Franziskaner arbeiten mit und für die Jugend in Syrien

Ein Sommerbesuch auf Terra Santa in Aleppo

Das Franziskanerkloster Terra Santa bei Aleppo war während des Krieges ein Notfallzentrum für Alt und Jung. Heute dreht sich in dem Komplex wieder alles um junge Leute. Sie erleben hier unbeschwerte Sommertage.

Autor/in:
Karin Leukefeld
Bruder Clovis Bertinelli, von den Franziskaner im Heiligen Land in Aleppo / © Karin Leukefeld (KNA)
Bruder Clovis Bertinelli, von den Franziskaner im Heiligen Land in Aleppo / © Karin Leukefeld ( KNA )

"Herzlich willkommen, lange waren Sie nicht mehr hier!" Der Ruf hallt über den Hof des Franziskanerklosters in Aleppo. Kurz darauf kommt Bruder Clovis raschen Schrittes aus einem Nebengebäude geeilt und öffnet die Wagentür. "Ich war in unserem neuen Kindergarten", sagt er und strahlt. "Es gibt viel zu erzählen." Dann steigt er die breite Treppe hinauf in den privaten Teil des Klosters, wo die Mönche leben, wo es ein Besprechungszimmer und die Kapelle gibt. In der Küche scheint die gemütliche Sitzecke nur auf Gäste gewartet zu haben. Kaffee und Plätzchen stehen bereit, Bruder Clovis schenkt Wasser ein.

Kurz vor Weihnachten kam der 32-jährige Franziskanermönch Clovis Luis Bettinelli nach Aleppo. Er stammt aus Brasilien und wurde im Juni 2019 am Ordenssitz in Jerusalem zum Priester geweiht. Dann ging es nach Damaskus und von dort in das Kloster der Franziskaner auf Terra Santa, einem weitläufigen Gelände, auf dem sich neben dem Kloster zahlreiche Schul- und Wohngebäude, Parks und sogar ein Schwimmbad befinden. Während des Krieges änderte sich auch Terra Santa, wo Christen und Muslime aus Aleppo und aus aller Welt ein- und ausgegangen waren.

Zunächst einer der sichersten Orte in Aleppo

Die Klostergemeinschaft öffnete ein Notfallzentrum, Spenden aus aller Welt wurden für Lebensmittel, Medikamente und Krankenversorgung eingesetzt. Terra Santa nahm alte Menschen auf, deren Kinder und Enkel vor dem Krieg ins Ausland geflohen waren und ihre Eltern in Heimen zurückgelassen hatten. Muslimische und christliche Heime wurden beim Kampf um Aleppo ganz oder teilweise zerstört.

Eine Suppenküche wurde eröffnet, für traumatisierte Kinder und Jugendliche wurde ein Programm entwickelt, mit dem ihnen neuer Mut zum Leben gemacht werden sollte. Während des Krieges galt Terra Santa als einer der sichersten Orte in Aleppo, doch 2016 schlugen auch hier Raketen ein. Eine 94-jährige Frau starb, zwei 80-Jährige wurden verletzt.

Wiederaufbau nach Rückzug der Islamisten

Als Bruder Clovis Ende 2020 ankam, hatte sich die Lage grundlegend geändert. Mit der Evakuierung der Dschihadisten Ende 2016 war die Stadt ruhiger geworden und konzentrierte sich auf den Wiederaufbau.
Ende Oktober 2020 hatte Präsident Baschar al-Assad persönlich verfügt, dass die 1968 von der Baath Partei beschlagnahmte Schule auf Terra Santa an die Glaubensgemeinschaft zurückgegeben wurde. Die Schule war 1948 eröffnet worden und galt bis zu ihrer Beschlagnahmung als eine der wichtigsten Oberschulen in Aleppo.

Bruder Clovis stürzte sich in die Arbeit. Die Rückgabe der Schule war für ihn eine "große Chance für die Zukunft der Jugend" in Aleppo. Die Schule werde Arbeitsplätze schaffen, so Clovis damals. Zunächst bei der Renovierung; später würden viele Lehrer und Personal eingestellt werden müssen, wenn die Schule öffnete.

Hoffnung auf Wiedereröffnung der Schule

Seine Hoffnung, dass die Schüler schon im neuen Schuljahr 2021 zurückkehren würden, habe sich nicht erfüllt, sagt der Mönch nun. Man habe eine Grundsäuberung und Renovierung vorgenommen, Strom und Wasser neu installiert. Das Kloster verfüge über einen Generator, so dass auch während der langen Stromsperren zumindest das Licht funktioniere. Für die Sommermonate habe man in der Schule Scouts, christliche Jugendgruppen aus verschiedenen Landesteilen einquartiert.

Bis zur Wiedereröffnung der Schule werde es aber noch dauern: "Wir brauchen Spenden und Geldgeber, um die Schule wieder in Betrieb nehmen zu können", sagt er. "Um die einzelnen Schritte in Absprache mit den anderen Franziskanerschulen in Jerusalem und Bethlehem genau festlegen zu können, wurde eine Kommission unter Leitung von Vater Firas eingerichtet. Er leitet das Kloster und ist auch Präsident der Schulkommission."

Kindergarten für alle

Bruder Clovis' Gesicht hellt sich wieder auf, als er von dem neuen Kindergarten erzählt, den die Glaubensgemeinschaft in einem anderen Gebäude auf Terra Santa eingerichtet habe. Er sei täglich von acht bis zwölf Uhr geöffnet. Das sei nicht ausreichend, aber ein Anfang.
"Der Kindergarten - und die Schule - sind nicht nur für die Christen, sondern auch für unsere muslimischen Nachbarn da. Wir wollen uns gegenüber der ganzen Gesellschaft öffnen."

Später wird der Mönch von zwei jungen Männern in Sportkleidung angesprochen. Beide tragen reflektierende Sonnenbrillen, die sie aber auf den Kopf hochgeschoben haben. "Hier haben wir zwei von unseren freiwilligen Bademeistern", sagt Clovis lachend und stellt sich mit den beiden für ein Foto auf. Nachdem die beiden weiter gezogen sind, fügt er augenzwinkernd hinzu: "Unser Schwimmbad wird von allen genutzt und geliebt. Nur für die Reinigungsarbeiten ist es nicht einfach, Leute zu finden..."


Zerstörtes Aleppo / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Zerstörtes Aleppo / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )

Zerstörtes Aleppo / © Jean-Matthieu Gautier (KNA)
Zerstörtes Aleppo / © Jean-Matthieu Gautier ( KNA )
Quelle:
KNA