6.08.: 2.Ankunft
Die Wallfahrt ist geschafft. Rund 240 km haben die Kevelaer-Bruderschaft Bonn und ich zurückgelegt. Seit 9 Jahren kenne ich die Bruderschaft und das Pilgern. Trotzdem war dieses Jahr anders als die Jahre davor. Dafür gibt es Gründe:
Corona
Nach zwei Jahren coronabedingter Pause hatte mein Körper Schwierigkeiten wieder in den Rhythmus des Pilgerns zu kommen. Darüber hinaus ist es auch eine mentale Aufgabe. Die Zeit auf der Pilgerfahrt ist intensiv: Die Mitpilger:innen, die Familie, die bei mir immer dabei ist, die Auseinandersetzung mit Gott, Glaube und sich selbst. Das alles hat in den letzten Jahren gefehlt und es braucht Zeit wieder darein zukommen. Das war auf der einen Seite komisch, aber gleichzeitig befreiend.
Lebensveränderungen
Bisher war ich als Schülerin auf der Wallfahrt, aber nun habe ich Abi und bin duale Studentin mit ganz neuem Lebensschwerpunkt. Die vielen Änderungen unter dem Jahr beeinflussen die Wallfahrt. Ich habe an andere Sachen gedacht, konnte bei bestimmten Themen aus meinem Alltag nicht mehr so los lassen, wie es früher zu Schulzeiten möglich war. Das Sommersemester ist schließlich noch nicht vorbei und ich war mir nicht sicher, ob ich überhaupt mit gehen darf und ob ich Urlaub bekomme. Daran musste ich vorher nie denken. Doch in diesem Jahr haben mehr solcher Themen meine Gedanken bestimmt.
Dieser Blog
Aus Schulalltag wurde Arbeitsalltag und zum Pilgern kam dieser Blog. Es galt die Wallfahrt multimedial auf Instagram, Facebook, im Radio und im Blog zu begleiten. Es war eine gute und schöne Erfahrung, so mehr Menschen zu erreichen als Bekannte und Freunde, aber auch eine Umstellung. Was zeige ich von der mir so wichtigen Wallfahrt, damit die Leute sie verstehen? Das Gedankenmachen um das perfekte Bild oder den perfekten Zeitpunkt für eine Story. Abends dann noch das Schreiben für den Blog. So etwas habe ich vorher noch nie gemacht. Das alles war neu und hat meine persönliche Wallfahrt verändert.
Allerdings war diese Arbeit auch eine Belastung. Ich habe hohe Ansprüche an mich selbst gestellt, die sich zum Glück und auch dank der Gemeinschaft der Pilger gelegt haben. Ich habe die Chance bekommen, meine Arbeit mit dieser Wallfahrt, die ich liebe, zu verbinden, indem ich diesen Blog schreiben durfte.
Diese Wallfahrt der Kevelaer-Bruderschaft Bonn im Jahr 2022 war anders als sonst und neu für mich, aber deswegen nicht weniger besonders oder schön. Ich bin dankbar für die vielen interessanten Gespräche, die Geschichten von alten Wallfahrten, das Singen, Beten und viele Lachen. Ich habe die Wallfahrt neu kennengelernt, indem ich euch die Wallfahrt zeigen durfte und so selbst einen Blick von außen auf Wallfahrt werfen durfte.
Ich habe mir selbst dadurch wieder etwas mehr zugehört und Gott wieder näher betrachtet und mich mit ihm beschäftigt. Auch wenn viele Veränderungen in dieser Wallfahrt gesteckt haben, war es für mich eine große Pause vom Alltag, vom hin und her, vom Uni- und Freizeitstress. Es war eine Pause, die einfach gutgetan hat und auf die ich mich im nächsten Jahr wieder freue!
