Wie der Vatikan die Welt zu mehr Klimaschutz engagieren will

Die "Laudato si"-Plattform

Die katholische Kirche will für Klimaschutz eine Koalition der Nachhaltigkeit schaffen. Sie nennt sich die "Laudato si"-Plattform, benannt nach der Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus. Alle sind eingeladen mitzumachen.

Zerstörung des Regenwaldes / © Richard Whitcombe (shutterstock)
Zerstörung des Regenwaldes / © Richard Whitcombe ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie haben bei der Ausarbeitung der "Laudato si"-Plattform mitgewirkt. Will der Papst mit dieser Plattform seine Klimaschutzvorhaben aus seiner Enzyklika "Laudato si" umsetzen?

Anja Appel (Leiterin der Koordinierungsstelle der Österreichischen Bischofskonferenz für internationale Entwicklung und Mission in Wien): Der Papst selber und auch der Vatikan sind nicht sehr zufrieden mit den mangelnden Fortschritten in der Klimapolitik. Und der Versuch ist jetzt eine weltweite Bewegung zu formieren beziehungsweise auch sichtbar zu machen. Und diese Plattform möchte da ein Gerüst bilden und anbieten.

DOMRADIO.DE: Mit der Plattform soll eine "kritische Masse" erreicht werden, die dann Änderungen anstößt und umsetzt. Wer sollte denn diese "kritische Masse" sein?

Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Appel: Diese kritische Masse können wir alle bilden. Angelegt ist diese Aktionsplattform auf verschiedene Sektoren. Es können sich Familien verpflichten oder Paaren oder Organisationen oder Schulen, Krankenhäuser, Wirtschaftsunternehmen, also verschiedenste Arten von Orte, wo Menschen zusammenkommen, mit ganz verschiedenen Ansprüchen.

DOMRADIO.DE: Warum denn "kritisch"?

Appel: Kritische Masse bedeutet, dass nicht unbedingt eine Mehrheit in der Gesellschaft nötig ist, wenn man eine Veränderung anstoßen will, sondern man braucht einen bestimmten Anteil. In der Soziologie spricht man da von 25 bis 30 Prozent.

Es gibt bestimmt weltweit schon viele Menschen, die sich "Laudato si" verbunden fühlen, aber die sich vielleicht nicht verbunden fühlen in der Menge. Die denken, wir sind so Wenige, wir können ja keinen Unterschied machen. Und wenn man aber sieht, wie viele Leute sich engagieren, wenn das sichtbar wird, wenn man sich vernetzen kann, wenn man sich austauschen kann, dann hat man das Gefühl, wir sind viele, wir können etwas bewirken. Damit wird man natürlich auch attraktiv für andere, die sich dem anschließen. Das soll diese kritische Masse sein, sozusagen, der Kipppunkt im besseren Sinne.

DOMRADIO.DE: Beworben wird ja eine "Zusammenarbeit zwischen dem Vatikan, katholischen Organisationen und all den Männern und Frauen guten Willens". So heißt es da wörtlich. Wie läuft denn die Zusammenarbeit ab, wenn man sich dort anmeldet?

Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

Appel: Es gibt da verschiedene Einteilungen nach Sektoren, wie ich eben gesagt habe, also ob man sich als Familie anmeldet oder als Unternehmen oder als NGO. Und dann bekommt man Materialien zur Verfügung gestellt. Man hat auch Möglichkeiten, sich zu vernetzen mit anderen Akteurinnen und Akteuren.

Es gibt dahinter auch Arbeitsgruppen, die das begleiten, die dem Vatikan zugeordnet sind, die auch im Zweifel mal Kontakt aufnehmen, aber natürlich nicht mit jemandem einzeln. Perspektivisch sollen zigtausende, sehr, sehr viele Organisationen und Einheiten sich verpflichten. Und die können natürlich nicht alle persönlich antelefoniert werden, aber anschreiben ist möglich.

Die Idee wäre auch, dass man sich untereinander vernetzt und dass da der Austausch und die Unterstützung auch funktioniert. Wenn es ein Problem gibt und man mit dem Ziel nicht weiterkommt, sollte man andere nach Hilfe fragen.

DOMRADIO.DE: Es gab auch schon früher Initiativen für einen besseren Lebensstil und Veränderungen, initiiert vom Vatikan. Da hieß es, dass es zwar euphorisch klingt, aber oft nicht ganz durchdacht wirkte. Ist die "Laudato si"-Plattform besser geplant, vernetzt und umsetzbar?

Appel: Ich glaube, dass sie sich viele Gedanken gemacht haben, da waren viele Menschen weltweit in diesen Arbeitsgruppen involviert. Es hängt natürlich davon ab, dass die Leute mitmachen und dass man auch dabei bleibt. Das ist ja auch ein längerer Weg.

DOMRADIO.DE: Also scheitert es oft daran, dass Leute abgesprungen und nicht dabeigeblieben sind?

Appel: Es braucht einfach viel Ausdauer. Ich meine, wir werden die Transformation nicht hinkriegen, wenn wir denken, nach einem Jahr muss es fertig sein. Und viele sind ja auch sehr engagiert. Die denken sich: Was soll ich da noch mehr tun? Dann denkt man, man hat irgendwann genug getan. Das ist, glaube ich, einfach schwierig, auch von der Motivation her.

Ich glaube, der kritische Punkt ist: Wie kann man dabeibleiben und wie kann man auch die Lust und die Freude an der Veränderung beibehalten und sich gegenseitig motivieren?

Enzyklika "Laudato si"

Klimawandel, Artenvielfalt, Trinkwasser: Diese Themen bestimmen die Umweltenzyklika von Papst Franziskus. Er wendet sich damit an "alle Menschen guten Willens" - und erklärt, warum eine ökologische Umkehr auch soziale Gerechtigkeit bedeutet. Papst Franziskus hat die reichen Industrienationen zu einer grundlegenden "ökologischen Umkehr" aufgefordert, um globale Umweltzerstörung und Klimawandel zu stoppen.

Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )

 

Quelle:
DR
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