Er sei fest davon überzeugt, dass die Urheber des Konflikts "nicht die Völker Russlands und der Ukraine sind, die aus einem Kiewer Taufbecken stammen, durch gemeinsamen Glauben, gemeinsame Heilige und Gebete vereint sind und ein gemeinsames historisches Schicksal teilen", schreibt Kyrill I. in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an den Ökumenischen Rat der Kirchen (ÖRK).
Sorge um Ausbau der Nato-Militärpräsenz
Die Ursprünge der Konfrontation lägen stattdessen in den Beziehungen zwischen dem Westen und Russland, so der Patriarch. "In den 1990er-Jahren wurde Russland versprochen, dass seine Sicherheit und Würde respektiert würden. Im Laufe der Zeit näherten sich jedoch die Streitkräfte, die Russland offen als ihren Feind betrachteten, seinen Grenzen. Jahr für Jahr, Monat für Monat bauen die Nato-Staaten ihre Militärpräsenz aus, ungeachtet der Sorge Russlands, diese Waffen könnten eines Tages gegen Russland eingesetzt werden."
Kyrill I. antwortete mit seinem Brief auf ein Schreiben des geschäftsführenden ÖRK-Generalsekretär Ioan Sauca aus der vergangenen Woche. Darin appellierte Sauca an das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, sich für ein Ende des Kriegs einzusetzen. "Erheben Sie Ihre Stimme, damit der Krieg gestoppt werden kann", so der Sauca. "Die ganze Welt sieht mit großer Sorge zu und sucht nach einem Zeichen der Hoffnung auf eine friedliche Lösung".
ÖRK Plattform für einen unvoreingenommenen Dialog
Er schreibe an Kyrill I. mit der Bitte, "bei den Behörden zu intervenieren und zu vermitteln, um diesen Krieg, das Blutvergießen und das Leiden zu beenden und sich um Frieden durch Dialog und Verhandlungen zu bemühen". Er wende sich als amtierender ÖRK-Generalsekretär, aber auch als orthodoxer Priester an den Patriarchen, so Sauca. "Bitte erheben Sie Ihre Stimme und sprechen Sie im Namen der leidenden Brüder und Schwestern, von denen die meisten auch treue Mitglieder unserer orthodoxen Kirche sind."
Kyrill I. entgegnete, er hoffe, "dass der Ökumenische Rat der Kirchen auch in diesen schwierigen Zeiten, wie es in seiner gesamten Geschichte der Fall war, in der Lage sein wird, eine Plattform für einen unvoreingenommenen Dialog zu bleiben, frei von politischen Präferenzen und einseitigen Ansätzen".