Kirchenhistoriker kritisiert Kyrills Regimetreue

Moskauer Patriarchiat wird weltweit Gemeinden verlieren

Bei seinem Gebet für den Frieden habe Kyrill I. sich die Sprache des russischen Präsidenten Putin zu eigen gemacht, kritisiert der ukrainische Kirchenhistorikre Mykhaleyko. Immer mehr Gemeinden distanzierten sich vom Patriarchen.

Patriarch  Kyrill I. (l.) / © Natalia Gileva (KNA)
Patriarch Kyrill I. (l.) / © Natalia Gileva ( KNA )

Der ukrainische Kirchenhistoriker Andrij Mykhaleyko hat dem orthodoxen Moskauer Patriarchen Kyrill I. vorgeworfen, angesichts des Kriegs nicht als Hirte zu handeln. "Da war kein Gebet für den Frieden, sondern die Übernahme der Sprache Putins", sagte Mykhaleyko der in Würzburg erscheinenden katholischen Wochenzeitung "Die Tagespost". Das Moskauer Patriarchat sei so etwas wie die "ideologische Lokomotive der Außenpolitik Russlands".

Autoritätsverlust

Der Historiker zeigte sich überzeugt, dass Moskau viele Gemeinden verlieren werde, "nicht nur in der Ukraine, sondern weltweit". Dazu komme der Autoritätsverlust. Für die Auslandsgemeinden sei dagegen die Türe des Ökumenischen Patriarchats Konstantinopel offen.

Nach Angaben Mykhaleykos hat die "Ukrainisch-Orthodoxe Kirche des Moskauer Patriarchats" 52 Diözesen. Etwa 20 Diözesanbischöfe hätten mit ihren Priestern aufgehört, Kyrill in der Liturgie namentlich zu erwähnen. Das bedeute nicht zwingend den Abbruch der kirchlichen Gemeinschaft, "denn es wird weiter Metropoliti Onufri kommemoriert, der seinerseits Kyrill kommemoriert". Aber es sei eine Distanzierung.

Hintergrund: Patriarch Kyrill I. rechtfertigt Krieg gegen die Ukraine

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. hat den Angriffskrieg gegen die Ukraine mehrfach verteidigt. Er rechtfertigte ihn etwa als "metaphysischen Kampf" im Namen "des Rechts, sich auf der Seite des Lichts zu positionieren, auf Seiten der Wahrheit Gottes, auf Seiten dessen, was uns das Licht Christi, sein Wort, sein Evangelium offenbaren".

Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. / © Natalia Gileva (KNA)
Der russisch-orthodoxe Patriarch Kyrill I. / © Natalia Gileva ( KNA )

Weltsicht Kyrills widerspreche Vernunft

Die russische Orthodoxie habe weltweit 38.000 Gemeinden, davon lägen 12.400 in der Ukraine, erläuterte der Kirchenhistoriker. Die Religiosität der Orthodoxen in der Ukraine sei viel höher als in Russland. Kyrill gefährde die Einheit mit diesen Gläubigen. "Würde er gegenüber dem russischen Diktator für seine Glaubensbrüder in der Ukraine eintreten, dann würde er vielleicht fallen, aber als starke Persönlichkeit in die Geschichte eingehen." Seine Weltsicht widerspreche jeder Vernunft.

Vieles im ökumenischen Dialog mit Moskau müsse zunächst auf Eis gelegt werden, zeigte sich Mykhaleyko überzeugt. Zudem gebe es die noch wenigen, aber mutigen Menschen, die in Russland gegen den Krieg auf die Straße gingen. Sie bewegten sich jenseits des kirchlichen Einflusses. Wenn diese Menschen irgendwann zur politischen Elite werden sollten, werde die Orthodoxie für sie keine Rolle spielen. "Die russische Kirche predigt ja gegen den Westen und gegen die Ukraine. Sie bleibt mächtig, solange Putin an der Macht ist."

Bartholomaios I. gewinnt an Zuspruch

Viele orthodoxe Kirchen würden in der ukrainischen Frage mittlerweile sensibler, so der Historiker. Als Gegenpol zu Kyrill gewinne Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel an Gewicht. Der Ökumenische Patriarch ist Ehrenoberhaupt der Weltorthodoxie. - Mykhaleyko ist Priester der Ukrainischen Griechisch-Katholischen Kirche und Privatdozent an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt.

Quelle:
KNA
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