In der Vorinstanz hatte das Oberlandesgericht Naumburg 2020 entschieden, dass die als "Judensau" bezeichnete Sandsteinskulptur an der Außenfassade der Kirche bleiben darf. Der Kläger ist ein Mitglied einer jüdischen Gemeinde, Beklagte ist die evangelische Kirchengemeinde der Stadtkirche zu Wittenberg. Der Kläger fordert die Entfernung, weil die Darstellung Juden antisemitisch beleidige. Der Mann hatte nach dem Naumburger Urteil Revision eingelegt, über die nun der 6. Zivilsenat verhandelt, wie der BGH am Donnerstag mitteilte.
Verletzt das Relief die Ehre von Juden?
Der Kläger hatte gegen ein vorangegangenes Urteil des Oberlandesgerichtes Naumburg (OLG) Revision eingelegt, wie der Bundesgerichtshof in Karlsruhe am Donnerstag weiter mitteilte. Das OLG hatte damals eine vorherige Berufungsklage des Mannes zurückgewiesen und ein Urteil des Landgerichts Dessau-Roßlau bestätigt. Demnach muss das Relief nicht beseitigt werden, weil es aktuell keinen beleidigenden Charakter mehr habe.
Ein Informationstext bringe unmissverständlich zum Ausdruck, dass sich die Kirchengemeinde vom verhöhnenden und beleidigenden Charakter der Plastik und der Missachtung von Juden distanziere. Der Richter räumte aber ein, dass das Relief isoliert betrachtet beleidigenden Inhalt habe.
Ursprung des Reliefs
Auf dem Relief in etwa vier Metern Höhe an der Wittenberger Predigtkirche des Reformators Martin Luther (1483-1546) ist ein Rabbiner zu sehen, der den Schwanz eines Schweins anhebt und ihm in den After schaut. Zwei weitere, abfällig als Juden karikierte Figuren saugen an den Zitzen des Tiers.
Das Schwein gilt im Judentum als unrein. Seit 1988 erinnern ein Mahnmal und eine Informationstafel an den historischen Zusammenhang, in dem die Schmähplastik entstand. Ähnliche Darstellungen finden sich an rund 30 evangelischen und katholischen Kirchen im deutsch geprägten Kulturraum.