Die Schutzpatrone der 24 EM-Teilnehmer

Von Grasfressern und Wundertätern

Nicht nur katholische und orthodoxe, auch protestantische Nationen haben einen Schutzheiligen. Bei der anstehenden Fußball-EM kann sowas erst recht nicht schaden. Ein Überblick über die Patrone der Teilnehmernationen und ihre Stärken.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Buntglasfenster mit einer Darstellung des heiligen Bonifatius in Fulda. / © Harald Oppitz (KNA)
Buntglasfenster mit einer Darstellung des heiligen Bonifatius in Fulda. / © Harald Oppitz ( KNA )

Albanien: Mutter Teresa von Kalkutta (1910-1997), eine Patronin des Fairplay, wurde erst 2016 in den Stand der Heiligkeit erhoben. Bei der EM in Deutschland kann zudem der Nationalheld Gjergj Kastrioti (1405-1468) ran, genannt Skanderbeg: ein Verteidiger vor dem Herrn - vor allem gegen die Osmanen.

Belgien: Nationalpatron von Flamen und Wallonen ist Josef von Nazareth, der Ziehvater Jesu; eine kernige Nummer 6, die auch eigenwillige Spielvorgaben umsetzt und das Handwerk versteht. Eher defensiv als ein Stürmer, ermöglicht er durch Standhaftigkeit und Duldsamkeit das Allergrößte.

Dänemark: Der heilige König Knut IV. (ca. 1043-1086) soll einst angeordnet haben, dass die Weihnachtszeit auf 20 Tage verlängert wird - bis zum Knutstag (13. Januar). Sollte er das EM-Turnier für die Dänen ebenfalls auf 20 Tage verlängern, wäre das ein schöner Erfolg: Viertelfinale! Bei der WM 2018 war im Achtelfinale Schluss.

Deutschland: Wie frustrierend - der Apostel deutscher Tugenden ist ein Brite! Der heilige Bonifatius (672-754) war als Missionar ganz vorne und trieb den Germanen beim Auswärtsspiel in Fulda schon früh den Mythos von der deutschen Eiche aus. 2014 wurde das Team von Jogi Löw durch einen Götzen Weltmeister. 2016 und 2018 lief es dann eher so mittel.

England: Die EU-Aussteiger von der Insel holten ihren Nationalpatron aus der Türkei - Ablösesumme unbekannt. Der heilige Georg von Kappadokien, ermordet um 303 bei der Christenverfolgung unter Diokletian, ist bekannt als tapferer Ritter und Drachentöter. Erklärt sich so, dass die Elf unter dem Georgskreuz niemals kapituliert - außer beim Elfmeterschießen?

Frankreich: Nach dem verlorenen "EM-Finale dahoam" 2016 griffen die Franzosen wieder an - und wurden mit einem ehemaligen Soldaten an der Spitze 2018 Weltmeister. Der heilige Martin, Bischof von Tours (316-397) und gebürtiger Ungar, steht für ein multikulturelles Frankreich. Doch er hat einen schwachen Punkt: Er teilt allzu gern mit anderen.

Georgien: Der heilige Georg sollte wohl besser nicht alle Drachen töten - sondern sich einen als Reittier aufheben. Schließlich muss er nicht nur in Gruppe C für England antreten. Auch Georgien setzt bei seiner EM-Premiere in Gruppe F fest auf den Beistand des Mannes aus Kappadokien.

Italien: Die Nationalpatronin ist eine Sie: Katharina von Siena (1347-1380). Die Ordensfrau hatte in schwierigen Zeiten die Hosen an - und ordnete selbst dem Papst an, wo er zu sein hatte: in Rom statt im französischen Avignon. Eine Frau mit Mut zum Anpfiff!

Kroatien: Der heilige Kirchenvater und Gelehrte Hieronymus von Stridon (347-420) war hochgebildet, doch wegen seines Temperaments permanent rotgefährdet. Theologische Meinungsverschiedenheiten nahm er persönlich. Sein stetiges Gebet: "Sei mir gnädig, Herr, da ich Dalmatiner bin."

Niederlande: Der heilige Willibrord (um 658-739), "Apostel der Friesen" und Gründer von Kloster Echternach, war ein angelsächsischer Missionar aus Nordhumbrien (Northumbria). Ausgangspunkt seiner Friesland-Mission war vermutlich Antwerpen. Die "Elftal" kann einen Schutzheiligen gebrauchen - denn trotz erwiesener internationaler Klasse schaffte sie es zuletzt nicht mehr zu größeren Turnieren. Hup, Willibrord!

Österreich: Nationalheiliger für Alaba & Co ist Markgraf Leopold III. (1073-1136). Trotz seines Beinamens "der Milde" stand er in der Schlacht immer an der richtigen Stelle. Und wo er es wollte, wuchs kein Wald mehr.

Polen: Unser östlicher Nachbar hat vorne Lewandowski - und ist auch keineswegs knapp an Heiligen. Bischof Stanislaus von Krakau (um 1030-1079) war ein besonderer Kämpfer. Für seine Überzeugung widerstand er sogar dem König und Polens Primas - und bezahlte mit seinem Leben. Zudem steht er für Effizienz. Eine alte Bauernregel sagt: "Wenn sich naht Sankt Stanislaus, rollen die Kartoffeln raus."

