Die Sonderbeauftragte für internationale Klimapolitik im Auswärtigen Amt, Jennifer Morgan, erklärte, der Bericht zeige mit erschreckender Klarheit, dass "die Welt in Flammen steht und die Staatengemeinschaft noch nicht genug tut, um den Brand zu löschen". Deutschland wolle die G7-Präsidentschaft nutzen, um auch andere Staaten zu überzeugen, dass sie ihre Klimaambitionen steigern und ihr Handeln und ihre Politik auf das 1,5-Grad-Ziel ausrichten. "Dabei haben die Industriestaaten eine besondere Verantwortung und müssen vorangehen."
Radikale Emissionsreduktion gefordert
Die Bewegung Fridays for Future zeigte sich alarmiert. Der Bericht zeige klar: "Das Zeitfenster für die Einhaltung des Pariser Klimaabkommen schließt sich rasant." Bereits jetzt müsse zum Einhalten der 1,5-Grad-Grenze Kohlenstoffdioxid wieder aus der Atmosphäre entfernt werden. Doch das Warten auf ein "technologisches Wunder" werde vergebens sein. "Es gibt keine Möglichkeit zur CO2-Entfernung, die die Notwendigkeit radikaler Emissionsreduktion ersetzt." Mit der Bundesregierung aus SPD, Grünen und FDP ging die Bewegung hart ins Gericht - deren Klimaschutzpläne reichten nicht aus.
Schneller Ausstieg aus fossilen Energien
Nach Ansicht der Umweltorganisation Germanwatch zeigt der Bericht in nie dagewesener Deutlichkeit, dass die für die Bewältigung der Klimakrise entscheidende Dekade begonnen hat.
"Der Krieg gegen die Ukraine zeigt zudem, dass es zwei gute Gründe für diese Beschleunigung gibt: Ein rascher Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas ist der einzige Weg zur Abwendung einer eskalierenden Klimakrise und der schnellste Weg zu Stabilität und Frieden, da er gas- und ölreichen autokratischen Regimen ihre schärfste Waffe nimmt", betonte Christoph Bals, Politischer Geschäftsführer von Germanwatch.
Kosten für Klimaanpassungen steigen
Anika Schroeder, Klimareferentin des katholischen Hilfswerks Misereor, erklärte, noch seien die Menschen vielerorts in der Lage, mit den gravierenden Veränderungen, die bereits jetzt bei etwa 1,1 Grad globaler Erwärmung stattfinden, umzugehen. Das gelte etwa für die Weiterentwicklung von Saatgut. Auch das beste Wasser-Ressourcenmanagement reiche aber nicht aus, wenn es über Jahre nicht mehr regne, betonte sie und forderte stärkere Investitionen der Industriestaaten für die Anpassung in Entwicklungsländern.
Unkalkulierbare Kipppunkte
Linda Schneider, Referentin für Internationale Klimapolitik der Heinrich-Böll-Stiftung, erklärte, schon jetzt bei 1,1 Grad Erwärmung zeigten sich "desaströse und irreversible" Schäden. "Das wird mit jedem Zehntel-Grad zunehmen und jenseits der 1,5 Grad noch mehr eskalieren." Jenseits dieser Schwelle steige auch das Risiko, dass bestimmte Kipppunkte im Klimasystem erreicht und selbstverstärkende Prozesse ausgelöst würden. So könnten beispielsweise durch das Auftauen des Permafrostbodens in der Arktis erhebliche Mengen zusätzlicher Treibhausgase - vor allem Methan - freigesetzt werden.
Die Klima-Allianz Deutschland forderte die Bundesregierung und die reichen Industrieländer auf, Treibhausgasemissionen sofort drastisch zu senken und eine global gerechte Energiewende voranzutreiben. Dazu sei ein Sprint beim Abschied von Kohle, Öl und Gas notwendig, forderte das Bündnis aus über 140 Mitgliedsorganisationen aus den Bereichen Umwelt, Kirchen, Entwicklung, Bildung, Soziales und Gewerkschaften.
"Jede Tonne CO2, die gar nicht erst entsteht, ist der wirksamste Klimaschutz und verringert die ökologischen, sozialen und ökonomischen Auswirkungen der Klimakrise", erklärte die Geschäftsführende Vorständin Christiane Averbeck. "Der Krieg Russlands gegen die Ukraine zeigt, dass ein solcher Abschied auch die Abhängigkeit von autoritären Regimen verringert."
CO2-Emissionen gestiegen
Die globalen Treibhausgasemissionen seien nach einem kurzen Einbruch aufgrund der Corona-Pandemie wieder gestiegen - auch in Deutschland, kritisierte das Bündnis. Insbesondere in den Sektoren Verkehr und Gebäude hinke Deutschland den Zielen hinterher. "Die Bundesregierung muss mit Sofortprogrammen dafür sorgen, dass die Emissionen hier rasch und deutlich sinken."
FDP setzt Hoffnung auf Wasserstoff und E-Mobilität
Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) verwies am Montag in Berlin in einer ersten Reaktion auf die Bedeutung von technischen Innovationen und Technologieentwicklung in der Klimapolitik. "Wir müssen unsere Industrie auf Wasserstoff umstellen und die klimafreundliche Mobilität der Zukunft technologieoffen gestalten", sagte sie. "Dazu gehören Elektroautos und alternative Kraftstoffe wie E-Fuels." Auch müssten neue Technologien und Methoden entwickelt werden, zum Beispiel zur Entnahme von CO2 aus der Atmosphäre.