Das kleine Mädchen auf dem Bild hat ein Lächeln im Gesicht. Aber es ist ein eher gequältes - denn "Natalia" sitzt im Keller des Sankt-Basilius-Gymnasiums im westukrainischen Ivano-Frankivsk. Dort hat die Fünfjährige mit vielen anderen Schutz bei Luftalarm gefunden. Der Ausbau der Schule war in den vergangenen Jahren mit Mitteln des katholischen Osteuropa-Hilfswerks Renovabis gefördert worden. Eigentlich sollte dort Schülerinnen und Schüler eine gute Bildung ermöglicht werden; nun ist das Gebäude zum Zufluchtsort geworden: für Natalia, ihren Bruder (9) und die Eltern. Der Vater kann aufgrund einer Verletzung derzeit nicht zum Militär.
Spenden gehen an die Ukraine
Mit dem Foto des Kindes und der damit verbundenen Geschichte wirbt Renovabis für Spenden zugunsten der Opfer des Kriegs in der Ukraine. Von einem Tag auf den anderen hat sich die Welt der Menschen seit dem 24. Februar mit der Invasion der russischen Truppen verändert. Millionen von Ukrainern sind auf der Flucht. Viele retteten sich aus dem Osten des Landes in den Westen. Sie sitzen auf gepackten Koffern und warten ab, wie sich alles weiter entwickeln wird. Hilfe erhalten sie von den Mitarbeitern der Caritas und anderer gemeinnütziger Organisationen, Priestern und Ordensleuten.
Unter dem Motto "dem glaub' ich gern! - Was Ost und West verbinden kann" steht die diesjährige Renovabis-Pfingstaktion. Die bundesweite Eröffnung findet am 22. Mai in Fulda mit Bischof Michael Gerber statt, zu Pfingsten folgt dann die jährliche Kollekte für die Projekte des Hilfswerks in den Gottesdiensten. Zum offiziellen Abschluss der Kampagne ist das Hilfswerk in der Kirche Sankt Marien in Bebra zu Gast.
"Wir trauen uns, ein Bekenntnis zum Glauben, zu Gott, ausgerechnet jetzt auf die Tagesordnung zu setzen - angesichts der enormen Sorgen und Ängste", schreibt Renovabis-Hauptgeschäftsführer Thomas Schwartz in der Ankündigung. Als er diese Zeilen schrieb, glaubte er noch, dass Krieg in Europa keine Option sei. Zuletzt ließ er wissen: "Wir werden mit Blick auf die Zukunft einen langen Atem brauchen - nicht nur, was die Nothilfe für die Ukraine angeht, sondern auch mit gefährdeten Hilfsprojekten in Belarus oder in Russland."
2021 unterstützte das Hilfswerk 488 Projekte in 29 Ländern mit rund 22,8 Millionen Euro. Das Spendenaufkommen sei mit 11,9 Millionen Euro nur geringfügig unter dem Niveau des Vorjahres gelegen, geht aus dem Rechenschaftsbericht hervor.
Auch die eigene Arbeit auf den Kopf gestellt
Seit Kriegsbeginn in der Ukraine hat Renovabis 57 Projekte zur Unterbringung, Versorgung und Betreuung von Kriegsopfern und Geflüchteten innerhalb und außerhalb des Landes mit 2,7 Millionen Euro mitgetragen. Auch in weiteren Partnerländern in Mittel-, Ost- und Südosteuropa fördere das Hilfswerk soziale und pastorale Projekte sowie solche im Bereich der Bildung. Die Arbeit sei indes weiter von den Auswirkungen der Pandemie geprägt.
Im Bewusstsein, dass der Kalte Krieg vorbei sei und damit auch die ideologische Konfrontation, sei Renovabis vor 30 Jahren gegründet worden, erinnerte Schwartz jüngst in einem Interview mit der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA): "Es ging um die Förderung von Freiheit und Demokratie in 29 Ländern. Aber dieser Angriffskrieg macht alles anders." Die gesamte Nachkriegsordnung werde auf den Kopf gestellt, das friedliche Miteinander in Europa bedroht. "Daher müssen wir überlegen, wie unsere Arbeit weitergehen kann." Das gelte auch für die Beziehungen zum Moskauer Patriarchat.
Derweil kann Renovabis auf ein engmaschiges Netz an Kontakten setzen, das über die Jahre geknüpft wurde. Die finanzielle Hilfe geht nicht nur an die Ukraine, sondern auch an Partner in den Anrainerstaaten Polen, Slowakei, Ungarn, Rumänien und der Republik Moldau. So könnten über bewährte Partner Hilfsgüter unmittelbar zu den Menschen in Not gebracht werden. Das Geld werde für den Kauf von Lebensmitteln, für Medikamente, Hygieneartikel, die Ausstattung von Notunterkünften, Notstromaggregate und als Überbrückung von laufenden Betriebs- und Personalkosten eingesetzt. Hilfe zur Selbsthilfe. Dies Prinzip gilt auch weiter.