kfd-Vorsitzende beklagt nicht eingelöste Konzilsversprechen

"Das frustriert natürlich enorm"

In der Frauenfrage habe das Zweite Vatikanische Konzil viel versprochen und wenig gehalten. Die Vorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands findet das sehr traurig. Der Kampf werde aber nicht aufgegeben.

Frau waren auf dem Konzil, wenn auch nur am Rande (KNA)
Frau waren auf dem Konzil, wenn auch nur am Rande / ( KNA )

DOMRADIO.DE: Was ist denn der wichtigste Beschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils, von dem Sie sagen würden: Da warten wir bis heute auf die Umsetzung?

kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil   / © Kay Herschelmann (kfd)
kfd-Bundesvorsitzende Mechthild Heil / © Kay Herschelmann ( kfd )

Mechthild Heil (Bundesvorsitzende der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands (kfd) und MdB): Das Vatikanische Konzil hat ja gesagt, Diskriminierung von Frauen widerspreche dem Plan Gottes. Dann hat man sich nicht durchgerungen, da wirklich Konsequenzen daraus zu ziehen, sondern man hat gesagt, die Zeit sei noch nicht reif. Das Argument kommt mir bekannt vor, wenn ich das von heute aus sehe, 60 Jahre später, hat man noch genau die gleiche Meinung: Die Zeit ist noch nicht reif. Frauen müssen noch ein bisschen warten. Das ist einfach sehr, sehr traurig.

DOMRADIO.DE: Wie weit würden Sie denn gehen? Fordern Sie in letzter Konsequenz auch die Zulassung von Frauen zu Ämtern?

Heil: Ja, selbstverständlich. Und wenn man das dann noch mal nachliest, was wir als Frauen schon vor 60 Jahren gefordert haben und es ja auch mutige Frauen waren, die dann gedacht haben, sie hätten die ersten Schritte gemacht. Sie dachten, wir würden Diakonin oder im Späteren vielleicht dann auch Priesterinnen. Das haben vor 60 Jahren die ersten Frauen angegangen! Wir sind aber nicht sehr viel weitergekommen. Und das frustriert natürlich enorm jetzt.

DOMRADIO.DE: Was entgegnen Sie denn denen, die sagen, die Weihe von Frauen sei aus theologischen Gründen gar nicht möglich. Jesus hatte ja auch nur zwölf Apostel und keine Apostelin.

Heil: Unsere Mitglieder-Zeitschrift heißt "Junia". Wunderbar. Die wird doch als Apostelin in der Bibel genannt. Gut, es gab mal eine lange Phase, da wurde aus der Junia ein Junius gemacht, aber die Forschung hat herausgefunden: Es war von Anfang an eine Frau und sie ist auch so in der Bibel beschrieben. Also das ist eine Meinung, die nicht haltbar ist. Und ja, auch schon das Vatikanische Konzil hat gesagt, wir müssen uns als Kirche öffnen, wir müssen uns in der heutigen Zeit sehen, die Bibel auch übersetzen in dem, was heute wichtig ist. Da hat man irgendwie in den 60 Jahren wieder vergessen, das ins Heute zu übersetzen.

Mechthild Heil, kfd

"Das ist ein Beharrungsvermögen der Bischöfe und der Amtskirche. Und das hat was mit Macht zu tun."

DOMRADIO.DE: Was glauben Sie, woran scheitert das? Warum dauert das so lange, bis sich da was tut?

Heil: Ich glaube, das ist ein Beharrungsvermögen der Bischöfe und der Amtskirche. Und das hat was mit Macht zu tun. Ganz eindeutig.

DOMRADIO.DE: Gleichberechtigung und die Frauenfrage sind ja auch ein Thema beim Synodalen Weg, dem Reformprozess der katholischen Kirche in Deutschland. Jetzt hört man, dass Rom davon nicht besonders begeistert ist. Wie wahrscheinlich ist es denn, dass bei der nächsten Synodalversammlung auch gerade in Sachen Frauenfragen Beschlüsse gefasst werden, die dann vom Vatikan wieder abgelehnt werden?

Heil: Ich glaube, dass diese Beschlüsse gefasst werden. Aber ob dann die Bischöfe ihr Herz in die Hand nehmen und das bisschen Mut, was man dafür braucht, aufbringen und wirklich die Beschlüsse dann in Rom vortragen, das ist noch eine ganz andere Frage. Und wie Rom darauf reagiert? Ja, da machen wir uns auch nicht sehr viel Hoffnungen, wir Frauen. Das Brutale ist eigentlich, dass Frauen sich dann trotzdem nicht abwenden von der Kirche, dass sie trotz dieser langen negativen Erfahrungen als Frauen in der Kirche sagen: Wir bleiben dabei, weil die Kirche und der Glaube sind mehr als die Amtskirche. Das sieht so mancher Bischof nicht: Was das für ein Frust und eine Enttäuschung sind bei uns Frauen, aber auch bei den Männern in der Kirche.

Mechthild Heil, kfd

"Wir sind da dran. Wir halten das Feuer auch am Lodern."

DOMRADIO.DE: Vor zehn Jahren, am 50. Jahrestag des Zweiten Vatikanischen Konzils, gab es die gleichen Forderungen. Hat sich denn da irgendwas bewegt?

Heil: Über den Missbrauchsskandal hat sich relativ viel bewegt. Einfach, dass man anfängt, noch mal öffentlich darüber nachzudenken und die Bischöfe auch verstehen: Wir müssen was ändern. Aber die Schritte zur Änderung sind halt wirklich minimal. Dennoch: Die öffentliche Diskussion und der Fokus auf diese Fragen, das ändert schon was. Wir haben einfach so einen Zeithorizont jetzt, wo wir sagen können, das Eisen ist heiß und man könnte es schmieden. Aber ob nachher wirklich was dabei herauskommt? Ein schönes, geschmiedetes Stück? Das wissen wir noch nicht. Aber wir sind da dran. Wir halten das Feuer auch am Lodern, um bei diesem Bild zu bleiben.

Das Interview führte Heike Sicconi.

Frauen und das Zweite Vatikanische Konzil

Wer an das Zweite Vatikanische Konzil denkt, hat wahrscheinlich nur Männer vor Augen. Doch auch Frauen waren stark am Konzil interessiert und brachten sich ein - nicht nur hinter den Kulissen.

Männersache: Zweites Vatikanisches Konzil (KNA)
Männersache: Zweites Vatikanisches Konzil / ( KNA )
Quelle:
DR