Kerstin Claus ist neue Missbrauchsbeauftragte des Bundes

"Kann mir keine lohnendere Aufgabe vorstellen"

Kerstin Claus, Journalistin und Mitglied im Nationalen Rat gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen, ist neue Missbrauchsbeauftragte der Bundesregierung. Die Deutsche Bischofskonferenz sicherte Claus ihre Zusammenarbeit zu.

Kerstin Claus / © Birgit Wilke (KNA)
Kerstin Claus / © Birgit Wilke ( KNA )

Am Mittwoch stimmte die Bundesregierung ihrer Ernennung zu. Sie folgt Johannes-Wilhelm Rörig nach, der sein Amt Ende Februar niedergelegt hatte. Claus hatte als Journalistin ihren eigenen Fall als Opfer sexuellen Missbrauchs in der evangelischen Kirche öffentlich gemacht. Sie war in den vergangenen Jahren auch Mitglied im Betroffenenrat, der den Missbrauchsbeauftragten berät. Claus tritt ihr neues Amt am 1. April an.

Die Bundesregierung richtete das Amt eines Missbrauchsbeauftragten nach dem Bekanntwerden des Missbrauchsskandals im Jahr 2010 ein.

Bergmann und Rörig die Vorgänger

Erste Beauftragte war die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD), die sich weiter in der bundesweit tätigen Aufarbeitungskommission gegen Missbrauch engagiert. Ab 2011 hatte Rörig das Amt inne, der als politischer Beamter in das Familienministerium zurückkehrt. Rörig initiierte die unabhängige Aufarbeitungskommission und richtete den Betroffenenrat ein.

Johannes-Wilhelm Rörig / © Gregor Fischer (dpa)
Johannes-Wilhelm Rörig / © Gregor Fischer ( dpa )

Claus hatte 2018 als erste Betroffene bei einer Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) gesprochen und die Kirche zu mehr Aufarbeitung und Hinwendung zu den Opfern aufgefordert. Zudem ist sie Mitglied der Grünen und kandidierte bei der vergangenen Landtagswahl in Rheinland-Pfalz für die Partei, verpasste aber den Einzug in den Landtag.

In einem ersten Statement erklärte Claus, sie könne sich mit Blick auf den Kampf gegen sexualisierte Gewalt "keine bessere, keine wichtigere und keine lohnendere Arbeit" vorstellen. Ihre Aufgabe sei es, den Verantwortlichen "immer wieder vor Augen zu führen, was getan werden kann, was verbessert werden muss". Sexualisierte Gewalt sei in der Gesellschaft "fest verankert". Das müsse politisch und gesellschaftlich wahrgenommen werden. 

"Kämpferin und wichtige Verbündete"

Bundesfamilienministerin Anne Spiegel (Grüne) bezeichnete Claus als "Kämpferin und wichtige Verbündete" im Kampf gegen Missbrauch.

Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen, l), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, stellt Kerstin Claus als die neue unabhängige Beauftrage für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vor. / © Kay Nietfeld (dpa)
Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen, l), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, stellt Kerstin Claus als die neue unabhängige Beauftrage für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vor. / © Kay Nietfeld ( dpa )

Sie betonte zugleich, dass sie zusammen mit Claus noch in diesem Jahr eine Informations- und Sensibilisierungskampagne starten wolle.

Der religionspolitische Sprecher der SPD, Lars Castellucci, und die Vorsitzende der Kinderkommission im Bundestag, Sarah Lahrkamp (SPD), erklärten dazu, es sei gut, dass das wichtige Amt wieder besetzt werde.

Lars Castellucci (privat)
Lars Castellucci / ( privat )

"Wir werden den Kinderschutz stärken, wo wir können, denn Kinder können sich nicht selbst schützen. Wir brauchen eine Kultur des Hinsehens und eine nationale Strategie", so die Parlamentarier.

Sie kündigten an, die Stelle der Missbrauchsbeauftragten sowie der unabhängigen Aufarbeitungskommission zügig auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen.

Bischofskonferenz sichert Zusammenarbeit zu

Der Missbrauchsbeauftragte der katholischen Bischofskonferenz, Bischof Stephan Ackermann, sagte Claus eine weitere konstruktive Zusammenarbeit zu. Er wolle "ein verlässlicher Gesprächspartner seitens der Bischofskonferenz für Sie sein".

Bischof Stephan Ackermann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Bischof Stephan Ackermann / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Auch der Betroffenenrat begrüßte die Neubesetzung. "Wir alle kennen Kerstin Claus als leidenschaftliche Mitstreiterin - immer parteiisch für die Bedürfnisse und Belange von Betroffenen", so das Gremium. Mit dieser Entscheidung würden die jahrelange Arbeit von Betroffenen sowie ihre vielfältigen Kompetenzen noch sichtbarer.

Das Amt des Missbrauchsbeauftragten

Das Amt des Unabhängigen Missbrauchsbeauftragten sowie den Runden Tisch Sexueller Kindesmissbrauch hat die Bundesregierung 2010 eingerichtet. Es war eine Reaktion auf das damals bekannt gewordene Ausmaß des sexuellen Kindesmissbrauchs in Einrichtungen und Institutionen. Das Amt wurde zunächst von der ehemaligen Bundesfamilienministerin Christine Bergmann ausgeübt. Seit Dezember 2011 war Johannes-Wilhelm Rörig Missbrauchsbeauftragter, am 30.03.2022 wurde er von Kerstin Claus abgelöst. (www.bundesregierung.de)

Symbolbild Missbrauch / © somkhana (shutterstock)
Quelle:
KNA