Portugal: "CR7" heißt die Dauer-Ikone mit den gezupften Augenbrauen und dem Astralkörper. Und Schutzheiliger des Europameisters von 2016 ist ein demütig gewordener Millionärssohn, Franziskaner und Fastenprediger: Antonius von Padua (1195-1231), Helfer bei Verlusten. Können die Portugiesen mit ihm ihren neuen Weltmachtstatus behaupten?

Rumänien: Willensstark und leidensfähig - so beschreiben die Evangelisten den heiligen Andreas (gest. um 60). Der kleine Bruder des Petrus gehörte definitiv zur Stammelf der Apostel und blieb stets ein Rückgrat der "Mannschaft". Obwohl viel unterwegs, wurde er nie zum Söldner und kämpfte bis zum Kreuzestod in Griechenland. Sein Glaube sollte den gläubigen Rumänen in ihrer Außenseiterrolle helfen.

Schottland: Als eines der letzten Teams qualifizierten sich die "Bravehearts" für ihr erstes großes Turnier seit 23 Jahren - durch einen Elfmeterkrimi in Belgrad. In dieser Gegend war auch schon ihr Schutzheiliger unterwegs; allerdings als Missionar, nicht zum Toreschießen. Für den Apostel Andreas, Bruder des Petrus, wird in Schottland alljährlich am 30. November, dem Nationalfeiertag, der St. Andrews Day zelebriert. Die schottische Flagge basiert auf dem Andreaskreuz (engl. saltire) mit den schrägen Balken.

Schweiz: Muss man sich wundern, dass ein Einsiedler die Schweiz beschützt? Nikolaus von Flüe (1417-1487) war ein Visionär, Bauer, Familienmensch. Doch er war zu Höherem berufen, und so machte er seine Berufung zu seinem zweiten Leben: die Verteidigung des Glaubens. "Bruder Klaus" wurde zum Vorbild des defensiven "Schweizer Riegels", der in den 1930er bis 50er Jahren vor allem auf Konter setzte.

Serbien: Der heilige Sava (um 1174-1236) war ein Rechtslehrer; hohes Tier in der Mönchsrepublik Athos, Erzbischof und Klostergründer. Erverschaffte Serbien seinen Platz in der europäischen Geisteswelt. An den Gruppengegnern Dänemark, England, Slowenien kam er bei seinen weiten Pilgerfahrten allerdings nicht vorbei - und Video-Zusammenschnitte zur Vorbereitung gab es damals noch nicht.

Slowakei: Eines der kleinsten EM-Länder hat gleich zwei Patrone; sozusagen die Bender-Brüder der Slawenmission. Kyrill (826/827-869) und Method (um 815-885). Die beiden Missionare aus dem griechischen Thessaloniki sind zusammen die "Slawenapostel". Kein Slowake kann jemals so viele Tore schießen, wie diese beiden für Europa geöffnet haben. Ihr Monatseinkommen war allerdings deutlich niedriger.

Slowenien: Auch für das Weinland Slowenien (wie für Frankreich) stürmt der hoch verehrte Ex-Soldat Martin von Tours (316-397). Doch außer einem Sieg gegen Algerien in der WM-Vorrunde 2010 ist noch nicht viel rausgesprungen. Und Rekordtorschütze Zlatko Zahovic ist auch lange nicht mehr aktiv.

Spanien: Für die Spanier ist nur er der "wahre Jakob": der heilige Jakobus (gest. um 44). Seit Papst Johannes Paul II. den Jakobsweg 1980 nach Jahrhunderten der Flaute auf Europas Agenda zurückbrachte, führen wieder alle Wege zum Apostelgrab nach "Sant-Iago". Und mit den Pilgern kamen allmählich auch die Titel zurück: Weltmeister 2010, Europameister 2008 und 2012.

Tschechien: Obwohl keine Christen, hießen die beiden ersten Staatspräsidenten der postkommunistischen Ära Wenzel/Vaclav. Ihr Namenspatron, der heilige Wenzel von Böhmen (907-935), starb schon im besten Fußballeralter. Junger Herrscher und frommer Christianisierer, wollte er zugunsten seines Bruders abdanken und ins Kloster gehen. Doch der erschlug ihn noch während der Messe. Tendenz: frühes Aus.

Türkei: Heute zu über 99 Prozent muslimisch, führt die Türkei einen der stärksten christlichen Heiligen ganz Europas aufs Feld. Bischof Nikolaus von Myra (270/86-343/51) hat die Jugend auf seiner Seite, dazu die Manager/Händler und die Star-Trainer. Wäre der "Hyperhagios" neben all seinen vielen Jobs auch noch Patron der Schiedsrichter, wäre Schlimmes zu befürchten: jede Menge Geschenke...

Ukraine: Durch Taufe und Eheschließung wurde Wladimir, Fürst der Kiewer Rus, 988 Teil der kaiserlichen Familie in Konstantinopel und damit der christlichen Könige des Mittelalters. Die Spannung zwischen Ost und West hält auch mehr als 1.000 Jahre später an. Aber hier soll ja am Ende nur das Runde ins Eckige.

Ungarn: Nein, der Linksfuß Ferenc Puskas ist es nicht - sondern der heilige Stephan (969-1038). Seine einbalsamierte "heilige Rechte" (Szentjobb) wird heute als Armreliquie in der Stephansbasilika in Pest am Ostufer der Donau verehrt. Mit links oder rechts - Ungarn hat seit dem "Wunder von Bern" 1954 fußballerisch nicht mehr viel getroffen.

Quelle:
KNA
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