Wenn Ihr jetzt neugierig seid, schaut auf unserer Instagramseite vorbei. Dort habe ich euch im Videoformat mit auf Wallfahrt genommen. Oder Ihr seid im nächsten Jahr dabei. Die Kevelaer-Bruderschaft Bonn freut sich auf neue Mitpilger:innen. Für das nächste Jahr könnt Ihr euch den Zeitraum vom 29.07 bis zum 05.08.2023 in den Kalender eintragen. Erster Kontakt aufnehmen oder direkt die Anmeldung für das kommende Jahr könnt Ihr per Mail (kevelaerbonn*at*gmail.com) senden oder Ihr schaut auf der Website vorbei.
Dazu sei gesagt, dass in vielen Städten eine Kevelaer-Bruderschaft gibt, zum Beispiel auch in Köln und Neuss. Die freuen sich sicherlich ebenso über neue Erstpilger:innen.
An dieser Stelle möchte ich ein großes Danke sagen. Danke an alle Mitpilgerinnen und Mitpilger. Ein besonderer Dank an diejenigen, die mich bei der Berichterstattung unterstützt haben. Und Danke an euch, die Leserinnen und Leser, die diesen Blog verfolgt haben und mit mir auf Wallfahrt gegangen sind. Ich hoffe, ihr konntet einen guten Eindruck von der Wallfahrt gewinnen.
5.8.: Auf dem Rückweg
Die längste Strecke haben wir jetzt zurückgelegt. Nicht nur körperlich sehr anstrengend, sondern auch für den Kopf. Ich muss gestehen, das erste Mal auf dieser Wallfahrt war ich genervt und nicht gut drauf. Das kommt vor. Das ist normal! Auch während der Wallfahrt hat man schlechte Laune, weil man in der Betrachtung (gebetsfreie Zeit in der wir schweigen) an etwas Unschönes gedacht hat, bei mir an die bevorstehende Klausurphase und eine kurzfristig verschobene Prüfung oder eben andere kleine Sorgen des Alltags. Gedanken, die einen außerhalb der Wallfahrt stressen, an die ich aber noch nicht gedacht hatte. Auf jeden Fall hatte ich erstmals etwas schlechte Laune und brauchte Zeit für mich. Und die hatte ich auch. Und als es nach einem Gespräch besser wurde, habe ich mich wieder der Gruppe angeschlossen. Das tolle ist: hier möchte jeder mal seine Zeit haben, weswegen die Gruppe jedem die Zeit auch lässt.
Auf jeden Fall wurde es nach einem kurzen Hochpunkt der schlechten Laune relativ schnell wieder besser. In der Zeit sind wir dann schon in Köln-Weidenpesch angekommen und der gesellige Abend (bewirtet durch die Schützen) konnte mit guter Laune beginnen. So endete er auch! Es wurde viel geredet, gealbert und gelacht, dabei das ein oder andere Bierchen getrunken und der eigentlich so dringend benötigte Schlaf verkürzt. Aber ganz nach dem Motto "Morgen sin ma zu hus" (Morgen sind wir zuhause) wurde der Abend in die Länge gezogen. Für mich immer ein schöner Abschluss. Denn der letzte Tag ist generell etwas stressig - und vor allem die Verabschiedungen. Deswegen nutzte ich diesen Abend, um Abschied zu nehmen von einer unfassbar starken Gemeinschaft.
4.8.: Der Rückweg
Der erste volle Tag zurück. Nach einer wunderbaren späten (7 Uhr) Messe wurde sich auf den Weg gemacht. Vorbei an Aldekerk ging es auf direktem Weg nach Stenden, Fischeln, den Streithöfen und dann endliche Kaarst. So viel zum strukturellen Ablauf. Ich würde jetzt gerne von einer ganz tollen und großen Sache erzählen. Aber heute war es ruhiger, vor allem im Vergleich der letzten zwei Tage. Es gab viele Kleinigkeiten, wie die Andacht, gestaltet von einer Mitpilgerin, eine längere Gebetspause (wegen des Wetters), leckeres Essen, ein kurzes Schläfchen, einen klimatisierten Bus. Vor allem aber viele kleine Geschichten und Gespräche, die ich im Vorbeigehen mitbekommen habe oder in denen man involviert ist. Heute hatte ich noch mehr das Gefühl von Geborgenheit und Verbundenheit gespürt. Jede Pilgerin und jeder Pilger waren motiviert und fröhlich. Die Gruppe überbrachte so ein angenehmes Gefühl, wie ich es nur von diesen Liedern kenne, die Momente so unendlich klingen lassen. Es ist schwierig zu beschreiben, wenn Menschen adressiert werden, die die Situation nicht erlebt haben ((ehemalige) lesende Mitpilger:innen ausgeschlossen). Aber ich hoffe das habe ich hier ein bisschen geschafft.
