Zum 125. Geburtstag der Sozialaktivistin Dorothy Day

Suppenküchen und Sozialenzykliken

Die US-Amerikanerin Dorothy Day war eine sehr ungewöhnliche Person, die bereits zu Lebzeiten polarisierte. Auch heute ist sie nicht unumstritten. Papst Franziskus schätzt sie sehr. Warum?

Autor/in:
Christiane Laudage
Eine Wandmalerei zeigt Dorothy Day (l.), Gründerin des Catholic Worker Movement in den USA / © Gregory A. Shemitz/CNS photo (KNA)
Eine Wandmalerei zeigt Dorothy Day (l.), Gründerin des Catholic Worker Movement in den USA / © Gregory A. Shemitz/CNS photo ( KNA )

Die US-amerikanische Journalistin und Sozialaktivistin Dorothy Day (1897-1980) hat viele Dinge getan, die die katholische Kirche nicht gutheißt - und dennoch läuft für sie seit über 20 Jahren ein Seligsprechungsverfahren. Day war nämlich auch die Begründerin der katholischen Arbeiterbewegung in den USA und lebte ganz in der radikalen Christus-Nachfolge. Sie wurde vor 125 Jahren, am 8. November 1897 in Brooklyn, das heute zu New York zählt, geboren.

Day zählt zu den außergewöhnlichsten, aber auch zu den umstrittensten Persönlichkeiten des US-amerikanischen Katholizismus. Schon während des Studiums nahm sie den Kampf gegen soziale Schieflagen auf - und wurde Kommunistin. Die Journalistin interviewte Streikende, aber auch Leo Trotzki auf seinem Weg ins mexikanische Exil. Und sie berichtete vor allem für linke Medien über Protestmärsche.

Die katholische Kirche in den USA

Die römisch-katholische Kirche ist die größte Glaubensgemeinschaft der USA, denn die Protestanten teilen sich in verschiedene Konfessionen. Ein knappes Viertel der US-Amerikaner ist katholisch, die meisten Katholiken leben im Nordosten und im Südwesten. Genaue Zahlen sind schwierig, weil in den USA der Wechsel einer Konfession sehr häufig vorkommt.

Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 (shutterstock)
Die katholische Kirche in den USA / © rawf8 ( shutterstock )

In New York führte sie ein ziemliches Bohemeleben. 1919 ließ sie eine damals illegale Abtreibung durchführen, weil ihr Partner darauf bestand. Die Geburt ihrer Tochter Tamar Teresa 1927 war der Wendepunkt in ihrem Leben. Auf Vermittlung einer Ordensschwester ließ sie ihr Kind taufen und trat zum katholischen Glauben über. Sie sagte: "Die Glorie der Schöpfung, die zarte Schönheit von Blumen und Muscheln, der Gesang der Vögel, das Lächeln meines Babys - all das hat mich so jubilieren lassen, dass ich nicht anders konnte, als laut in den Lobpreis Gottes einzustimmen". Ihre Konversion machte sie zur allein erziehenden Mutter. Denn ihr Partner zwang sie, sich entweder für ihn oder für Gott zu entscheiden. Sie wählte Gott.

Radikal für soziale Gerechtigkeit

In ihrem Glauben war sie eher konservativ. "Ich bin eine Traditionalistin in dem Sinn, dass ich es nicht gerne sehe, wenn jemand während der Messe eine große Kaffeetasse als Kelch benutzt." In ihren politischen Aktivitäten war sie eher radikal in ihrem Engagement für soziale Gerechtigkeit. Sie war in der Bürgerrechtsbewegung ebenso engagiert wie in der gewaltfreien Opposition gegen den Vietnamkrieg.

Immer wieder musste sie wegen ihrer Überzeugungen ins Gefängnis, das letzte Mal im Alter von über 70 Jahren. Für sich selbst wählte sie ein Leben in völliger Armut. Sie teilte ihre Mahlzeiten mit den Armen, ihre Kleidung holte sie sich aus Altkleidersammlungen.

Gemeinsam mit dem Franzosen Peter Maurin gründete sie die Zeitschrift "The Catholic Worker" (Der katholische Arbeiter), die am 1. Mai 1933 erstmals erschien. Dieses Datum ist auch der Gründungstag der "Catholic Worker" Bewegung, die bis zum heutigen Tag aktiv ist. Es existieren rund 200 Gemeinschaften auf verschiedenen Kontinenten.

Gründerin des Catholic Worker Movement

Mit ihrer Zeitschrift wollten Maurin und Day die Sozialenzykliken der Päpste bekannt machen und sie in Bezug zur Gegenwart setzen. Den "Catholic Worker" gibt es noch heute zum Preis von damals: ein US-Cent. Die Zeitschrift trug dazu bei, dass sich die katholische Arbeiterbewegung in den USA ausbreitete. Als konkrete Hilfe richteten Maurin und Day die "Häuser der Gastfreundschaft" ein, wo sich Not leidende Arbeitslose an einer warmen Mahlzeit stärken konnten und zugleich spirituellen Beistand erfuhren.

Sie starb am 29. November 1980. Schon bald nach ihrem Tod wurde von verschiedenen Seiten ein Seligsprechungsverfahren für sie angesprochen. Der verstorbene New Yorker Erzbischof John O'Connor (1920-2000) hat sich dafür stark engagiert. Der Kardinal bemerkte dazu, es habe in seiner Generation kaum einen Priester gegeben, der nicht von ihr beeinflusst worden wäre. Seit dem Jahr 2000 läuft das Verfahren.

Als Papst Franziskus im September 2015 eine Ansprache vor dem Kongress in den USA hielt, erinnerte er an drei bedeutende Männer und eine Frau: Abraham Lincoln, Martin Luther King, Thomas Merton und Dorothy Day. "In diesen Zeiten, in denen soziale Anliegen eine solche Bedeutung haben, darf ich nicht versäumen, die Dienerin Gottes Dorothy Day zu erwähnen, welche die katholische Sozialbewegung Catholic Worker Movement gegründet hat. Ihr soziales Engagement, ihre Leidenschaft für Gerechtigkeit und für die Sache der Unterdrückten waren vom Evangelium, von ihrem Glauben und vom Vorbild der Heiligen inspiriert."

Quelle:
KNA