Das Jesidentum ist eine monotheistische Religion, deren Wurzeln bis 2.000 Jahre vor Christus zurückreichen. Sie nahm Glaubenselemente, Riten und Gebräuche westiranischer und altmesopotamischer Religionen sowie von Juden, Christen und Muslimen auf.
Jeside wird man ausschließlich durch Geburt, beide Elternteile müssen der Religionsgemeinschaft angehören. Niemand kann übertreten oder bekehrt werden. Bei Ehen mit Nicht-Jesiden verlieren Gläubige ihre Religionszugehörigkeit.
Jesiden wurden im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verfolgt, sowohl religiös als auch - wegen ihrer Zugehörigkeit zu den Kurden - ethnisch. Fundamentalistische Muslime betrachten sie als "ungläubig" und "vom wahren Glauben abgefallen". Sie sehen die Gemeinschaft als Sekte und die Mitglieder als "Teufelsanbeter" an, weil in der jesidischen Religion der "Engel Pfau" (Melek Taus) eine bedeutende Rolle spielt. Im Koran wird die Figur als gefallener Engel bezeichnet.
Schätzungen zufolge leben mehr als 200.000 Jesidinnen und Jesiden in Deutschland - es ist die größte Gemeinde außerhalb des Iraks. Die Gemeinschaft selbst schreibt sich "Êzîden". Weltweit bekennen sich mindestens 800.000 Menschen zum jesidischen Glauben. Sie zählen sich überwiegend zur Volksgruppe der Kurden. Traditionell ansässig ist die Gemeinschaft in der Sindschar-Region (kurdisch: Shingal) im Nordirak. Ihr religiöses Heiligtum Lalisch liegt etwa 170 Kilometer nördlich der Millionenstadt Mossul entfernt.
Die Glaubenslehren werden mündlich überliefert. Nach jesidischer Vorstellung ist Gott "einzig, allmächtig und allwissend". Jesiden glauben nicht an ein Paradies oder eine Hölle, sondern an Seelenwanderung und Wiedergeburt. Jesiden haben ein weltliches und ein religiöses Oberhaupt, den Baba Sheikh. Jeside ist nur, wer von jesidischen Eltern abstammt. Heiratet ein Jeside einen Andersgläubigen, gilt das als Austritt aus der Religionsgemeinschaft.
Die Jesidin Nadia Murad erhielt 2018 den Friedensnobelpreis. Die Irakerin war vom IS versklavt worden und setzt sich seit ihrer Befreiung als Menschenrechtsaktivistin ein. Im Januar 2023 beschloss der Bundestag, die Ermordung von rund 5.000 Jesiden sowie die Verschleppung von 7.000 weiteren durch den IS im Jahr 2014 offiziell als Völkermord anzuerkennen. (KNA, 2023)