Dass Kleinigkeiten im Leben zählen dass bemerke ich auf so einer Wallfahrt noch stärker. Hier und da wird ein Getränk ausgegeben, die Schmerzsalbe wird geteilt ebenso wie die Salbe gegen Muskelkater oder aber auch die Tücher (die Kühlen), absoluter Trend in diesem Jahr. Ich spreche mit Menschen über Kleinigkeiten in ihrem und meinem Leben über alltägliche Dinge, die sonst vergessen werden. Das Rauskommen aus dem Alltag macht diesen wieder besonders - und genau diesen Tag voller Kleinigkeiten brauche ich dazu.
Obwohl ich sagen muss, dass dieser Gedanke zwar im Interview im Radio schon aufkam, aber jetzt erst beim Schreiben richtig ausgedacht wurde. Generell war es heute nach diesem einzigartigen Gefühl getragen zu werden etwas schwierig zu arbeiten. Ich hatte erst keinen Anpack oder brauchte auf Instagram viele, viele Ansätze für die Story. Denn dieses Gefühl heute, dabei brauchte ich nicht viel Denken, ich konnte mich treiben lassen, wollte es auch und habe es auch. Wie man sieht habe ich dann doch geschafft etwas zu schreiben und hoffe es gefällt.
3.8.: Abreise
Nach einem schönen Abend ging es mit einem schönen Morgen weiter. Wie immer wurde um 08:30 Uhr die heilige Messe in der Kerzenkapelle mit anschließender Sakramentsprozession gefeiert. Vorher in der Sakristei ein Weihrauchcrashkurs, denn ich zwar gegeben habe, aber vielleicht besser bekommen hätte. Es hat ein, zwei Mal gescheppert. Aber das passiert. Schnell ging es zum Koffer packen, Blog schreiben und Instagram vorbereiten, damit auch alles rechtzeitig vor dem Auszug fertig ist. Dabei war, zum Glück, noch Zeit für einen Halt am Gnadenbild. Ein persönlicher Moment in dem ich meine Sorgen und Bedenken anbringe, die mich selber betreffen, meine Mitmenschen einbeziehen oder auch die Welt. Sorge um Klimawandel und Krieg, geliebte Menschen zu verlieren oder sich selbst nicht zu finden. Aber auch Dank für mein gutes Leben, meine Familie und Freunde, für die Chancen, die mir gegeben werden und auch diese Wallfahrt, die mich beruhigt. Bei der ich meine Batterie wieder aufladen kann.
Mit diesen Gedanken ging es in die Abschlussandacht. Beim Auszug aus der Basilika und aus Kevelaer standen wieder die angereisten Lieben am Wegesrand und wünschten eine gute Heimkehr! Schwierig, denn Sorgen und Nöte da lassen, all die Erlebnisse eingeschachtelt in eine so kurze Zeit, da können die Gefühle einen schon mal überrumpeln. Pilger:innen sehen die nicht mitgehen, obwohl sie eigentlich immer da waren. Sehen, dass es ihnen weh tut, nicht mitzugehen, weil ihnen die gesamte Wallfahrt so viel bedeutet. Das ist nicht so einfach, denn du darfst das noch erleben. Aber am Ende der Fußgängerzone waren die Gefühle wieder positiver und vor allem motiviert für den Rückweg.
