DOMRADIO.DE: Wie blicken Sie auf eine Dreikönigswallfahrt ohne Corona-Maßnahmen zurück?
Monsignore Robert Kleine (Kölner Domdechant): Im Äußeren war Corona natürlich noch präsent, aber mit einem gewissen Abstand, den man gehalten hat, sonst nicht mehr zu erkennen. Es gab keine Masken und es gab auch keine Zugangsbeschränkungen mehr.
Jeder war selbst- und eigenverantwortlich unterwegs. Dadurch hatten wir wieder viele Gottesdienste, auch mit Kindern aus Kitas und aus Grundschulen. Man hatte das Gefühl, dass die Leute wieder aufatmen, weil es möglich war, mit anderen zusammen den Glauben zu feiern.
DOMRADIO.DE: Die Besucheranstürme hielten sich aber in Grenzen oder wie würden Sie das einschätzen?
Kleine: Die Frage ist, was man erwartet. Wir haben eine Wallfahrt zu einem Ort, zum Dreikönigenschrein, der immer zu sehen ist. Wenn man sich das Liborifest in Paderborn anschaut, dann ist da noch eine große Kirmes dabei. Da gibt es einen Tusch, da werden die Reliquien gezeigt. Es gibt noch die Heilig-Rock-Wallfahrt in Trier und viele andere Beispiele.
Hier in Köln sieht man nichts anderes als sonst. Man kann nur einen besonderen Weg gehen und es gibt besondere Gottesdienste. Und deshalb bin ich eigentlich sehr zufrieden, dass immer wieder besondere Gruppen zusammenkommen, die Schulen, die Partnerschafts-Vereine, aber auch die Dommusik, die mit ihren Familien zusammen Gottesdienst gefeiert hat. Das ist es, was ich mir unter Domwallfahrt vorstelle.
Sonst kommen viele Touristen in den Dom, die gar nicht wissen, dass Wallfahrt ist und sie den Pilgerweg gehen können. Ich glaube, auch die spüren, weil wir Gebetstexte in unterschiedlichen Sprachen haben, dass gerade eine besondere Zeit ist, zu der sie in den Dom gekommen sind.
DOMRADIO.DE: Die Wallfahrt ist ins Leben gerufen worden, um in der Nachfolge der Heiligen Drei Könige die Spuren Gottes im eigenen Leben zu entdecken. Wie lässt sich das an einem Beispiel einfach erklären?
Kleine: Wir kennen die Geschichte der Heiligen Drei Könige. Die kommt in der Weihnachtszeit vor. Das ist ganz romantisch, obwohl es mit dem Stall gar nicht so romantisch war. Dann kommen die Weisen und bringen drei Geschenke. Das kann man abhaken und dann geht es wieder weiter im Jahr.
Aber die Geschichte der drei Könige birgt ja viel mehr. Da ist ein Glaubensbekenntnis drin. Sie bringen Gold, Weihrauch, Myrrhe und zeigen damit an: Gold, der König, Myrrhe, der Mensch wegen der Salbe, die aus Myrrhe gemacht wird und Weihrauch ein Zeichen für Gott. Das ist ein Glaubensbekenntnis, wer dieses kleine Kind ist.
Damit sind wir beim Punkt. Es geht gar nicht so sehr um die Weisen aus dem Morgenland. Es geht um den, den sie suchen und finden, nämlich Gott in ihrem Leben, in diesem kleinen Kind. Das kann uns ein Beispiel sein. Gott begegnet auch uns manchmal da, wo wir ihn nicht erwarten.
Die Könige laufen zuerst nach Jerusalem, zum Palast des Herodes. Da finden sie ihn nicht, sondern im Stall. Sie werden von großer Freude erfüllt. Was bereitet uns eigentlich Freude? Wo kann etwas aus dem Glauben mit Strahlkraft in unserem Leben gelebt werden? Sie sind gemeinsam unterwegs, nicht als Einzelkämpfer. Das sind wir als Christen auch. Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, sagt Jesus. Kirche ist Gemeinschaft, auch wenn es im Moment vielleicht etwas schwierig ist.
Das sind alles Dinge, wo ich auch immer wieder bei Impulsen und Gottesdiensten einlade zu sehen, dass die drei Könige für uns Vorbilder sein können. Sie brechen auf, sie gehen auf einem anderen Weg zurück. Es gibt ganz viele Dinge, die wir auf unser Leben anwenden können, damit auch wir Gott finden.
DOMRADIO.DE: Dann gibt es noch eine neue Berührungsreliquie in Sternform im Kölner Dom.
Kleine: Das ist darin begründet, dass viele Menschen gesagt haben, dass sie gerne auch den Schrein anrühren, berühren möchten. Wir kennen das aus Santiago de Compostela. Wenn man dahin eine Wallfahrt macht, sieht man als Ziel zwar die große Kathedrale, aber dann gibt es noch eine Figur des heiligen Jakobus, die man umfassen kann.
Oder wer nach Rom geht, berührt irgendwann den Fuß des heiligen Petrus im Petersdom. Wir sind Menschen, die mit allen Sinnen leben. Die Menschen wollen auch sagen, dass sie jetzt hier im Kölner Dom sind. Das geht aber am Dreikönigenschrein nicht.
DOMRADIO.DE: Warum eigentlich nicht?
Kleine: Weil leider der Binnenchor nicht immer geöffnet ist. Jetzt bei der Wallfahrt konnte man da durchgehen, und da kann man auf das Glas fassen. Das tun auch viele Menschen, wenn sie den Schrein unterschreiten. Aber sonst ist das durch ein Gitter abgesperrt.
Da haben wir nun ein Reliquiar geschaffen, in dem einige Partikelknochen aus dem Dreikönigenschrein sind, die schon im letzten Jahrhundert in ein anderes kleines Gefäß gebracht wurden, das in der Domschatzkammer ausgestellt ist. Das kann man nun anrühren und es zeigt sich, dass viele Menschen davor stehen, die Hand darauf legen und dann auf den Dreikönigenschrein schauen.
Der ist in Sichtnähe. Es soll ja keine Konkurrenz zum Schrein sein. Aber da kann ich sagen, dass ich hier bin, darauf schlage, es festhalte und dann eine Verbindung habe.
Das Spannende ist ja, dass der Dreikönigenschrein nur an einer Stelle die drei Könige zeigt. Sonst erzählt er nur von Christus. Das ist auch ein Zeichen dafür, dass ich hier bin und mit Gottes Hilfe und Geleit meinen Weg wieder zurück in den Alltag gehen kann.
DOMRADIO.DE: Feiert nur das Erzbistum Köln den Weihetag des Kölner Domes?
Kleine: Die Weihe dieses Domes gibt es natürlich nur am Dom und in unserem Bistum, denn es ist unsere Bischofskirche. Aber jede Kirche, auch jede kleine Dorfkirche, hat einen Weihetag. Manchmal ist der bekannt, dann wird es auch an dem Tag gefeiert oder aber man nimmt einen anderen Tag.
Hier ist bekannt, dass am 27. September 1322 der damalige Erzbischof den Altar konsekriert hat, den Hochaltar, wo auch heute dann die Messen im Hochchor des Domes gefeiert werden. Damit wurde damals auch der ganze Chorraum geweiht und es wurden damals die Reliquien der Heiligen Drei Könige in ihrem Schrein in den Dom gebracht.
Das Interview führte Tobias Fricke.