DOMRADIO.DE: Was mussten Sie tun, um "approbierter Messweinhändler" zu werden?
Franz Stettner ("Approbierter Messweinhändler" für das Erzbistum München und Freising): Ich musste mich beim Erzbischöflichen Ordinariat in München vereidigen lassen. Da musste ich einen Eid auf die damals gültige Messwein-Verordnung ablegen. Diese stammt noch von 1976.
DOMRADIO.DE: Welche Kriterien musste ein Messwein nach dieser Verordnung damals erfüllen? Gab es da strenge Regeln?
Stettner: Es gab sehr strenge Regeln. In erster Linie musste man dem Sakrament der Eucharistie die entsprechende Ehrfurcht und das Liturgieverständnis entgegenbringen. Man durfte damit verbunden nicht die allerniedrigste Qualitätsgruppe von Weinen verwenden. Das waren zum Beispiel damals Tafelweine oder "Schöppchenweine", wie man früher gesagt hat.
Es musste mindestens der Qualitätswein eines bestimmten deutschen Anbaugebietes sein. In Deutschland hatten wir zu der Zeit elf Anbaugebiete, heute sind es 13. Aber vor allem durfte man damals nicht die "Nasszuckerung" zur Bereitung von Messwein einsetzen. Die war ausdrücklich verboten.
Schließlich musste bei diesen Messweinen auch noch ein kirchenamtliches Leumundszeugnis vorhanden sein und bei Messweinen außerhalb der damaligen Länder der Europäischen Gemeinschaft ein Zeugnis über die Herkunft und die Art des Weines. Das war praktisch ein beigefügtes kirchenamtliches Leumundszeugnis über die Erzeuger und Versandfirma. Die Messweinflaschen mussten zusätzlich mit der Etikettbezeichnung "Messwein" versehen werden.
DOMRADIO.DE: Wurde denn damals so viel "gepanschter" Wein verkauft, dass diese Verordnung her musste?
Stettner: Das ist ja gute Frage. Heutzutage hat man diese Messweinverordnung durch einen Beschluss des Ständigen Rats der Deutschen Bischofskonferenz vom 23. Juni 2014 abgeschafft. Man hat darauf verzichten können, weil das deutsche Weingesetz so streng und vorbildlich ist.
Trotzdem sind die Priester natürlich angehalten, weiterhin gewissenhaft dafür Sorge zu tragen, dass bei der Eucharistiefeier ein Wein verwendet wird, der mindestens den Anforderungen eines Qualitätsweins nach deutschem Weinrecht genügt.
DOMRADIO.DE: Der Messwein soll der "Würde des Sakraments entsprechen", heißt es auch.
Stettner: Genau.
DOMRADIO.DE: Was bedeutet es denn, dass der Messwein der "Würde des Sakraments" entspricht? Was würden Sie aus Weinkennersicht sagen?
Stettner: Ich würde es erst einmal vom Biblischen her betrachten. Jesus hat, wie der Evangelist Lukas berichtet, beim letzten Abendmahl Traubenwein getrunken. Damit ist es sehr wichtig, dass der Wein - so wie es im römischen Messbuch auch gewünscht wird - "naturrein" ist, wie man früher gesagt hat. Es gibt zwar heute ein anderes Bezeichnungsrecht, aber er soll nicht mit Fremdstoffen versetzt sein und er muss von der Weinstockrebe stammen. Es darf also kein Kirschwein oder Beerenwein sein. Die sind nach wie vor nicht zugelassen.
DOMRADIO.DE: Jahrhundertelang gab es Messweine aus roten Trauben. Warum verwendet man heute eher Weißwein?
Stettner: Seit 1478 ist weißer Messwein erlaubt. Den hat Papst Sixtus IV. zugelassen. Der Hauptgrund liegt darin, dass sich die hellen Flecken aus der Altarwäsche wesentlich leichter entfernen lassen als die roten Flecken.
DOMRADIO.DE: Welche der passenden Weine sind denn bei Priestern besonders beliebt?
Stettner: Die Favoriten sind Weine mit wenig Säure. Wenn Pfarrer oder Priester morgens mit nüchternem Magen die Messe halten, legen sie besonderen Wert auf Bekömmlichkeit und Magenfreundlichkeit. Deshalb sind Rebsorten wie der Weißburgunder recht beliebt oder milde, weiße Bordeauxweine wie Sauvignon Blanc.
DOMRADIO.DE: Sie werden aber weiter die Priester bei der Weinauswahl beraten, denn nicht jeder von denen ist ein Sommelier.
Stettner: Das ist unsere Stärke, dass wir den Priestern gerne assistieren und unsere Dienstleistungen bei der Auswahl der Messeweine anbieten.
DOMRADIO.DE: Warum ist es für Sie immer noch eine Ehre, Wein für die Eucharistie zu liefern?
Stettner: Das ist für mich persönlich eine riesige Ehre, weil ich ein tief gläubiger Katholik bin. Ich bin glücklich, dass wir das machen dürfen. Das liegt auch seit Jahrzehnten in unserer Weinhändlerfamilie. Mein Vater war auch schon "approbierter Messweinhändler". Es ist zwar eine aussterbende Spezies, aber es ist einfach wunderschön.
DOMRADIO.DE: Haben Sie dennoch einen Nachfolger in der Familie?
Stettner: Mein Sohn Franz III. ist schon tüchtig dabei. Er ist auch Sommelier und gelernter Destillateur. Er führt das Geschäft - so Gott will - weiter. Und meine Tochter ist auch schon in den Betrieb involviert.
Das Interview führte Dagmar Peters.