Jetzt die gesamte Strecke nochmal zurück. Hört sich viel an, ist auch viel! Aber meiner Meinung nach entspannter und noch beruhigender. Alle haben einen "leeren Rucksack", sind froh darüber es bis zur Trösterin der Betrübten geschafft zu haben und freuen sich auf die Heimat. Es wird noch familiärer, man lernt sich noch mehr kennen, aber kennt sich eben auch schon gut (vor allem die "Altpilger:innen"). Deswegen bin ich motiviert für den Rückweg und freue mich schon ihn für euch zu dokumentieren!
2.8.: Kevelaer
Früh ging es los, denn bis nach Kevelaer sind es noch ca. 20km, weshalb der Wecker um 03:30 Uhr klingelte und kurze Zeit später das Licht folgte. Wenn man kein Morgenmensch ist, so wie ich, dann ist das eine echt harte Sache. Auch die Strecke ist etwas unangenehm, es ist dunkel und Autos rasen an uns vorbei. Lohnen tut es sich trotzdem, denn so konnten wir den schönen Sonnenaufgang genießen. Nach der Frühstückspause ging es dann zum Neusser Kreuz, zum ersten Mal, sonst gehen wir zum Kölner Kreuz (direkt an der B9). Dort werden traditionell Jubilar:innen geehrt. In diesem Jahr Rolf Geus, mein Vater. Er ging zum 40. Mal mit. Und für diese Leistung und Begeisterung für die Wallfahrt möchte ich ihm (auch hier kurz) danken! Du hast mich und meine Schwestern immer motiviert an dieser Wallfahrt teilzunehmen und uns gezeigt, warum sie so besonders ist. Denn auch wenn das Beten Kraft bringt, ist die Gemeinschaft das Benzin der Wallfahrt.
Nachdem alle in die Basilika eingezogen sind folgte ein Pilgerhochamt. Und klar, danach werden die Koffer geholt, gegessen und etwas entspannt. Vielleicht setzt sich der ein oder andere vor das Gnadenbild, geht zum Kreuzweg oder schläft ein bisschen, so wie ich. Für mich ging es danach mit der ganzen Familie, meiner Cousine, Onkel und Vater, die mitgegangen sind, und meiner Mutter (die mit de Fahrrad gefahren ist), meinen Schwestern, meinen Omas und meinem Opa und einer Nachbarin zum traditionellen Eisessen. Lecker! Kurz darauf riefen mich meine Pflichten als Messdienerin zur Verabschiedung unserer Buspilger, die aus unseren Heimatgemeinden für einen Tag angereist sind. Vom Parkplatz ging es ein paar Ecken weiter zum bunten Abend.
Dort gab es dann offiziell Ansprachen, lustige Auftritte. Und auch fortgeführte Traditionen der Brudermeisterband, dem Weihbischof zu singen oder kölsche Tön' wie "He deit et wih un do deit et wih". Gesellig und mit vielen interessanten Gesprächen! Für mich ging es für den Auftritt meines Vaters auch kurz auf die Bühne, denn wir "sagen Dankeschön - 40 Jahre Maria"… "wir feiern heute deine Leistung und bedanken uns bei Rolf". Dabei immer mit viel Spaß und einem Lächeln auf den Lippen. Denn so eine Ehrung als Tochter mitzubekommen ist schon besonders und auch die restlichen Ehrungen mit 30 und 35 Jahren waren sehr besonders, nicht nur weil ich die Herren seit meiner Geburt kenne, sondern weil es allesamt Mitglieder des Orgateams sind und sie die Wallfahrt am Laufen halten. Auch hier ein großes Danke!
Danach wurden sich die Kerzen geschnappt und die Kerzenprozession zog zum Gnadenbild. Der Engel des Herrn schloss die Prozession ab, die Kerzen wurden aufgestellt und wer wollte, konnte dann zum geselligen Abend in einer Kneipe mitkommen, wo alte Lieder und Geschichten erzählt wurden, über die gemeinsame aber auch persönliche Reise und den weiteren Ablauf gequatscht wurde.
