"Es ist auch in München eine Untersuchung der Fälle aus den vergangenen Jahrzehnten unterwegs, und der Kardinal wird die Spannungen, die dann unweigerlich auftreten werden, aushalten müssen", sagte Pater Zollner in der neuen Ausgabe des Podcast "Würde.Leben", der vom Münchner Sankt Michaelsbund produziert wird.
Dies zu wissen, werde für die zukünftige Vorbeugung von Bedeutung sein, auch bei anderen Missbrauchsformen, so der Jesuit weiter. "Präventionsarbeit funktioniert nur, wenn ich weiß und anerkenne, was in der Vergangenheit schiefgelaufen ist." Entscheidend seien dabei auch verbindliche Formen, wie Betroffene in den Aufarbeitungsprozess und in die daraus sich ergebenden Konsequenzen eingebunden seien.
Verbindliche Einschätzung gesetzt
Zollner sieht in dem Schriftwechsel zwischen dem Papst und dem Kardinal, dass entscheidende Begriffe im kirchlichen Sprachgebrauch angekommen seien. "Beide sprechen etwa von institutionellem und systemischen Versagen." Damit sei nun auch eine verbindliche Einschätzung gesetzt. Verbunden mit dem Rücktrittsangebot des Münchner Kardinals müssten sich jetzt auch andere Bischöfe mit möglichen persönlichen Konsequenzen auseinandersetzen.
Als Irrlehre und Häresie bezeichnete der Kinderschutzexperte den Glauben, "dass die Kirche eine absolut makellose Institution ist und deren Vertreter damit automatisch sündlos sind". Das entspreche nicht dem Evangelium, "denn alle Menschen sündigen".
Die Vorstellung einer perfekten Kirche habe weder etwas mit der Wirklichkeit noch mit dem Glauben zu tun: "An diesem Selbstbild zu kratzen, scheint auch heute noch für viele eine unmögliche Aufgabe zu sein." Das Rücktrittsgesuch von Kardinal Marx sei in diesem Zusammenhang ein wichtiger Moment, so Zollner.