Moskauer Oberrabbiner äußert sich zum Ukraine-Krieg

"Katastrophe für uns alle"

Der Präsident der orthodox geprägten Konferenz der Europäischen Rabbiner, Moskaus Oberrabbiner Pinchas Goldschmidt, hat den Krieg in der Ukraine als eine "Katastrophe für uns alle" bezeichnet.

Pinchas Goldschmidt, ehemaliger Oberrabbiner von Moskau und Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz / © Eli Etkin (KNA)
Pinchas Goldschmidt, ehemaliger Oberrabbiner von Moskau und Präsident der Europäischen Rabbinerkonferenz / © Eli Etkin ( KNA )

Es sei "tragisch" zu sehen, "welche drastischen Auswirkungen er auf die mühsam aufgebauten Gemeinden im Osten Europas hat", sagte Goldschmidt im Interview der aktuellen Ausgabe der "Jüdischen Allgemeinen".

Anerkennung für Rabbiner aus der Ukraine

Umso beeindruckender sei der Mut vieler Rabbiner in der Ukraine, die während der Bombardierung in ihren Gemeinden geblieben seien und den Menschen bei der Flucht geholfen hätten. "Diese Rabbiner haben seit 1990 dazu beigetragen, das jüdische Leben dort wiederaufzubauen, und viele von ihnen mussten das Land nun von einem auf den anderen Tag verlassen", betonte Goldschmidt. Die Rabbinerkonferenz helfe den Geflüchteten und habe einen Hilfsfonds eingerichtet.

Auf die Frage, wie sich die CER politisch in der Frage positioniere, sagte Goldschmidt: "In erster Linie sind wir Rabbiner, keine Politiker oder Generäle. Wir waren immer für den Frieden, und die CER hat den Krieg stets verurteilt." Um das jüdische Leben in Europa zu erhalten und zu schützen, dürfe man sich nicht mit Verurteilungen begnügen. Die CER sei in jedem Land aktiv tätig, in dem Juden lebten, "sei es durch die Bereitstellung von Hilfe und Unterstützung in Millionenhöhe für ukrainische Geflüchtete oder durch die weitere Unterstützung unserer Rabbiner und Gemeinden in Russland."

32. Generalversammlung der CER

Goldschmidt ergänzte: "Dieser Konflikt zeigt aber auch, dass Europa nur in der Union eine starke und demokratische Zukunft hat." Wenn in diesem "vereinten und starken Europa" auch Juden eine Zukunft haben sollten, müssten Antisemitismus bekämpft und die religiöse Freiheit gewährleistet werden.

Goldschmidt äußerte sich anlässlich der 32. Generalversammlung der CER von Montag bis Mittwoch in München. Dazu werden mehr als 200 Rabbiner aus Europa, Israel und USA erwartet. Es gibt ein politisches Programm, das öffentlich ist. Daneben werden sich die Rabbiner mit Auslegungsfragen zu Vorschriften ihrer Religion befassen und einen Ethik-Kodex verabschieden. Der Kodex soll den Angaben zufolge Themen wie Nähe und Distanz, Missbrauch und den Umgang mit Finanzen regeln. Die Konferenz endet mit einer Zeremonie in der KZ-Gedenkstätte Dachau.

Konferenz der Europäischen Rabbiner (CER)

Die Konferenz der europäischen Rabbiner (CER) ist die primäre orthodoxe rabbinische Allianz in Europa. Es vereint mehr als 700 religiöse Führer der Mainstream-Synagogengemeinschaften in Europa. Es wurde 1956 auf Initiative des britischen Oberrabans Sir Israel Brodie gegründet, um die besiegten jüdischen Gemeinden auf dem europäischen Festland wiederzubeleben. Brodie wurde von dem Oberrabbiner von Frankreich, Jacob Kaplan, dem Oberrabbiner von Amsterdam, Aharon Schuster und dem britischen sephardischen spirituellen Führer Hacham Gaon unterstützt.

Rabbiner in einer Jüdischen Synagoge / © Axel Heimken (dpa)
Rabbiner in einer Jüdischen Synagoge / © Axel Heimken ( dpa )
Quelle:
KNA