Kardinal Turkson kritisiert "Konsumismus" als Krisenauslöser

"Kapitalismus nicht absolut setzen"

Konsum an sich sei nicht per se schlecht, so Kurienkardinal Peter Turkson. Profit dürfe jedoch "nicht das einzige Ziel sein". Einer bestimmten Interpretation von Säkularisierung stellt sich der Kardinal entschieden entgegen.

Kardinal Peter Turkson / © Harald Oppitz (KNA)
Kardinal Peter Turkson / © Harald Oppitz ( KNA )

Kurienkardinal Peter Turkson hat mit Blick auf die Klima- und Umweltkrise Wirtschaft, Industrie und Technologie in die Verantwortung genommen. Beide Krisen hätten "einzig und allein mit uns Menschen zu tun, mit unserem Hang zum Konsumismus", sagte der Leiter der päpstlichen Wissenschaftsakademien im Interview der "Wiener Zeitung" am Wochenende. Jeder Einzelne sei dazu verpflichtet, die Natur als "gemeinsames Zuhause" zu bewahren. Dazu gehöre auch, dass der Profit nicht nur einigen wenigen vorbehalten sein solle, sondern allen Menschen zugutekommen müsse. "Ich bin nicht gegen den Markt. Aber wir sollten den Kapitalismus nicht absolut setzen", betonte er.

Klima- und Umweltschutz in der Kirche

Die Deutsche Bischofskonferenz beschäftigt sich seit den 1980er Jahren mit ökologischen Fragen. Papst Franziskus’ Enzyklika Laudato si’ – Über die Sorge für das gemeinsame Haus hat im Jahr 2015 dem christlichen Auftrag zur Schöpfungsverantwortung auf weltkirchlicher Ebene Aufmerksamkeit verschafft. Daran anschließend hat der Papst im Februar 2020 mit dem Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Querida Amazonia die Themen der Enzyklika am Beispiel Amazoniens konkretisiert.

Symbolbild Biodiversität, Biene, Artenvielfalt. Natur / © Kateryna Ovcharenko (shutterstock)
Symbolbild Biodiversität, Biene, Artenvielfalt. Natur / © Kateryna Ovcharenko ( shutterstock )

Den Ursprung der Klimakrise sieht Turkson in der Industriellen Revolution und der Erfindung der kohlebetriebenen Dampfmaschine. Er stellte jedoch klar, dass es der Kirche nicht darum gehe, beides zu verteufeln, "denn die Entdeckung der neuen Technologien führte zu einer Explosion an Innovation und Wissen. Und das war gut so." Spannungen zwischen Technik und Glaube oder gar eine Bedrohung durch technischen Fortschritt gebe es nicht, so Turkson.

Großer Irrtum, Gott nicht mehr zu brauchen

Ein ähnliches Verhältnis skizzierte er zwischen Kirche sowie Wirtschaft und Technologie: "Business und Technologie stehen nicht in Widerspruch zu Gott. Vielmehr sollten sie sich als seine Partner, als Mitschöpfer begreifen." So seien Konsum oder Kapitalismus nicht per se schlecht, jedoch sollte Profit "nicht das einzige Ziel sein". In die Kritik nahm Turkson dabei die Pharmaindustrie, die kein Interesse an den vielen vergessenen Krankheiten auf der Welt zeige, "weil sich kein Geld damit machen lässt".

Kritik äußerte der Kardinal auch an einer Interpretation von Säkularisierung als Überzeugung, dass es Gott sowie die Idee von Gott nicht mehr brauche. "In meinen Augen ist das ein großer Irrtum. Wer heute sagt, er glaube an Gott, der wird von vielen als ignorant oder unwissend betrachtet. Wir wenden uns aber an Gott, weil wir erkennen, dass all die Wissenschaften und Technologien für sich nicht ausreichen, um die Welt zu verstehen."

Quelle:
KNA