Präsident Nayib Bukele nutze offenbar den Kampf gegen die mafiaähnlichen Mara-Banden, um den Umbau des Staates voranzutreiben, sagte der Misereor-Regionalreferent für Zentralamerika und Mexiko, Benjamin Schwab, am Freitag der Katholischen Nachichten-Agentur (KNA) in Aachen.
Demokratische Grundrechte eingeschränkt
Seit seiner Wahl 2019 habe Bukele demokratische Grundrechte immer weiter eingeschränkt, so Schwab. Nichtregierungsorganisationen und Medien würden massiv unter Druck gesetzt. So würden inzwischen gezielt kritische Journalisten und Menschenrechtsverteidiger vom Staat ausspioniert und bedroht.
Am letzten März-Wochenende war es in dem kleinsten Land Mittelamerikas zu einem beispiellosen Gewaltausbruch mit landesweit 60 Morden an einem Tag gekommen. Als verantwortlich dafür gelten Mitglieder der Mara-Banden.
Umstrittene Strafrechtsreform
Die Regierung ließ daraufhin schätzungsweise 6.000 Menschen verhaften und setzte unter anderem eine Strafrechtsreform in Gang. Seither können bereits Kinder ab 12 Jahren zu Gefängnisstrafen von bis zu 10 Jahren verurteilt werden; Jugendlichen ab 16 drohen bis zu 20 Jahre Haft, wenn sie der Mitgliedschaft in einer Mara-Bande für schuldig befunden werden.
Dies widerspreche allen internationalen Menschenrechtsabkommen, sagte der Misereor-Vertreter. Davon abgesehen habe sich das Gefängnissystem vorher schon am Rande des Zusammenbruchs befunden. Viele Familien wüssten nicht, wohin ihre verhafteten Angehörigen gebracht würden. "Das Phänomen des Verschwindenlassens von Menschen, die sich in staatlichem Gewahrsam befinden, ist plötzlich wieder sehr aktuell", so Schwab.
Präsident droht Mara-Banden
Am Dienstag erst hatte Bukele den Druck auf die Mara-Banden erhöht. Er drohte, bei einem neuerlichen Gewaltausbruch die Lebensmittelversorgung der inhaftierten Bandenmitglieder einzustellen. "Ich schwöre bei Gott, sie essen kein einziges Reiskorn", sagte Bukele laut lokalen Medienberichten.
Angeblich sollen sich nunmehr insgesamt 22.000 Bandenmitglieder in El Salvadors Haftanstalten befinden. Der von der Regierung ausgerufene Ausnahmezustand ist zunächst bis Ende April befristet. Beobachter fürchten, dass er verlängert werden könnte.