Diese seien dort "tägliche Realität", sagte Sigrid Lamberg, Projektkoordinatorin von "Ärzte ohne Grenzen", in einem Online-Pressegespräch am Mittwoch. UN-Menschenrechtshochkommissar Volker Türk zeigte sich entsetzt über Angriffe Bewaffneter auf Zivilisten und eine Welle der Gewalt mit Hunderten Toten und rund 20.000 Vertriebenen.
Papst Franziskus will vom 3. bis 5. Februar gemeinsam mit Anglikanerprimas Justin Welby und dem Moderator der presbyterianischen Kirche Schottlands, Iain Greenshields, eine "ökumenische Pilgerreise" in den Südsudan unternehmen. In dem vom Bürgerkrieg gezeichneten Land seien "alle Personen, die versuchen, Friedensdialoge zu starten", willkommen, sagte Lamberg. Die Reise werde im jüngsten Staat der Welt mit Interesse beobachtet: Die Kirche sei gesellschaftlich stark verankert und der Friedensdialog ein wichtiger Aspekt, so die Österreicherin.
Viele bewaffnete Konflikte
"50 Jahre Bürgerkrieg haben Spuren hinterlassen, sehr viele Menschen haben Waffen zu Hause, Konflikte werden oft mit Waffengewalt ausgetragen", berichtete sie. Viele militärische Gruppierungen versuchten, ihren Einfluss zu verteidigen oder auszuweiten. Viehdiebstähle seien an der Tagesordnung; kein neues Phänomen, "aber früher waren die jungen Männer nicht mit Kalaschnikows bewaffnet".
Überfälle auf internationale Hilfskonvois
Zudem gebe es immer wieder Überfälle auf Konvois des UN-Welternährungsprogramms WFP. Rund 7,5 Millionen Südsudanesen - etwa zwei Drittel der Bevölkerung - seien derzeit auf humanitäre Hilfe angewiesen. Hunderttausende seien aus Angst vor Gewalt auf der Flucht. Hinzu kämen heftige Überschwemmungen infolge der Klimakrise.
Zur Stabilisierung des erst 2011 gegründeten Staates seien Investitionen im Gesundheits- und Bildungsbereich erforderlich. Der Staat sei aber "nicht wirklich existent" und auf internationale Geldgeber angewiesen, die aktuell ihre Mittel aufgrund der wirtschaftlichen Weltlage reduzierten, so Lamberg. Auch der Einfluss internationaler Konzerne sei zu hinterfragen. So würden etwa chinesische Firmen in einigen Regionen Erdöl fördern, während die Bevölkerung davon in keiner Weise profitiere, kritisierte sie.
"Schwere Menschenrechtsverletzungen"
UN-Menschenrechtskommissar Türk verwies am Mittwoch auf eine Welle der Gewalt, die seit August im südsudanesischen Bundesstaat Upper Nile tobe. Mindestens 166 Zivilisten seien seither getötet und 237 verletzt worden. Türk forderte die Behörden und Gemeindevorsteher auf, alles zu tun, um das Blutvergießen zu beenden.
Bei diesen Morden sowie geschlechtsspezifischer Gewalt, Entführungen, Zerstörung von Eigentum und Plünderungen handle es sich um schwere Menschenrechtsverletzungen. "Es ist wichtig, dass die Regierung des Südsudan unverzüglich eine gründliche und unparteiische Untersuchung der Gewalt durchführt und alle Verantwortlichen gemäß internationalem Recht zur Rechenschaft zieht", forderte der UN-Menschenrechtskommissar.
Die zunehmende Unsicherheit habe die Bereitstellung dringender, lebensrettender humanitärer Hilfe verlangsamt. "Ich fordere diejenigen, die diese sinnlose Gewalt fortsetzen, auf, ihre Waffen niederzulegen und in einen Dialog zu treten, um alle Beschwerden friedlich anzugehen." Es bestehe die Gefahr, dass sich die Gewalt über die Region hinaus ausbreiten könnte, mahnte Türk.