Kirchbautag in Köln zeigt Möglichkeiten neuer Sakralräume

"Mut machen und Projekte wagen"

Beim 30. Evangelischen Kirchbautag in Köln dreht sich alles um moderne Sakralbauten. Zahlreiche ungewöhnliche Gebäude werden dabei vorgestellt, unter anderem ein Wohn-Kirchenprojekt mit Wohnungen, Kita und Kirche unter einem "Dach".

Evangelische Christuskirche im Belgischen Viertel in Köln / © gerd-harder (shutterstock)
Evangelische Christuskirche im Belgischen Viertel in Köln / © gerd-harder ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: "Mut braucht Zukunft" lautet das Motto des Evangelischen Kirchenbautags. Wie ist es denn im Zusammenhang mit Kirchenbau zu verstehen?

Gudrun Gotthard (Leitende Landeskirchenbaudirektorin der evangelischen Kirche im Rheinland): Dieses Motto "Mut braucht Zukunft" haben wir sehr früh schon entwickelt, als wir wussten, dass wir den Evangelischen Kirchbautag nach Köln einladen werden, weil wir das Thema Mut in den Mittelpunkt stellen wollten.

Wir zeigen, wie sich die Gemeinden hier in der Region und natürlich auch vielerorts anders auf den Weg machen, um ihren Gebäudebestand gut für die Zukunft aufzustellen. Das erfordert natürlich eine Menge Mut, die dazu notwendigen Entscheidungen zu treffen und sie auch rechtzeitig zu treffen, wenn man noch Entscheidungsspielräume hat, dabei offen für Innovationen zu sein und manchmal auch sehr langwierige partizipative Prozesse zu initiieren.

Wir möchten mit dem Kölner Kirchbautag ein bisschen inspirieren, wie das gelingen kann und hoffen einfach, dass der Funke auch zu anderen Orten überspringt.

DOMRADIO.DE: Es gibt zum Beispiel in Köln Mauenheim-Weidenpesch eine Kirche, die Hauskirche 3.0 heißt und neu gebaut ist. Was kann denn diese Kirche mehr als nur ein Platz für Gottesdienst sein?

Gotthard: Diese Gemeinde hat genau so einen Prozess über Jahre erarbeitet und hat sich überlegt, wie sie sich neu aufstellt. Sie hat alte Gebäude, zwei Kirchen, darunter auch die alte Erlöserkirche, aufgegeben. Sie hat sich vom Liebgewordenen verabschiedet und sich überlegt, wie man sich für die Zukunft so aufstellen kann, dass man attraktive und einladende Räume schaffen und neue Impulse für das Gemeindeleben geben kann.

Bau der Erlöserkirche in Köln-Weidenpesch / © Guido Schiefer (epd)
Bau der Erlöserkirche in Köln-Weidenpesch / © Guido Schiefer ( epd )

Diese Hauskirche wird als "Kirchenraum, umgeben von Leben" beschrieben. Also, es ist nicht nur ein Kirchenraum, es gibt eine Kita, es gibt Wohnungen, es gibt unterschiedliche Nutzungen, die diesen Kirchenraum umschließen, die ein Stück weit auch zur Finanzierung des Ganzen beitragen, weil man Mieterlöse dabei erzielt.

Aber es ist auch ein inhaltliches Konzept, diese Nutzungen zusammenzubringen und sich gegenseitig zu befruchten, die Begegnungen auch zu provozieren, sage ich jetzt mal, also nicht nebeneinander wohnen, sondern alles in ein Gebäude, in diesem Fall sogar mit Kirchturm, zu packen.

Das ist ein neues Konzept, finden wir. Es muss sich jetzt natürlich erweisen, ob es funktioniert, was man sich überlegt hat. Es ist in diesen Tagen erst fertig geworden.

DOMRADIO.DE: Wenn man nach Overath guckt, da steht mit der Willkommenskirche noch mal eine ganz andere Sorte von Kirche. Die ist auch sehr außergewöhnlich gestaltet. Rund und klein, außen ist anthrazitfarbenes Holz und obendrauf ist ein dunkles Schieferdach. Ist da eine Gemeinde, die ganz andere Bedürfnisse gehabt hat?

Gotthard: Die hat sich auch von anderen Kirchen getrennt. Die hat zum Beispiel eine Kirche in ein Freilichtmuseum versetzt, weil sie auch unter Schutz steht. Und dann wollte man einen klassischen Sakralraum neu bauen. Das ist jetzt ungefähr ein Jahr fertig.

Es war eines der Beispiele, das wir unbedingt zeigen wollten. Denn das Ungewöhnliche ist hier in der Region Köln, dass wir neue Kirchen, neue Sakralräume zeigen können. Die Willkommenskirche ist eine davon, aber auch die schon ein paar Jahre alte Immanuelkirche in Köln-Stammheim oder auch die Christuskirche im belgischen Viertel. Also, das sind schon ungewöhnliche Bauten. Und wir haben zahlreiche Exkursionen, wo die Teilnehmenden des Kirchenbautages diese Gebäude aufsuchen.

DOMRADIO.DE: Welche Diskussionen, welche Vorträge, vielleicht aber auch welche Exkursion, die Sie jetzt gerade noch mal erwähnt haben, fanden Sie denn persönlich besonders spannend?

Gotthard: Wir hatten den Auftakt mit einem Vortrag von Gerhard Matzik, der vielleicht aus dem Feuilleton der "Süddeutschen Zeitung" bekannt ist, der uns sehr interessant dargestellt hat, welche Rolle Architektur spielt und wie wichtig es ist, etwas zu wagen. Er hat unser Motto sehr gut aufgegriffen und hatte zum Beispiel das Dach des Olympiastadions in München gezeigt, was in diesen Tagen noch mal viel durch die Presse gegangen ist. Das Dach ist wirklich stilbildend geworden und sehr bekannt und mittlerweile 50 Jahre alt.

Matzik hat von Gesprächen mit den Architekten und Statikern berichtet, wie sie damals gesagt haben: "Wir wissen überhaupt nicht, ob das hält, wir wissen nicht, ob das funktioniert, wir wissen auch nicht, ob es rechtzeitig zur Olympiade fertig ist". Aber man hat sich etwas getraut und die Ergebnisse sieht man noch heute und prägen diese ganze Gestaltung des Olympiageländes. Jeder assoziiert sofort etwas damit.

Das waren einfach auch noch mal Beispiele in diesem Eröffnungsvortrag, die einem Mut gemacht haben, auch eigene Projekte anzugehen und manchmal auch die Verzagtheit zu überwinden, auch das Vertrauen und vielleicht auch das Gottvertrauen zu haben, Projekte zu wagen.

Das Interview führte Elena Hong.

Quelle:
DR