1.8.: Traum erfüllt
Früh ging es los um alle Strecken zu schaffen. Und dabei steckte mir noch der gestrige Tag in den Knochen. Aber das wurde erstmals in den Hintergrund geschoben denn zumindest für mich ging es zum Messe dienen. Aufgepasst werden muss dabei, neben dem richtigen Einsatz (nach mehr als zwei Jahren kein Messdienerdienst durchaus schwierig) auch darauf nicht einzuschlafen. Zum Glück klappte das alles und es konnte los gehen. Vorbei an angebotsorientierten Käufer:innen, die vor Ladenöffnung Schlange stehen, ging es ins Kaarster Feld. Dort habe ich meinen Gedanken mal freien Lauf gelassen (und nichts bei Instagram gepostet) und mich aufs beten konzertiert. Weiter ging es zu den Pausen und zur Busfahrt, die nicht nur ich benötigte und genoss. Aber mein absolutes Highlight war die Tatsache das ich Brudermeisterin sein durfte. Früher wollte ich unbedingt einen Job haben in der Prozession, natürlich den coolsten, den mein Papa hatte: Brudermeister. Zu der Zeit war meine Stimme doch etwas piepsig. Mittlerweile ist die Stimme tiefer und ich durfte endlich an den Stab. Gebetet wurde der schmerzhafte Rosenkranz, alle Gesetzte. Und ich muss sagen: erfolgreich. Ich war beliebter als der Vorbeter der dort sonst betet. Für die nächsten Jahre also eine Option!
Aber dabei habe ich aber erstmals richtig bemerkt, dass dieser Job nicht einfach ist. Die Stimme wird permanent beansprucht und dazu muss man auch (theoretisch) noch mitzählen, Gesetze kennen, Lieder anstimmen, sich um die Leute in der Umgebung kümmern und vieles mehr. Also doch sehr anstrengend, weswegen ich auch froh war den Stab nach der Bußandacht gegen ein Eis tauschen zu dürfen.
Der restliche Tag war dann relativ entspannt. Früh ins Bett gehen wird auf jeden Fall versucht, denn morgen geht es um 04:30 Uhr mit großen Schritten auf Kevelaer zu.
31.7.: Tag des Ankommens
Es gibt natürlich verschiedene Arten von Ankommen, gerade bei einer Pilgerreise, denn immerhin wechselt man täglich den Standort und Schlafplatz. Jetzt ist das Ankommen in der Gruppe, im Rhythmus, in Gedanken gemeint.
Am ersten Tag ist viel los und man bekommt von allen Seiten neue Informationen und Eindrücke. Das legt sich am zweiten Tag. Die Gruppe hat ihren Rhythmus gefunden und man selbst hat seinen Rhythmus gefunden. Das Laufen geht einfacher, automatischer. Die Aufgaben innerhalb der Gruppe, wie beispielsweise bei mir die Verkehrsfähnchen (zum sicheren Geleit über die Straßen) oder auch die Brudermeister (Vorbeter), finden sich in ihrer Aufgabe wieder. Sie erinnern sich an Tradition und Dinge die "schon immer so waren". Erstpilger:innen haben die Gruppe kennengelernt und sich eingelebt. Man ist eben angekommen!
Ich persönlich bin heute angekommen! Nach zwei Jahren Coronapause war der Rhythmus hart und die Beine haben am Ende des Tages doch schon weh getan. Aber auch dieses mentale "wieder Ankommen" hat geklappt. Zeit zu haben die Gedanken zu ordnen und ihnen zuzuhören, was sonst im Alltag etwas untergeht. Aber auch einfach mal Gespräche führen und Älteren - als eine der jüngsten, darf ich das wohl so formulieren - zuhören, wie es früher war, ist möglich. Es holt einen mehr ab und man kann es mehr genießen. Auch wenn es durch meine Arbeit irgendwie anders ist, ist es wie zu Hause ankommen. Ich fühle mich aufgehoben, unterstützt und einfach wohl!
Der zweite Tag ist ruhiger aber auch härter, man ist aufnahmefähiger aber kaputter ( da es der längste ist).
