Jüdische Friedhöfe und Stadtviertel, "Judenhäuser" in der NS-Zeit, Kunst in Synagogen, jüdisches Sibirien, jüdische Gebäude in nichtchristlicher Umgebung: Eine internationale Konferenz befasst sich von Montag an mit jüdischer Architektur und Topographie in den verschiedensten Zusammenhängen und Zeiten. Es geht um das Miteinander beziehungsweise Nebeneinander mit dem gesellschaftlichen Umfeld, in das die Gebäude und Siedlungen eingebettet sind.
Die Online-Tagung von Montag bis Donnerstag richtet sich nicht ausschließlich an ein Fachpublikum, teilnehmen kann im Prinzip jeder, wie Ulrich Knufinke sagte. "Ich bin sehr neugierig auf die Inhalte." Knufinke leitet die Forschungsstelle für jüdische Architektur in Europa "Bet Tfila" an der Technischen Universität Braunschweig, die die Konferenz mit dem Titel "Jewish Topographies" veranstaltet.
Auch zeitliche Veränderungen
Die Referenten widmen sich der Architektur in unterschiedlichen Zeiten und Weltgegenden wie Europa, Kanada und Nordafrika und blicken auf Veränderungen. Teilweise geht es auch um die NS-Zeit, etwa um die Betrachtung jüdischer Architektur in Breslau im Nationalsozialismus oder sogenannter Judenhäuser in dieser Stadt sowie um das weite Thema der Erinnerung und des Gedenkens.
Neu eingebracht werde das Konzept "jüdische Landschaften", erklärte Knufinke. Dabei würden größere Räume als übliche Nachbarschaften betrachtet - etwa Sibirien. Es stellten sich Fragen wie: Wie werden solche Landschaften konstruiert? Wie lässt sich über sie sprechen? Wie betten sie sich in christliche beziehungsweise nichtchristliche Umgebungen ein?
"jüdisches Kulturgut"
Nicht untergehen sollen Knufinke zufolge auch der Krieg in der Ukraine und seine Folgen. "Wir haben in der Ukraine einen wichtigen Raum mit jüdischem Kulturgut", betonte er. "Das jüdische Erbe ist ein wichtiges Erbe in dem Land. Und Verluste sind schrecklicherweise momentan an der Tagesordnung." Es sei unklar, wie viele Synagogen und Friedhöfe lieben. Hier stelle sich die Frage, wie sich jüdische Gemeinden vor Ort wieder einrichten würden und wer sich für das Erbe verantwortlich fühle.
Allgemein weise die Betrachtung der Vergangenheit freilich auch in die Gegenwart, sagte Knufinke. So könne ein Blick in die Vergangenheit dabei helfen, zu schauen, was aus welchen Gründen in den jeweiligen Gesellschaften funktioniert habe und was nicht - um daraus Schlüsse für die Gegenwart zum Beispiel für die gegenseitige Wertschätzung unterschiedlicher sozialer oder religiöser Gruppen zu ziehen. Die Ergebnisse und die Beiträge der Konferenz sollen zum Nachlesen in einer Publikation veröffentlicht werden, wie Knufinke ankündigte.