die FAZ-Umfrage ergab, haben rund zwölf Monate nach der Einigung zwei Bischöfe eine unabhängige Kommission nach den vereinbarten Standards eingerichtet: der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick Ende Februar 2020 und jüngst der Passauer Bischof Stefan Oster, in dessen Bistum sich nach Angaben einer Sprecherin am Dienstag eine unabhängige Kommission konstituiert habe.


Quelle:
KNA
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