30.7.: Das große Wiedersehen
Der erste Tag ist nach wie vor der Tag des "großen Wiedersehens". Die Menschen, die man (eigentlich) über ein Jahr lang nicht mehr gesehen hat, werden wieder getroffen. Und natürlich gibt es viel zu erzählen und trotz des frühen Aufstehens wird auch sehr viel gelacht. Aber in diesem Jahr war es doch etwas befremdlich wieder den Koffer zu packen und sich auf den Weg zu machen. Ich würde sogar fast sagen nach zwei Jahren Pause fühlt man sich, wie ein:e Erstpilger:in und das sage ich nach fast neun Jahren Pilgererfahrung. Und auch das "große Wiedersehen" fiel in diesem Jahr eher etwas kleiner aus.
Aber das einzigartige am Pilgern ist, dass diese Gemeinschaft, die sich dabei bildet, sobald sie sich wieder zusammenfindet, auch wieder zusammen agiert und funktioniert. Man fühlt sich direkt aufgehoben und bestätigt in seinem Tun, denn alle haben das gleiche Ziel. Kevelaer.
Dem haben wir uns nach dem Wiedersehen und der Eröffnung der Oktav schon gut genähert. Von Bonn nach Hersel über Urfeld und Wesseling nach Köln-Weidenpesch. Eine Strecke entlang an vielen bekannten Gesichtern und der schönen Natur am Rhein. Nach ein bisschen Einlaufen in den Rhythmus ging es auch schon wieder wie von selbst. Die große Hoffnung: Es bleibt so!
29.7.: Vor dem Abmarsch
Die Kevelaer Bruderschaft Bonn ging im August 1699 zum ersten Mal von Bonn nach Kevelaer. Seitdem jedes Jahr. Auch in Weltkriegs- und Corona-Zeiten pilgerten kleine Gruppen nach Kevelaer. In diesem Jahr wird die Bruderschaft die Wallfahrt wieder halbwegs normal durchführen. Am Samstag geht es auch schon los!
Das große Ziel ist der Marienwallfahrtsort Kevelaer, die kleine Gnadenkapelle mit dem Bild der Gottesmutter aus dem 17. Jahrhundert. Dahinter steht die Geschichte des Bauern Hendrick Busman, der auf den Zuruf der Gottesmutter das von Soldaten des 30-jährigen Krieges gekaufte Bild der Gottesmutter dort mit einer Kapelle ehren sollte. Nach dem Zustrom an Pilger:innen wurde 1654 dort eine Gnadenkapelle errichtet und Kevelaer zum Wallfahrtsort ernannt. Kevelaer ist einer der bekanntesten Wallfahrtsorte, der vor allem um Mariä Himmelfahrt von vielen Pilger:innen aufgesucht wird. So ist es auch bei der Kevelaer Bruderschaft Bonn. Seit vielen Jahren findet die Wallfahrt immer in der letzten Sommerferienwoche des Landes NRW statt.
Dorthin führt der ca. 120km lange Weg durch die Innenstädte von Köln, Neuss und Krefeld, aber auch durch die Felder von kleinen Städten und Dörfern. Um die 25-30km legt die Fußpilgergruppe pro Tag zurück. Immer im Mittelpunkt die Gottesmutter Maria, die während der gesamten Wallfahrt mit dem Gebet der Pilger, dem "Gegrüßet seist du Maria" angebetet wird. Unterwegs gibt es Zeiten für Gebete und Lieder, Zeit für Stille und natürlich auch Zeiten zum Austausch mit anderen Pilgerinnen und Pilgern.
Die Strecke wird mit einer Frühstückspause, Mittagspause und Kaffeepause unterbrochen. Damit die Pilgerinnen und Pilger den Weg gut meistern können. Abends wird dann in Pfarrsälen, Hotels oder bei Privatpersonen Rast gemacht und sich für den nächsten Tag ausgeruht.
Diese Pilgerreise begleite ich in diesem Jahr auf DOMRADIO.DE. Eindrücke gibt es hier und auf unseren Instagram- und Facebook-Kanälen! Auf geht's!